Weilheim. Wenn Altmeister Manuel Fumic sich am Sonntag zum wohl letzten Mal in einem Weltcup- rennen auf den Weg durchs Bullentäle macht, hat eine andere ihre Feuertaufe bereits hinter sich. Für die Weilheimerin Kira Böhm öffnet sich am Samstag im U23-Wettbewerb in Albstadt zum ersten Mal der Vorhang auf der großen Bühne des Mountainbikesports. Die Strecke kennt sie, dreimal ist sie hier schon gestartet. Zweimal in der Jugendserie, zuletzt als Juniorin. Jetzt setzt sie den Fuß erstmals in den Vorhof zur Elite. Dass sie als eine der Jüngsten nicht weiß, was sie erwartet, ist normal, auch wenn die Zeiten im Moment alles andere sind.
Wie es sich anfühlt, wenn auf den letzten Metern beim Heim-Weltcup der Zielraum brennt, hat sie als Zuschauerin schon oft erlebt. Diesmal wird es anders sein - stiller. Albstadt ohne Zuschauer, das ist für die Mountainbike-Szene wie ein Sommer ohne Sonne. Die 18-Jährige ist keine, die lamentiert oder verpassten Chancen nachtrauert. „Man muss das akzeptieren“, meint sie knapp. „Ich bin im Moment dankbar für jedes Rennen, das nicht abgesagt wird.“ In diesem Jahr waren es ganze fünf, die sie bestritten hat. Im schweizerischen Leukerbad und drei Wochen zuvor in Nals in Südtirol musste sie sich erstmals an die raue Luft im Elitefeld gewöhnen. Harte Positionskämpfe, ein höheres Tempo, längere Rennen. Am Samstag in Albstadt ist die U23 unter sich, für eine Debütantin, die aus den hinteren Reihen starten muss, macht es die Sache nicht unbedingt einfacher. „Ein paar Plätze gutmachen, ein kontrolliertes Rennen fahren und am Ende überleben.“ Mehr als das lässt sich als Strategie kaum zurechtlegen. Auf einer Strecke, die ihr eigentlich wenig entgegenkommt. Ihr Talent für technisch schwierige Abfahrten kann sie in Albstadt kaum ausspielen. Hier zählt vor allem Kraft, an vielen steilen Anstiegen, auf Abschnitten, die „Körner ziehen,“ wie sie es nennt.
Das Wichtigste: Das Selbstvertrauen stimmt. Das viele Training im Frühjahr war allein auf diesen Moment ausgerichtet. „Ich fühle mich gut“, sagt Kira Böhm. Das Gefühl für die eigene Entwicklung trägt seinen Teil dazu bei. Sie ist mental stärker geworden, weiß inzwischen wie ihr Körper auf Be- und Entlastung reagiert und sie hat ihre quälende Nervosität am Start endlich im Griff. Die Mutter, die als Mentalcoach arbeitet, hilft ihr dabei. „Sie gibt mir Tipps, ich schaue dann, was ich draus mache.“ Autogenes Training vor jeder harten Einheit schärft die Sinne und hilft, die Muskulatur zu entspannen.
In Zukunft wird das umso wichtiger sein, denn die Aufgaben werden nicht weniger. Im kommenden Jahr will sie in der U23 durchstarten und nebenbei ihr Abitur machen. Dann hoffentlich unter normalen Bedingungen. „Homeschooling hat aber auch Vorteile“, meint die Waldorfschülerin. „Man kann arbeiten, wo immer man gerade ist.“ Zum Beispiel in der Wohnung ihres Freundes, der in Aachen lebt und den sie dadurch häufiger sehen kann. An diesem Wochenende führt ihr beider Weg allerdings nach Albstadt. Denn der Partner an ihrer Seite ist - wie könnte es anders sein - ein erfolgshungriger Mountainbiker. Bernd Köble