Lokalsport

Kommentar: In die Vollen

von Bernd Köble

Jedem Anfang wohnt eine Chance inne, um es ziemlich frei mit Hermann Hesse zu halten. Chancen, die man nicht allzu lange liegen lassen sollte, weil sie sonst irgendwann verpuffen. In der neuen Handball-Spielgemeinschaft im Lenninger Tal scheint man das schnell verinnerlicht zu haben, und wie in Hesses viel zitiertem Gedicht „Stufen“ geht es darum, sich schrittweise von Überkommenem zu lösen und bereit zu sein für neue Bindungen. Nicht nur, was die Vereinspartnerschaft betrifft, sondern auch bei der Frage, wie sich das neue Gefüge im Gemeinwesen positioniert. Dafür braucht es Mut, Ideen und letztlich auch Sachverstand gepaart mit Erfahrung.

Einer wie Enrico Wackershauser, der den Strukturwandel in der HSG nun gestalten und moderieren soll, bringt von all dem reichlich mit. Der einstige Modellathlet, Spitzenhandballer und Initiator des Handball-Teilzeitinternats des HVW in Ostfildern ist ein geübter Netzwerker, der im Handball schon immer für Innovation und unkonventionelle Methoden stand - kreativ, motivierend, psychologisch geschult und äußerst beredt. Er könnte für die HSG zweifellos zum Glücksgriff werden.

Die Frage wird sein, ob es Wackershauser gelingt, sein hohes Tempo den Menschen und Verhältnissen anzupassen, ob er genügend Mitstreiter findet, um bisher nie Dagewesenes mehrheitsfähig zu vertreten und ob ein handballerisch über alle Zweifel erhabener aber weitgehend unerfahrener Chefcoach wie Matthias Briem den Visionär im Hintergrund als jemand empfindet, der ihm zur Seite steht oder schlicht im Nacken sitzt.

Die HSG geht personell in die Vollen. Namen wie Briem und Wackershauser im Zentrum, höherklassig erfahrene Leute wie Christoph Winkler und Bruno Rieke als Jugendtrainer - in der Bezirksliga muss man, um mehr Qualität zu finden, weite Wege gehen. Das alles sind beste Voraussetzungen für den Beginn einer Erfolgsgeschichte. Deshalb einen Selbstläufer zu erwarten, ist die größte Gefahr die darin lauert.