Lokalsport

Kühle Sommer - wildes Parken

Jugendaustausch Junge japanische Sportler betreiben in Kirchheim Völkerverständigung mit Händen und Füßen

Erinnerungsfoto vom Rathausturm: Die japanische Delegation nach dem Besuch beim Bürgermeister.Foto: Sebastian Großhans
Erinnerungsfoto vom Rathausturm: Die japanische Delegation nach dem Besuch beim Bürgermeister.Foto: Sebastian Großhans

Kirchheim. Was ist für japanische Jugendliche in Deutschland wohl am fremdartigsten? Das Essen vielleicht oder die Architektur? Die 16-jährige Megumi Takada überlegt. Sie ist Teilnehmerin des 44. Deutsch-japanischen Sportjugendaustausches und diese Woche als Gast in Kirchheim. „In Deutschland wird am Straßenrand geparkt, das geschieht in Japan nicht“, sagt sie. In ihrer Heimat ist das verboten. Nicht der einzige Unterschied, den neun Jugendliche und junge Erwachsene aus verschiedenen Sportarten bei ihrem einwöchigen Besuch bei Mitgliedern der Fechtabteilungen des VfL Kirchheim und des SV Esslingen ausmachten.

Megumi Takada ist Bon-Tänzerin, ein traditioneller japanischer Tanz. Sie erzählt, dass es gar nicht so leicht ist, sich in der Gastfamilie zu verständigen. „Da ich nicht so viel Englisch kann, muss ich viel mit Händen und Füßen kommunizieren“, sagt die 16-Jährige auf Japanisch. Dolmetscherin Michiko Masuch-Furukawa steht daneben, übersetzt und erklärt. Im Alltag in den Gastfamilien müssen die Sportler jedoch allein zurechtkommen. VfL-Fechterin Lilly Großstück kennt dies aus eigener Erfahrung. Vor drei Jahren war sie selbst als Teilnehmerin beim Austausch dabei. „In einer meiner Gastfamilien konnte einer gut Englisch. Aber wenn er nicht dabei war, musste man improvisieren.“ Sie erinnert sich, wie herzlich und offen ihr die Japaner begegnet sind - ganz im Gegensatz zum Klischee der höflichen Zurückhaltung. Umgekehrt wurde auch im Schwabenland Wert auf offenen Umgang gelegt. Die beiden Vereine aus Kirchheim und Esslingen boten den Besuchern ein abwechslungsreiches Programm, in dem es nicht nur ums Fechten ging. Mal wurde ein Blick auf die Esslinger Wasserballer samt anschließender Diskussion über Fair Play im Sport geboten. In Kirchheim gab es am Samstag einen Empfang im Rathaus, eine Stadtführung und zuvor die Aussicht vom Rathausturm bei bestem Wetter. Im Freilichtmuseum in Beuren wurde gemeinsam Brot gebacken.

Jährlicher Austausch

Jedes Jahr sind 125 Teilnehmer aus Deutschland und Japan im jeweiligen Gastland. Rund 22 Tage dauert der Austausch unter der Schirmherrschaft des Deutschen Olympischen Sportbundes und der Japan Junior Sports Clubs Association. Die meiste Zeit stehen regionale Programme auf dem Plan, um die Kultur und den Alltag beider Seiten kennenzulernen. Für die Gruppe, die jetzt Esslingen und Kirchheim besuchte, geht es nächste Woche weiter: zu Gastfamilien und neuen Sehenswürdigkeiten im Rems-Murr-Kreis.

Für den 19-jährigen Mizuki Nakura sind Sehenswürdigkeiten nur ein Randaspekt der Reise: „Wir haben verschiedene Sportarten ausprobiert, das war spannend“, sagt der Kendo-Kämpfer. Seit zehn Jahren greift er in einer der beliebtesten japanischen Sportarten zum Holzschwert. In Deutschland hat er sich in Fußball, Wasserball und Basketball versucht. Vor allem der Kontakt zu Gleichaltrigen ist ihm dabei wichtig.

Was ihm seit der Landung in Frankfurt am positivsten aufgefallen ist: das angenehme Sommerwetter. „Fast schon kühl“, wie er findet. „In Japan hat es momentan 38 bis 40 Grad Celsius und eine viel höhere Luftfeuchtigkeit“, erklärt Dolmetscherin Masuch-Furukawa. „Für uns Japaner ist das hier richtig angenehm.“

Sebastian Großhans