Lokalsport

Liebe, Hände, Respekt

Ein Fest der Freundschaft und den Abbau von Berührungsängsten hatten Silvia Kretzschmar, Vorsitzende der Turngemeinde Kirchheim, und Projektinitiatorin Sabrina Wohlleben im Vorfeld des „Tags der Begegnung“ auf dem vereinseigenen Sportgelände versprochen. Vergangenen Samstag hielten die Vereinschefin und ihr Team zusammen mit zahlreichen Besuchern Wort.

Sportliches Highlight des Tags der Begegnung bei der TG Kirchheim war das  Hobby-Fußballturnier. Foto: Deniz Calagan
Sportliches Highlight des Tags der Begegnung bei der TG Kirchheim war das Hobby-Fußballturnier. Foto: Deniz Calagan

Kirchheim. Sabrina Wohlleben, für die der Abbau von hautfarbenbedingten Ängsten und die Öffnung der Bevölkerung gegenüber den Neuankömmlingen im Vordergrund steht, hatte sich mit ihren rund 70 Helfern und Unterstützern einiges einfallen lassen. Neben einer Hüpfburg war die Möglichkeit, Sandbilder anzufertigen, der Hit am sonnigen Samstag. Das sportlich ambitionierte Publikum fand seine Passion entweder beim Torwandschießen, bei der Schussgeschwindigkeits-Messanlage oder als Teilnehmer des Hobby-Fußballturniers, das ein hoch motiviertes TG-Flüchtlingsteam gewann.

Auch eine Mannschaft des TB Neckarhausen nahm an dem Turnier teil. Der Turnerbund mit seinem mitkickenden Vorsitzenden Steffen Erb ist Kooperationspartner der TG in Sachen Flüchtlingshilfe und hatte die Turngemeinde und ihre Neuankömmlinge im Juni zum Vereinssportfest eingeladen. Dies war nun quasi die Gegeneinladung an die Neckarhausener, die rund 30 Syrern eine neue Heimat gaben. Quasi als Gastgeschenk brachte der TBN-Vorsitzende einen Mannschaftssatz Kickstiefel mit, den TBN-Sponsor Sven Noack gespendet hatte. Zuvor hatte schon der Kirchheimer Bund der Selbständigen (BDS) Trainingsanzüge gestiftet, und am Samstag übergaben zudem noch Ingo Grausam und Michael Schwenk vom Rotary Club Kirchheim-Nürtingen wintergerechte Trainings- und Spielausrüstung an die Turngemeinde.

Das kulinarische Angebot war ambivalent und bewegte sich neben Kaffee und Kuchen zwischen der typisch schwäbischen „Roten Wurst“ und afrikanischem Braai – gegrilltes Fleisch oder Fisch mit viel Zwiebeln, Gemüse und Reis – selbst erfahrene schwäbische Hausfrauen streckten ob der exotischen Geschmackserlebnisse den Daumen in die Luft.

Wer Einblick in die tägliche (Integrations-)Arbeit gewinnen wollte, konnte sich am Infostand der Turngemeinde und bei der T-Shirt-Produktion informieren, bei dem die jungen Männer, die hauptsächlich aus Gambia und Nigeria kommen, mittels Siebdrucktechnik selbst entworfene Motive auf T-Shirts aufbringen. „Liebe, Hände, Respekt – das sind die beliebtesten Motive“, weiß Maya Rapoport, gebürtige Israelin, ausgebildete Grafikerin und künstlerische Leiterin der Gruppe. Die wird demnächst auch eine eigene Ausstellung bestücken. Thema: „Was bedeutet Fußball für mich?“ Rapoport weiß, dass Fußball für die meisten afrikanischen Flüchtlinge mehr als ein Spiel ist: „Es ist das Miteinander, die Freundschaft, das Gefühl, gebraucht zu werden, und auch ein Stück Heimat.“

Mit einem Infostand war auch der Kirchheimer Arbeitskreis Asyl vertreten. Marianne Gmelin, SPD-Kreis- und Gemeinderatsmitglied und seit vielen Jahren im AK Asyl aktiv, machte besonders auf die Sprachbarrieren aufmerksam: „Viele der Neuankömmlinge denken, dass man sich auf Englisch verständigen kann. Doch lange nicht jeder in Deutschland beherrscht diese Sprache. Deshalb ist der Deutschunterricht so wichtig. Integration funktioniert nur über die Sprache.“

Die TG lebt die Integration vor – freilich nicht ohne kritische Stimmen, die der Turngemeinde auch ein Stück weit Eigennutz hinsichtlich der Kaderzusammenstellung für die Kreisliga-Mannschaften vorwerfen. Unterm Strich steht aber außer Frage, dass die Vorteile auf beiden Seiten liegen. Oberbürgermeisterin Angelika Matt-Heidecker, die als Schirmherrin für den „Tag der Begegnung“ fungierte, dankte allen ehrenamtlich Engagierten für die Integrationsarbeit: „Das könnte die Stadt alleine gar nicht leisten.“