Lokalsport

Mit 60 durch die Fußgängerzone

Kirchheimer Radrennen sorgt bei Teilnehmern und Besuchern für Begeisterung

„Leidenschaft pur, geballte Muskelkraft und unbändiger Kampfgeist“, so hat der Streckensprecher gestern Abend das Hauptrennen und damit das Highlight des Kirchheimer Radrennens kommentiert. Mit Spitzengeschwindigkeiten von bis zu 60 km/h sprinteten fast 300 Teilnehmer bei insgesamt sieben Wettbewerben um den Alleenring und durch die Fußgängerzone der Kirchheimer Innenstadt. Mehrere tausend Zuschauer nutzten das perfekte Wetter für einen Ausflug an die 1,5 Kilometer lange Strecke.

Dicht gedrängt ging es gestern so manches Mal durch die Fußgängerzone. Sieger des Hauptrennens wurde der Tscheche Tomas Okrouhli
Dicht gedrängt ging es gestern so manches Mal durch die Fußgängerzone. Sieger des Hauptrennens wurde der Tscheche Tomas Okrouhlicky (Bild re.). Mehrere tausend Zuschauer säumten die Strecke.Fotos: Markus Brändli

Kirchheim. Mit dem siebten Glockenschlag ist gestern Abend nach knapp eineinhalb Stunden und 75 Kilometern der Sieger des Hauptrennens über die Ziellinie am Marktbrunnen gefahren. In dem top besetzten 70-köpfigen Fahrerfeld hatten die beiden Fahrer des Kontinental-Teams AC Sparta Prag, Tomas Okrouhlicky und Jirí Nesveda, die Nase vorn. Dritter wurde Leif Lampater vom Rudy Project Racing Team. Der gebürtige Waiblinger hat bereits mehrere Sechstagerennen gewonnen und wurde mit der deutschen Mannschaft bei den Olympischen Spielen 2004 in Athen Vierter in der Mannschaftsverfolgung.

Vor dem Elite-Rennen waren bereits die Fahrer und Fahrerinnen der drei anderen Klassen am Start. In der C-Klasse war der Zuspruch so groß, dass die Organisatoren sogar zwei Rennen über jeweils 45 Runden ansetzen mussten. In der Jedermannklasse hatten dann die Lokalmatadoren ihren Auftritt. Philipp Daum vom Team Radsport Fischer & Wagner, der am Donnerstag die Bissinger Meile gewonnen hatte, wurde hinter Thomas Heinlin aus Pfullingen Zweiter. Knapp dahinter kam Andreas Miller aus Jesingen, der für das Team Lightweight fährt, als Dritter ins Ziel.

Wegen der Baustelle am Krone-Kreisel war der Verlauf der eineinhalb Kilometer langen Strecke dieses Jahr ein anderer als gewohnt. Erstmals mussten die Rennfahrer die Marktstraße vom Marktbrunnen in Richtung Wachthaus leicht bergauf fahren. Dann ging es links herum auf den Alleenring, am Schweinemarkt und Finanzamt vorbei. Anschließend ein kleiner Anstieg bevor es am alten Teckboten in eine 180-Grad-Schikane ging. „Von null auf hundert und das 50 Mal, das geht in die Beine“, kommentierte Streckensprecher Freddy Eberle die Stelle, an der es dann wieder rechts in die Fußgängerzone ging und man wieder Schwung holen musste für die lange Gerade auf der Marktstraße.

Die neue Strecke tat der Begeisterung bei den Teilnehmern und den Zuschauern aber keinen Abbruch. „Ich komme jedes Jahr gerne nach Kirchheim, vor allem wegen der Kurven und der schönen Strecke durch die Innenstadt“, sagte die Gewinnerin in der Damenklasse Désirée Ehrler vom schweizer Team bigla cycling. „Die Atmosphäre mit den vielen Zuschauern in der Fußgängerzone ist einmalig, da kämpft man noch mal doppelt so viel“, lobte sie die Kulisse.

Wie ihr machte aber der starke Gegenwind auch vielen anderen Fahrern das Leben schwer. „In der Fußgängerzone hat man davon nichts mitbekommen, aber sobald es aus den Häusern rausging, auf dem Stück beim Amtsgericht zum Beispiel, hat es ganz schön geblasen“, erzählte der Grünen-Landtagsabgeordnete Andreas Schwarz, der beim Sponsorenrennen dabei war.

Mit ihm gefahren sind mehr als 50 andere Teilnehmer zum Teil auf – für ein Fahrradrennen – eher kuriosen Gefährten wie einem Einrad und einem Tandem-Liegerad. Auch Kirchheims Bürgermeister Günter Riemer war mit von der Partie. Zusammen mit seinem fünfjährigen Sohn Leo hat er auf einem umgebauten Tandem 13 Runden gedreht.

Jeder der Teilnehmer dieses Rennens hatte sich vorher einen Sponsor gesucht, der für jeden gefahrenen Kilometer einen bestimmten Betrag spendet. So kamen für die insgesamt 555 Runden knapp 2 900 Euro zusammen, die an den Bildungs- und Sozialfonds „Starkes Kirchheim“ gehen. „Schade, dass es dieses Jahr 1 700 Euro weniger waren als 2012“, sagte Cornelia Frey von der Initiative nach dem Kassensturz. „Wir hoffen, dass wir nächstes Mal nicht nur eine gute halbe Stunde fahren dürfen, sondern wieder eine ganze Stunde wie im vergangenen Jahr.“

Dass das Kirchheimer Radrennen um den „Lightweight Cup“ ein voller Erfolg war, hat Organisator Albert Bosler vom Radsport Kirchheim nicht nur seinen fleißigen Helfern und dem perfekten Wetter („Ich habe einen guten Draht nach oben“) zu verdanken. „Ganz wichtig sind natürlich die Sportler, ohne die dieser tolle Renntag gar nicht möglich gewesen wäre“, strahlte Bosler nach den Rennen auf der Ziellinie. Einer, den man aber nicht vergessen darf, ist der langjährige Streckensprecher Freddy Eberle vom RSC Schönaich. Der 55-Jährige ist seit mehr als 40 Jahren im Radsport aktiv – ein wandelndes Radsportlexikon. Mit einer Mischung aus profundem Wissen und launigen Sprüchen zieht er die Zuschauer in seinen Bann. Manchmal plaudert er am Mikrofon auch aus dem Nähkästchen, aber vor allem macht er eins: er lebt den Radsport und reißt die Menschen an der Strecke mit. „Hier sieht man, was die Jungs wirklich drauf haben“, sagt Eberle in Zeiten, in denen es der Radsport nicht immer leicht hat. Er meint es tatsächlich so.

Weitere Impressionen vom Kirchheimer Radrennen, die unser Fotograf Markus Brändli eingefangen hat, finden sich unter www.teckbote.de/bilder.html