Lokalsport

Mit Gentner, Zorniger und Co. auf Du und Du

VfB-Busfahrer Rolf Geißler chauffiert die Stuttgarter Bundesliga-Profis zu jedem Heimspiel – Mit 67 noch lange nicht Schluss

„Ich bin dreimal Deutscher Meister“ sagt Rolf Geißler voller Stolz, und keiner widerspricht. Das erweiterte Mitglied des Ötlinger Fußball-Clans der Geißlers – Rolf ist Vetter von Familienoberhaupt Roland - gehört seit fast vier Jahrzehnten zum lebenden Inventar des VfB Stuttgart und hat einen ganz exklusiven Anteil am (mittlerweile etwas verblassten) Ruhm des schwäbischen Traditionsvereins.

Rolf Geißler vor seinem Heiligtum: „Mir macht es Spaß, immer noch dabei zu sein“.Pressefoto
Rolf Geißler vor seinem Heiligtum: „Mir macht es Spaß, immer noch dabei zu sein“.Pressefoto

Zizishausen. Es ist noch gar nicht lange her, da hat eine große Zeitung den ultimativen Leistungscheck für die Busfahrer in der Bundesliga gemacht. Mit Abstand klarer Sieger: Rolf Geißler, der „Bussi“ des VfB. Seit dem Wiederaufstieg 1977 chauffiert er die Allgöwers, Buchwalds, Schäfers und Gentners, die Sundermanns, Daums, Löws und jetzt Zorniger kreuz und quer durch die Liga, früher noch zu den Europapokalspielen in Neapel, Manchester, Budapest, Prag oder Glasgow. Einmal ging‘s auf die Insel zum FC Chelsea. „Vor dem Linksverkehr hatte ich keine Angst. Die Spieler haben ohnehin zu mir gesagt, ich würde auf der A 8 sowieso immer links fahren“, scherzt Geißler. „Aber der Stadtverkehr in London war brutal hart. Da möchte ich nicht mehr hin.“

Kein Kollege hält das Steuer länger in der Hand als er. Nie hat er einen Unfall gebaut. „So soll es auch bleiben“, sagt er und klopft dreimal auf Holz. Rolf hat sich auch nie verfahren. Selbst damals nicht, als noch kein Navigationssystem die Richtung vorgab. War ihm eine Strecke fremd, fuhr er sie erst mit dem Privatwagen ab, um den schnellsten Weg zum Stadion zu finden. „Mit meiner Frau Gaby haben wir daraus einfach Wochenendausflüge gemacht“.

Der gelernte Fachmeister für Kfz-Getriebe, der in Nürtingen eine Werkstatt hat, ist ein Dunkelroter durch und durch. Sein Haus in Zizishausen gleicht einem VfB-Museum. Die Wände hängen voll mit Trikots der Spieler, Wimpel, Schals und Fotos, in den Regalen Pokale, Autogrammbälle und andere Erinnerungsstücke. Einen Ehrenplatz haben die drei Meisterposter von 1984, 1992 und 2007 mit den Original-Unterschriften aller Profis.

Sein neuester Bus ist ein Dreiachser, 14 Meter lang, hat rund 500 PS und kostet „im Laden“ fast 900 000 Euro. Daimler-Benz stellt die Luxusgefährte seit dem Wiederaufstieg kostenlos zur Verfügung. Der Verein muss nur für Versicherungs- und Benzinkosten aufkommen. Bei 30 Sitzplätzen mit Beinauflage, Tisch, Videogeräten, Kopfhörer, TV, Bordküche und WC ist viel Platz und höchstmöglicher Komfort gewährleistet. Früher waren die VfB-Busse noch mit einer Massagebank ausgestattet. Geißler: „Aber die hat immer geklappert und wurde deshalb abgeschafft.“

Oberstes Gebot für den Fahrer ist die Verschwiegenheit. „Ich bekomme natürlich einiges mit im Bus, aber das muss ich für mich behalten“, erklärt er. Zwei lustige Episoden lässt er sich doch entlocken. „Auf dem Betzenberg in Kaiserslautern öffnete ich einmal die automatische Bustür. Aber die Ausstiegsklappe funktionierte nicht, die Treppe fuhr nicht aus. Pech für Dieter Hoeneß, der das nicht bemerkte. Er tappte ins Leere und fiel der Länge nach mitten in die Menschenmenge, die sich um den Bus drängte. Dabei riss er zehn Fans zu Boden.“

Normal sitzt Rolf im Stadion auf einer Extrabank seitlich vor der Haupttribüne. Aber einmal durfte er stolz wie Oskar auf der Spielerbank direkt neben Felix Magath Platz nehmen. Ein Späßchen des Trainers. Der hatte „Bussi“ auf dem Spielberichtsbogen unter der Rubrik „Erster Offizieller“ eingetragen.

Der Mann mit dem unverkennbaren schwarzen Schnauzbart, der in seiner langen Laufbahn beim VfB bisher 27 Trainer hat kommen und gehen sehen, hätte sich schon längst zur Ruhe setzen können. Mit 67 hat er das Rentenalter überschritten. Aber er denkt gar nicht daran. Im Gegenteil. Kürzlich hat er seinen Busführerschein um fünf Jahre verlängern lassen. Der dienstälteste Fahrer der Bundesliga macht mit angezogener Handbremse weiter, beschränkt sich auf die Heimspiele. Die langen Fahrten zu den Auswärtsspielen überlässt er seinem jüngeren Kollegen und designierten Nachfolger Jürgen Dispan, den er einst eingelernt hat. „Mir macht es Spaß, immer noch dabei zu sein. Und für die Spieler ist es schön, wenn sie mit mir eine feste Bezugsperson haben“, sagt er.