Lokalsport

Naberner erleichtert, aber nicht am Ziel

Kreisligaszene Maximilian Freiberger sorgt in Dettingen für die Fairplay-Aktion des Jahres. In Neckartenzlingen gibt es Polizeischutz für den jungen Schiedsrichter. Von Reimund Elbe

Überraschung in Neidlingen: Die Gastgeber (in dunklen Trikots) liefen den Gästen aus Nabern häufig hinterher.Foto: Markus Brändl
Überraschung in Neidlingen: Die Gastgeber (in dunklen Trikots) liefen den Gästen aus Nabern häufig hinterher.Foto: Markus Brändli

In der Schlussphase der gestrigen Kreisligapartie zwischen dem Tabellenzweiten SF Dettingen und Raidwangen wurde eine der beeindruckendsten und denkwürdigsten Geschichten im lokalen Fußball seit Langem geschrieben. Im Mittelpunkt: SFD-Akteur Maximilian Freiberger. Vier Minuten vor Ende der regulären Spielzeit ging der Abwehrhüne bei einer undurchsichtigen Aktion im gegnerischen Strafraum zu Boden, Schiedsrichter Rene Marcel Flamm gab sofort Elfmeter. Doch Freiberger marschierte auf den Schiedsrichter zu und stellte klar, dass es kein Foulspiel gegen ihn gegeben habe - eine unglaublich faire Geste des Dettingers, auch angesichts der Dramaturgie an der Ligaspitze beim Kampf um die Meisterschaft.

Dieser Part war freilich noch nicht das Ende der Geschehnisse. In der Nachspielzeit traf ausgerechnet Freiberger mit einem wuchtigen Schuss zum entscheidenden 3:2 und versetzte sein Team in kollektiven Jubel. Der ernste Hintergrund des Ganzen sorgte nicht nur bei Dettingens Trainer Heiko Blumauer für Emotionen. Wenige Tage vor diesem Spiel war nämlich Freibergers Großvater verstorben. „Diese Partie hatte er ganz speziell seinem Opa gewidmet, der bei uns seit vielen Jahren Stammzuschauer war“, sagte der SFD- Coach. Deshalb sei für Freiberger klar gewesen, auch als Geste des Respekts vor seinem Großvater, in dieser vermeintlichen Foul-Aktion trotz aller Brisanz Fairness zu pflegen. Blumauer: „Dass Maximilian schließlich noch das Siegtor schießt, ist ein weiterer, ganz großer Moment, den ich in dieser Konstellation im Fußball noch nie erlebt habe.“

Nach dem Spiel wurde der Dettinger Defensivakteur auch von gegnerischen Spielern, die von den Zusammenhängen erfahren hatten, umarmt. SFD-Abteilungsleiter Christian Renz konnte nicht beim SFD-Spiel vor Ort sein, denn der überzeugte Fan des VfB Stuttgart war am frühen Nachmittag Zeuge des 2:0-Derbytriumphs der Schwaben über den Karlsruher SC. „Über Internet wusste ich immer, wie es in Dettingen steht“, sagte Renz, der somit gestern seinen 32. Geburtstag mit gleich zwei Siegen feierte. Die Karte für das VfB-Spiel hatte er erst wenige Stunden zuvor geschenkt bekommen, sonst wäre er „natürlich beim Spiel in Dettingen dabei gewesen“, wie er betont.

Für Renz ist das Meisterschaftsrennen durch die zweite Neidlinger Niederlage in Folge neu eröffnet. „Ab sofort haben wir es selbst in der Hand, Erster zu werden“, rechnet der Abteilungsleiter vor. Zwei Punkte Rückstand auf die Neidlinger könnten bereits per Sieg im direkten Duell mit dem TVN nach der Osterpause Geschichte sein. Beim wackelnden Spitzenreiter aus der Reußensteingemeinde bleiben die Klubgranden noch betont gelassen. „Auch wenn wir zwei unerwartete Niederlagen kassiert haben, sind wir weiterhin optimistisch“, erklärt Neidlingens Pressewart Robert Kuch, der nur zu gut weiß, dass per Sieg über die Sportfreunde auf heimischem Gelände am 23. April das Titelrennen wohl gelaufen wäre.

Beim SV Nabern herrscht nach dem 4:0-Überraschungscoup beste Laune. „Wir haben früh zwei Tore erzielt und unser Konterspiel perfekt durchgezogen“, jubilierte SVN-Trainer Maurizio Mantineo nach dem im Kampf um den Ligaverbleib so wichtigen Spiel. Eine Vorentscheidung im Sinne der Naberner sieht der Coach allerdings noch nicht. „Klar sind wir erleichtert, dass wir diese unerwarteten Punkte in Neidlingen geholt haben“, betont er, „aber wir sind noch längst nicht am Ziel.“

Für die Negativschlagzeile des Spieltags sorgte in der Kreisliga A der TSV Neckartenzlingen. Der jugendliche Schiedsrichter Sven Arnold rief nach der Partie gegen den TSV Weilheim II noch aus der Kabine heraus die Polizei, welche ihn schließlich zu seinem E-Bike geleitete. Der Nachwuchsreferee fühlte sich von Neckartenzlinger Zuschauern und Funktionären massiv bedroht. Weilheims Trainer Armin Sigler, selbst Schiedsrichter, fehlten nach dem Schlusspfiff fast die Worte. „Es war unter aller Kanone, was sich hier abgespielt hat“, sagte der Coach. Schiedsrichter-Obmann Harald Kuhn wird dieser Vorfall noch beschäftigen.