Kirchheim. Wenn VfL-Trainer Mathias Pohl von einer Außenseiterchance spricht, dann meint er das durchaus positiv. Auch kleine Chancen sind bekanntlich dazu da, dass man sie nutzt, und wie das geht, hat seine Mannschaft im vergangenen Jahr vorgeführt. Gegen eben jene KTV Ries, die heute erneut Gegner ist. Der hauchdünne Kirchheimer Heimsieg im Oktober vorigen Jahres war mehr als nur zwei Punkte auf der Habenseite. Es war der Türöffner zum Aufstiegsfinale, das der Zweitliga-Absteiger aus Nördlingen in Großbuchstaben auf dem Zettel hatte. In der Endabrechnung waren es die Kirchheimer, die als Tabellenzweiter überraschend ins Finale einzogen und weniger überraschend scheiterten. Den Nördlingern blieb nur Platz drei und ein weiteres Jahr Drittklassigkeit.
Eine offene Rechnung, die heute Abend ab 18 Uhr in der Nördlinger Hermann-Keßler-Halle für die Gastgeber ein Motivationsgrund sein dürfte. Die Voraussetzungen sind annähernd die gleichen wie im Vorjahr: Wieder ist es der zweite Saisonwettkampf, wieder würden die Kirchheimer Chancen auf Platz zwei im Falle eines Überraschungserfolgs ganz konkret. Doch wieder werden sich die Turner aus dem Ries nicht so leicht in die Suppe spucken lassen. „Bei uns muss alles passen, und der Gegner muss sich Fehler leisten“, beschreibt Matthias Pohl die heutigen Erfolgschancen seiner Mannschaft.
Die 3. Liga Süd ist zweigeteilt. Die Mannschaften aus Pfuhl und Iffezheim, die KTV Ries und die TG Hanauerland gelten dank der Verpflichtung starker Ausländer als Anwärter aufs Finale. Von den verbleibenden vier Teams, die teils aus Überzeugung, teils aus finanziellen Gründen ausschließlich auf den deutschen Nachwuchs setzen, gilt der VfL als stärkste Kraft. Eine Lauerstellung, die sich in der Vergangenheit als durchaus günstig erwies.
Beim Auftaktsieg vor zwei Wochen gegen die TG Hanauerland konnte sich der VfL sogar zwei Ausrutscher am Seitpferd und an den Ringen leisten. Für Rückkehrer Simon Paul war es ein undankbarer Einstand an den Ringen. Jenem Gerät, wo er sich vergangene Saison einen Sehnenabriss in der Schulter zuzog, der ihn ein halbes Jahr pausieren ließ. Weil auch Moritz Pohl nach einer Verletzung mit Einschränkungen zu kämpfen hat, haben die Kirchheimer ihr erstes Problemgerät. Ein Problem, das zu lösen Aufgabe eines weiteren Rückkehrers sein sollte. Doch der Ludwigsburger Jonathan Kriegelstein, ein echter Ringe-Spezialist, steht dem VfL wegen einer langwierigen Schulterverletzung die komplette Saison nicht zur Verfügung.
Wer in den direkten Duellen gegen wen antreten wird, bestimmt wie immer das Kalkül der beiden Trainer. Die richtige Taktik bei der Aufstellung können am Ende jene paar Prozente sein, die den Unterschied ausmachen. Manche Erstligisten bemühen Computerprogramme, um die ideale Konstellation zu finden. Kirchheims Trainer Mathias Pohl verlässt sich lieber auf sein Gespür. „Solche Rechenspiele“, sagt er, „funktionieren nur, wenn sich keiner verturnt.“ Vergangenes Jahr in Kirchheim ist die Rechnung aufgegangen.