Lokalsport
Seitenwechsel

Interview Zwei Jahrzehnte lang war Manuel Fumic das Gesicht des deutschen Mountainbikesports. Wir sprachen mit ihm über seine neue Aufgabe beim Team Cannondale, ein lautloses Karriereende und sein sportliches Erbe. Von Bernd Köble

Der Heim-Weltcup in Albstadt war jahrelang sein Wohnzimmer, in dem er sich von seinen Fans feiern ließ. Vor drei Wochen stand Manuel Fumic im Bullentäle zum ersten Mal nicht an der Startlinie, sondern als Teammanager am Streckenrand. Nach mehr als zwei
Jahrzehnten im internationalen Mountainbikesport, wechselt der 40-jährige Kirchheimer die Seiten.

 

Manuel, hat es beim Startschuss in Albstadt kurz gezuckt in den Beinen?

Manuel Fumic: Das nicht, aber ich glaube es war für alle Seiten komisch, dass ich da am Streckenrand stand. Ich muss ehrlich sagen, ich war fast nervöser als die Jahre zuvor als Athlet. Für alles verantwortlich zu sein im Team, dass alles reibungslos funktioniert. Das war schon ganz anders, auch wenn Albstadt nicht mein erster Einsatz als Teammanager war. Ich denke, das war aber das richtige Zeichen. Wenn ich nicht nervös wäre auch in der anderen Rolle, dann wäre ich vielleicht nicht der Richtige.

Der Rollentausch kam für die meisten wenig überraschend. Die Art wie er kommuniziert wurde, dagegen schon. Bisher gibt es nirgendwo ein offizielles Statement von Cannondale zu Ihrem Wechsel ins Managment. Wie kommt‘s?

Fumic: Ich weiß nicht, ob es da eine offizielle Erklärung braucht. Vielleicht lag das daran, dass mein Vorgänger Daniel Hespeler schon früh angekündigt hat, dass er nach 16 Jahren andere Pläne hat und das Team im Mai verlassen wird. In der Phase haben wir eng zusammengearbeitet, um einen reibungslosen Übergang zustande zu bekommen.

 

Wie sieht Ihre neue Aufgabe aus?

Ich leite das Team, bin dafür zuständig, dass alles im Hintergrund reibungslos läuft. Ich hab 16 Leute im Mitarbeiterteam, die aus verschiedenen Ländern kommen. Meine Aufgabe ist, zu organisieren, die Leute zusammenzubringen, mit Sponsoren zu kommunizieren, Media-Geschichten zu machen. Gemeinsam mit meinem frühreren Trainer Phil Dixon dafür zu sorgen, dass unsere Athleten, das bekommen, was sie brauchen, um optimale Leistung zu bringen. Kürzer gesagt: den Laden am Laufen halten.

Wie lange läuft der Vertrag?

Zunächst für zwei Jahre.

Fast alles bei Cannondale läuft über die Zentrale in USA. Das Factory Team firmiert jedoch als deutsch. Wieviel von dem, was Sie tun, lässt sich durch die deutsche Brille betrachten?

Das Team ist natürlich sehr international aufgestellt. Durch Daniel Hespeler war hier eben unsere Basis und das Team in Deutschland angemeldet. Wir müssenschauen, dass wir mit unseren Athleten auf internationalen Märkten vertreten sind. Deutschland ist als Standort sehr zentral, weil die meisten Rennen nach wie vor in Europa stattfinden. Das hat also mehr logistische Gründe.

Während Ihrer 20-jährigen Karriere als Profi galt Ihre Sorge immer auch der deutschen Nachwuchsförderung und der großen Lücke, die sich lange hinter ihnen auftat. Hat Cannondale mit Manuel Fumic jetzt einen Blick für deutsche Talente?

Das kommt immer drauf an. Wir haben mit Simon Andreassen aus Dänemark und Mona Mitterwallner aus Österreich die zurzeit wohl größten Talente unter Vertrag. Ich hätte schon Interesse, auch einen deutschen Fahrer ins Team zu holen, der zu uns passt. Mit Luca Schwarzbauer haben wir wieder einen, der sich herantastet an die Weltspitze. Aber das sind Themen, die natürlich nicht ich alleine entscheide.

Luca Schwarzbauer, der seit diesem Jahr für Canyon fährt, ist in der Form seines Lebens und drauf und dran, in ihre Fußstapfen zu treten. Freut es Sie, dass die Teckregion wieder einen Fahrer in der Weltspitze hat oder fürchtet man da eher Marken-Konkurrenz?

Überhaupt nicht. Ich war einer der Ersten, die ihm gratuliert haben zu seinen Wahnsinns-Leistungen in diesem Jahr. Ich kenne Luca ja schon länger. Früher war er Fan von mir, jetzt freue ich mich wahnsinnig, wenn da einer ist aus der Region, der erfolgreich die deutschen Farben vertritt.

Ihre fünften Olympischen Spiele 2021 in Tokio verliefen enttäuschend. Danach kam die nächste Verletzung und der Verzicht auf Cape Epic, das eigentlich der Schlusspunkt hätte sein sollen. Wie sehr schmerzt es, dass eine große Karriere vergangenen Herbst so sang- und klanglos endete?

Wenn der Sport eine Regel kennt, dann die, das es keine gibt. Ich habe mir alles zurechtgelegt und genau geplant, aber dann kamen zuviele Dinge zusammen, die man nur bedingt beeinflussen kann. Klar hätte ich gerne ein Abschlussrennen gehabt, aber ich hatte meinen Entschluss aufzuhören ja schon im Vorjahr gefasst und entsprechend Zeit, meinen Frieden damit zu schließen. Meine neue Rolle ist für mich eine Art Wiedergutmachung, weil ich mich nach wie vor in der Szene bewege. Wäre ich ganz raus gewesen, hätte es vermutlich mehr geschmerzt.

Wenn man so lange Leistung auf Spitzenniveau erbracht hat, wie bereitet man den Körper vor, auf das, was jetzt kommt?

Ich hab drei Kinder. Die halten mich auch körperlich auf Trab. Wenn ich unterwegs bin, habe ich meine Laufschuhe dabei.

Für Ihre Familie bedeutet der neue Job vor allem, dass Papa weiterhin selten zu Hause sein wird. Bleibt Kirchheim das Basislager?

Auf jeden Fall. Die Kinder sind hier ja alle in der Schule. Ich weiß nicht, was die Zukunft bringt, aber wir sind Kirchheimer und wir sind hier happy. Das Gute ist ja, dass sich niemand umgewöhnen muss. Das einzige, was sich ändert ist, dass ich nicht mehr auf dem Fahrrad hocke.

Kinder zu mehr Bewegung und gesunder Ernährung zu motivieren, haben Sie einmal als Herzensangelegenheit bezeichnet. Bleibt dafür außerhalb der Familie noch Zeit?

Ich versuch es nach wie vor unterzubringen. Ich bin in verschiedenen Projekten mit drin und habe auch ein paar Sachen geplant für dieses Jahr, wo ich Vereine unterstützen will. Mein Kleiner fährt mittlerweile ja auch Rennen, obwohl ich das so nie gedacht hätte. Dadurch bin ich hin und wieder auch auf kleineren Veranstaltungen, was ich früher nie gemacht habe. Es ist mir nach wie vor eine Herzensangelegenheit. Wenn man sieht, wie toll der Sport gerade ankommt, muss man die Chance nutzen und Kinder ermutigen, dass sie eine gesunde Balance finden. Im Moment ist das zeitlich alles schwierig, weil ich noch in der Einarbeitung stecke, aber das wird sich wieder ändern.

Ist Manuel Fumic ein glücklicher Mensch?

Mir hat der Sport unheimlich viel gegeben, ich bin dankbar, dass ich so lange dabei sein konnte, habe eine tolle Familie, ich fühle mich total wohl in meiner neuen Rolle. Damit kann ich das weitergeben, was ich in den vergangenen Jahrzehnten an Erfahrung gesammelt habe. Also: Ja. Auf jeden Fall.

 

Eine Karriere in Zahlen

Zehn deutsche Meistertitel (vier davon als U23-Fahrer)

Fünf Teilnahmen an Olympischen Spielen (beste Platzierung: Siebter 2012 in London)

Neun Medaillen bei Welt- und Europameisterschaften

Weltmeister 2004 (U23)

Vizeweltmeister 2013. 2010 und 2018 jeweils mit der Staffel

Europameister 2004, 2015 (Staffel)

Weltcup-Gesamtwertung Platz vier (2014)