Sie verkaufen Winterträume und erleben im Moment einen Albtraum: Für die Macher in den Skivereinen rund um die Teck hätte es schlimmer kaum kommen können. Krisenerprobt sind sie alle. Schneemangel und Nachwuchssorgen kennen sie seit vielen Jahren. Jetzt droht angesichts des Lockdowns wegen Corona die zweite Saison in Folge auszufallen. Ein Sport, der von jeher großen Aufwand erfordert, hängt am Tropf. Wie groß der Schaden ist, wird erst die Zukunft zeigen.
Daniela Ambacher gilt als Kämpferin. Das war früher so, als sie als Kaderathletin im DSV durch den Stangenwald raste und das gilt heute, wenn sie in der Brettlgemeinde rund um die Teck den Laden zusammenhält. Sie ist das Gesicht, das viele, nicht nur in ihrem Heimatverein TV Neidlingen, mit besseren Zeiten in Verbindung bringen. Skifahren ist hier mehr als ein Sport. Das ist Tradition, Abenteuer, Naturerlebnis und letztlich auch Kindheitserinnerung, die sich unauslöschbar eingebrannt hat. Deshalb sagt sie: „Wir tun alles, damit wir nur den Schalter umlegen müssen, wenn sich die Lage ändern sollte.“ Konzepte für Skikurse in Kleingruppen erstellen, Fragebögen an Eltern verschicken und Online-Plattformen für Anmeldungen verwalten. Vor allem aber: Hoffen, dass sich die Situation entspannt und zur rechten Zeit der Schnee kommt, um wenigstens auf der Alb Kurse anbieten zu können. „Das sind wir unseren Kindern schuldig“, sagt Daniela Ambacher, die weiß: „Die Gefahr, dass wir Nachwuchs verlieren, ist real.“
Eine Gefahr, die sich andernorts in Zahlen fassen lässt. Rund 300 Mitglieder hat der SVL Kirchheim in den vergangenen zwei Jahrzehnten verloren. 895 Sportbegeisterte halten dem Verein, dessen Kerngeschäft das Skifahren ist, im Moment noch die Treue. Das ist kein Ruhepolster, wie Bruno Panni weiß. „Jedes Kind, das wir nach diesen beiden Wintern verlieren, erreichen wir nicht wieder“, fürchtet der zweite Mann an der Spitze des Vereins. Viele Familien, die nicht seit Generationen im Winterport verankert sind, kommen ins Grübeln. Die Kosten für Reisen und teure Ausrüstung sind hoch. Für das Geld eines einwöchigen Skiurlaubs, lassen sich im Sommer locker zwei Wochen Ferien bestreiten.
Dabei könnte man im SVL eigentlich zufrieden sein. Die große Austrittswelle in diesem Sommer ist trotz Corona ausgeblieben. Erstmals hat der Verein wieder erfolgreiche Rennläufer im Schwäbischen Skiverband am Start. Doch Vorbilder sind nur dann welche, wenn es Nachwuchs gibt, der ihnen nacheifert und Eltern, der ihn dabei unterstützt. Bis Weihnachten sind alle Veranstaltungen im SVL abgesagt. Sollte im neuen Jahr auf der Alb Schnee liegen, will man dort Kurse anbieten. Auch die Termine für die Leki Race Challenge, eines der größten Nachwuchsrennen als konzertierte Aktion der Teckvereine aus Kirchheim, Weilheim, Neidlingen und Lenningen steht noch immer im Kalender. Die zweiteilige Rennserie in Bregenzerwald und Allgäu fiel schon im Vorjahr ins Wasser. Erst war kein Schnee, dann kam der Lockdown. Jetzt liegen zumindest die fertigen Pläne in der Schublade. „Alles unter den momentan geltenden Regeln“, sagt Bruno Panni. „Was im Januar und Februar gilt, wissen wir nicht.“
Damit sich die Hoffnung auf ein spätes Wintermärchen erfüllt, müsste vieles passen. Neben dem Infektionsgeschehen müssen nicht nur die Wetterbedingungen, sondern auch die Liftbetreiber mitspielen. Am traditionellen Vereinshang an der Pfulb in Schopfloch, signalisiert man Bereitschaft. Der Lift wird seit vergangenem Winter vom Esslinger Sozialunternehmen Arbeg betrieben. „Wir wollen die Vereine grundsätzlich unterstützen“, sagt Geschäftsführer Volker Ditzinger. Rechnen muss sich der Betrieb allerdings schon. Der Personalaufwand ist groß. Vieles hängt davon ab, wie stark die Einschränkungen durch die Pandemie sein werden. Im vergangenen Winter war die Liftanlage an der Pfulb einen einzigen Tag in Betrieb.
Regio TV unterm Reußenstein
Aufgeben ist in den Vereinen nirgendwo eine Option. In Neidlingen hat man schon mal Kontakte mit dem SWR und Regio TV geknüpft, um den Reußensteinpokal auf eigener Markung notfalls auch ohne Streckenpublikum unters ausgehungerte Skivolk zu bringen. Eine Premiere wäre es nicht. Das Skispringen von der Neidlinger Schanze hat es als Kuriosum immerhin schon einmal ins Regionalfernsehen geschafft. Daniela Ambacher hat als die Chef-Optimistin im Lindachtal ihre ganz eigene Gedankenstrategie: „Mein Vater hat erst neulich in der Nacht vom Reußensteinpokal geträumt“, verrät sie. Wenn das kein gutes Omen ist.