Lokalsport

Spektakuläre Sprünge bei hohem Gemütlichkeitsfaktor

Skispringen Der Neidlinger Lokalmatador Benjamin Hepperle setzt sich vor rund 300 Zuschauern beim Wettbewerb von der Edelwangschanze durch. Von Reimund Elbe

Kontrastprogramm am Edelwang: Während Stefan Hepperle elegant über den Schanzentisch gleitet, legt sich Niko Waldherr bei der La
Kontrastprogramm am Edelwang: Während Stefan Hepperle elegant über den Schanzentisch gleitet, legt sich Niko Waldherr bei der Landung hin - zum Glück ohne Folgen. Fotos: Marcel Heckel

Es war ein Wettlauf mit der Zeit - und die Neidlinger haben ihn hauchdünn gewonnen. Praktisch auf den letzten Schneeflocken und Eisresten des zu Ende gehenden Winters feierte die Skiabteilung des Turnvereins am Samstagnachmittag das Schanzensprung-Revival auf Edelwang, hoch über Neidlingen gelegen. Rund 200 Arbeitsstunden hatten die Helferinnen und Helfer um Organisationsleiterin Daniela Ambacher geleistet, um die erstmalige Austragung des Ernst-Ruoß-Gedächtnisspringens seit 2010 hinzubekommen.

Flexibilität bewiesen die Neidlinger beim hereinbrechenden Tauwetter zudem: Als der Schneematsch im Zuschauerbereich vor Beginn des Springens immer mehr dominierte, machte sich kurzerhand ein Team mit Bürgermeister Klaus Däschler an der Spitze auf ins Dorf. Minuten später war reichlich Stroh als Unterlage angekarrt, was den Gemütlichkeitsfaktor für die rund 300 Zuschauer im Auslaufbereich der Schanze extrem erhöhte.

Schultes Däschler, der in seinem Grußwort über Mikrofon seinen Sprungteilnahmeverzicht humorvoll und schlüssig begründete („Für mich ist das nix, ich hätte Angst“), sprach der Genehmigungsbehörde Landratsamt einen besonderen Dank aus.

Die deutlichen Plusgrade hatten auch ihr Gutes: Immerhin rund 300 Zuschauer pilgerten zum Zwei-Stunden-Event. Die Laune bei Springern, Zuschauern und Funktionsträgern war bei Sonnenschein und ersten Frühlingsgefühlen entsprechend gut - allen voran bei Daniela Ambacher, „Wir haben deutlich mehr Starter als 2010“, frohlockte „Spagge“ bereits vor den ersten Sätzen von der landschaftlich prächtig gelegenen Minisprunganlage.

In der Tat standen 26 der 30 gemeldeten Springer am Startpunkt - allesamt männlich. Vor acht Jahren waren es lediglich deren neun Wagemutige. Den Gesamtsieg holte sich mit Lokalmatador Benjamin Hepperle ausgerechnet jener Springer, der im ersten Durchgang mit einem spektakulären Sturz für Raunen im Publikum gesorgt hatte. Doch der Neidlinger profitierte von dem Streichresultatkonzept der Veranstaltung. „Nur die besten zwei Sprünge der insgesamt drei kommen in die Wertung“, erläuterte Ambacher die Vorgehensweise.

Dass Hepperle ein würdiger Sieger war, stand außer Frage. Mit einem Satz auf (gestandene) 28 Meter gelang ihm nämlich später der weiteste gewertete Sprung des Tages. Einen halben Meter mehr trug es im ersten Durchgang zwar Julian Unger vom TSV Jesingen hin- unter, doch bei der Landung verlor er die Kontrolle über seine Ski. „Ich wollte Schanzenrekord springen, bin aber wohl zu viel Risiko eingegangen“, sagte er.

Rekordhalter Andreas Hitzer (29 Meter) konnte sich angesichts fehlender Schanzenrekordknacker somit entspannt seiner Aufgabe zuwenden, dem Einspielen von Unterhaltungsmusik mit Bandbreite von Polka bis Hard Rock.

Unter die Springer hatten sich auch etliche Bezirksligakicker des TV Neidlingen mit Spielertrainer Patrick Kölle gemischt. Jener zahlte kräftig Lehrgeld. Immerhin steigerte sich der Kicker im Laufe des Springens von 10,5 auf 14,5 Meter. „Der Absprung ist entscheidend“, konstatierte der Fußballer nach seiner Edelwangpremiere.“

Kurz auf knapp traf TVN-Spieler Fabian Latzko am Sprunggelände ein. „Ich komme direkt aus dem Vorlesungssaal“, stöhnte er und legte im ersten Durchgang bei starken 27,5 Metern erst einmal einen kapitalen Sturz hin. Fußball-Abteilungsleiter Marlon Lamour hatte derweil eine plausible Begründung für seinen Nicht-Start („Mein Skikurs liegt zu lange zurück“), half jedoch als Shuttle-Fahrer mit.

Nach zwei Stunden war der sportliche Teil des Edelwang-schanzespringens Geschichte. Eine Neuauflage hängt in erster Linie von einem ab: vom Wetter.

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Mit bis zu 50 Sachen über den Schanzentisch

Beim Ernst-Ruoß-Gedächtnisspringen - der Namensgeber war der Mitbegründer der Skiabteilung im TVN, der Initiator für die Edelwangschanze und Ehrenabteilungsleiter der Skiabteilung - treten die Teilnehmer mit Alpinski an.

Bei der Anfahrt erreichen die Springer Geschwindigkeiten von bis zu 50 km/h.

Der K-Punkt der kleinen Schanze liegt bei 25 Metern. Gebaut wurde die Edelwangschanze 1951/1952, Umbauten erfolgten in den Jahren 1982 sowie 2008/2009.

Das Skispringen in Neidlingen hieß in der Anfangszeit „Kirschwasserspringen“, später wurde daraus der „Sprung- und Abfahrtslauf um den Reußensteinpokal“; vormittags wurde der Abfahrtslauf vom Burzkopf durchgeführt, nachmittags das Schanzenspringen. Vor zehn Jahren wurden die Schanzen wieder reaktiviert. Das samstägliche Springen war seitdem das dritte.rei