Lokalsport

TVP erlebt weiß-blaues Wunder

Handball Der VfL Kirchheim räumt im Verbandspokal mit Plochingen auch den zweiten Oberligisten aus dem Weg und steht nun im Viertelfinale. Von Bernd Köble

Keine Scheu vor scheinbar übermächtigen Gegnern: Auf Martin Rudolph (rechts) war mit zehn Treffern wieder einmal Verlass.Foto: R
Keine Scheu vor scheinbar übermächtigen Gegnern: Auf Martin Rudolph (rechts) war mit zehn Treffern wieder einmal Verlass.Foto: Riedl

Die Walter-Jacob-Halle hat schon viele Oberligisten kommen und gehen sehen. Doch das ist lange her. Mehr als drei Jahrzehnte, als der Handball in Kirchheim noch als Premiummarke im Südwesten galt. 2017 firmiert der VfL als Bezirksligist. Um die baden-württembergische Elite zu ärgern, reicht es freilich noch immer.

Überraschungen heißen so, weil sie selten vorkommen. Der 29:20-Erfolg am Dienstagabend im HVW-Pokal gegen den TV Plochingen ist insofern keine. Nach dem Erstrundenerfolg gegen einen Württembergligisten ist es der zweite Kirchheimer Coup in Folge gegen einen Vertreter des baden-württembergischen Handball-Oberhauses. Heiningen, Söflingen und jetzt also Plochingen. Wer von den restlichen sieben Überlebenden im Viertelfinale an den Bezirksliga-Fünften aus Kirchheim denkt, schläft dieser Tage schlecht.

Die sprichwörtlich eigenen Gesetze, die hier gelten, Leichtsinn und Überheblichkeit vermeintlicher Favoriten und vielleicht die Tatsache, dass nicht jeder den Pokal als jenes Feld versteht, auf dem man allzu viel Herzblut vergießen müsste - Gründe, die als Erklärung für Unerklärliches herhalten müssen, gibt es viele. Die Wahrheit am Dienstagabend lautete: Der VfL war das bessere und cleverere Team. Und wer glaubte, bei den Blau-Weißen kämen nun Anzug und Krawatte aus dem Schrank, der hat Uwe Hamann nicht gehört, der am Dienstag Engelbert Eisenbeil als Trainer auf der Bank vertrat: „Solche Erfolge sind ein schönes Zubrot“, meint Kirchheims Abteilungschef trocken. „Einen Aufstiegsplatz in der Bezirksliga zu erreichen, ist aber das, worum es für uns geht.“ Und diese Aufgabe ist seit Dienstag nicht leichter. Neben dem Bezirksliga-Nachholspiel gegen den TV Altbach wartet auf den VfL mit dem Pokal-Viertelfinale in den nächsten Wochen nun ein zweites Wochentagsspiel außer der Reihe. Deshalb sagt Hamann: „Ich hoffe, dass uns dieses Zubrot hinten raus nicht noch weh tut.“

Ähnliche Gedanken hat auch sein Gegenüber Daniel Brack, der trotz Englischer Wochen in Liga und Pokal von einem bewussten Scheitern zwar nichts wissen will. Der einstige Bundesliga-Profi, der bis vergangene Saison noch als Spielertrainer auf dem Feld stand, übt jedoch Kritik am Verband: Der HVW-Pokal in seiner jetzigen Form habe an Attraktivität deutlich eingebüßt, meint Brack. „Das sieht man an den Ergebnissen.“ Als junger Spieler hat er andere Zeiten erlebt. Als man sich als HVW-Pokalsieger über den Einzug in den DHB-Pokal freuen durfte. „Das war etwas Großes, für das sich der Aufwand lohnte“, sagt der Sohn von Frisch-Auf-Trainer Rolf Brack. Heute erwartet die Pokalsieger in den Landesverbänden eine ermüdende Ochsentour durch zahllose Ausscheidungsspiele.

Am Dienstag schickte Brack deshalb nur eine Halbzeit lang ein BWOL-Team aufs Spielfeld, um strapazierte Kräfte fürs wichtige Duell am Wochenende gegen Lauterstein zu schonen. Nach der Pause wechselte er im Block gegen Akteure der zweiten Mannschaft, die in der Bezirksklasse auf Punktejagd gehen.

Das mag ein Argument, aber keine Entschuldigung sein, das weiß auch der Trainer, schließlich stand es bereits zur Halbzeit 12:9 aus Sicht des VfL. „Wir haben uns in der ersten Hälfte von keiner guten Seite gezeigt“, räumt der ehemalige Balinger Rückraumstratege ein. Gegen eine defensiv ausgerichtete Kirchheimer Abwehr leistete sich der Oberligist eklatante Schwächen beim Abschluss. Im gesamten Spiel lag Plochingen nur ein einziges Mal in Führung: beim 1:0 durch Sebastian Clement.

Solist im Konzert der Großen

Der VfL Kirchheim ist nach dem erneuten Pokal-Coup als einziger Bezirksvertreter im Viertelfinale des HVW-Pokals von Oberligisten und Württembergligisten umgeben. Der TV Reichenbach traf als letzter noch verbliebener Landesligist gestern Abend in Laupheim auf die Rot-Weißen der Württembergliga Süd. Die Partie war bei Redaktionsschluss noch nicht beendet. Die Paarungen für das Viertelfinale will der HVW spätestens am Montag bekannt geben.bk