Lokalsport

Wenn Meerjungfrauen über Oxer fliegen

Batman, Indianer, Engel – wer glaubt, Reiten sei ein steifer Sport, wurde gestern beim Kostümspringen auf dem Egelsberg eines Besseren belehrt.

Sommer Reitturnier 2016 - Kost?nspringen - Lena R?eck mit Rivera B
Sommer Reitturnier 2016 - Kost?nspringen - Lena R?eck mit Rivera B

Weilheim. Es ist kurz nach Mittag auf der Reitanlage am Egelsberg. Die Sonne brennt unerbittlich vom Himmel. Aus den Lautsprechern schallt „Highway to hell“ von AC/DC – angesichts der 33 Grad ein passender Titel. Die Zuschauer scharen sich um den Tribünenwagen und die Pavillons, die den einzigen Schatten bieten. Niemand möchte mit den Reiterinnen und Reitern tauschen. Denn die haben nicht nur Helm, Stiefel und Reit-Outfit an, sondern sind auch noch verkleidet, teilweise mit dicken Plüschkostümen.

Auf dem Weg zur Hölle ist ein Batman mit schwarz-rotem Umhang. Sein Pferd, angepeitscht von der lauten Musik, ist flott unterwegs, bis es vor dem vierten Hindernis eine Vollbremsung einlegt und verweigert. Wenige Zentimeter vor dem Sprung kommt es mit gesenktem Kopf zum Stillstand. Batman kann sich glücklicherweise im Sattel halten und nach einem zweiten Versuch den Umlauf beenden. Da ergeht es „Biene Maja“ besser. Zum Klassiker von Karel Gott galoppiert sie im ausgestopften Plüschkostüm mit gelben Fühlern am Helm schweißgebadet über den Platz. Synchron zur Textpassage „Maja fliegt durch ihre Welt“ setzt sie zum Sprung an und fliegt meterweit über das größte Hindernis. Kein Problem: Passenderweise heißt das Pferd „Butterfly 96“. Schmetterling und Biene beenden den Parcours fehlerfrei und landen damit auf Platz zwei in der sportlichen Prüfung. In der Kostümwertung reicht es für den dritten Platz.

Ganz oben in der Gunst der Zuschauer, die die Kostüme per App-laus bewerten müssen, stehen zwei andere Reiterinnen. Als die „Geisterbraut mit ihrem Bräutigam“ zum Hochzeitsmarsch auf den Platz reitet, gehen viele „Ahhs“ und „Ohhs“ durchs Publikum. Die Reiterin ist in ein Meer von schwarz und silbern schillernden Röcken und Tüll eingehüllt. Mit wallendem Schleier, weiß geschminktem Gesicht und schwarzen Augen – nicht von dieser Welt. Allerdings wird ihr Pferd – der Bräutigam mit Rose am Halfter – von der schmetternden Musik so angetrieben, dass es sich schon bei der Siegerehrung glaubt und an einem Hindernis hängen bleibt, erzählt die Reiterin nach ihrem Auftritt. Damit wird es in der sportlichen Wertung nichts mit einem Platz auf dem Treppchen. Dafür aber klatschen die Zuschauer sie auf den zweiten Platz in der Kostümwertung.

Siegerin im Kostümwettbewerb wird die Meerjungfrau, die sich selbst mit einer Flosse in Pink und ihr Pferd mit Fischernetz, Fischen, allerlei Tang und Algen geschmückt hat. Das aufwendigste Kostüm der Runde hat die Mama selbst entworfen und in vierstündiger Maßarbeit zusammengenäht. Dass sie Dekorateurin ist, zahlt sich aus, denn schon zum zweiten Mal hat das Gespann aus Baltmannsweiler den Kostümpreis in Weilheim abgeräumt. Letztes Jahr war es ein Safari-Outfit mit riesiger Afro-Locken-Perücke. Das Pferd war mit wasserlöslicher Farbe zur Giraffe umdekoriert.

Als letzte der 18 Teilnehmer und Teilnehmerinnen hat sich ein kleines Indianermädchen in die Herzen der Zuschauer und des Weilheimer Bürgermeisters Johannes Züfle geritten. Nicht nur die Neunjährige hatte Kriegsbemalung aufgelegt, ihr Pony war mit bunten Handabdrücken dekoriert. Als jüngste Teilnehmerin im Feld der sonst 16 bis 20-Jährigen absolvierte sie die neun Hindernisse als Schnellste fehlerfrei und gewann damit das Springen.

Egal ob Pirat, Engelchen, Dirndl-maid oder Giraffe – das Kostümspringen hat allen Spaß gemacht und bot perfekte Familienunterhaltung. Zumal manche Zuschauer nur deswegen gekommen waren. Auch deshalb soll es im nächsten Jahr wieder zur Auflockerung stattfinden, kündigte der Weilheimer Reitverein an. Dann ist wieder Kreativität gefragt. Die Reiter müssen sich nicht nur verkleiden, sondern auch einen zum Thema passenden Musiktitel aussuchen. Neben „Highway to hell“ waren das in diesem Jahr unter anderem der Grease-Klassiker „You’re the one that I want“ oder ein Remix von „Axel F.“ aus Beverly Hills Cop.

Foto: Markus Brändli