Lokalsport

„Wer gewinnt, wird Europameister“

Fußball-Klassiker Deutschland gegen Italien: Fan-Gespräch am Teckboten-Tisch

Die Spannung steigt – das EM-Viertelfinale Deutschland gegen Italien zieht alle in seinen Bann. Auch das Trainerduo Michel Forzano und Michael Schweizer.

Deutsch-italienische Vorfreude aufs heutige EM-Viertelfinale - auch zwei lokale Fußballtrainer fiebern dem Klassiker entgegen. F
Deutsch-italienische Vorfreude aufs heutige EM-Viertelfinale - auch zwei lokale Fußballtrainer fiebern dem Klassiker entgegen. Foto: Jörg Bächle

Kirchheim. Italien ist Deutschlands Angstgegner Nummer Eins – Zeit, dass sich was dreht und die schwarze Serie des Turnier-Ausscheidens im heutigen EM-Viertelfinalspiel (21 Uhr) endlich reißt. Letzteres fordert zumindest VfL-Trainer Markus Schweizer, der wie Millionen anderer Deutschland-Fans dem Fußball-Klassiker entgegenfiebert. Genau wie sein drei Jahre jüngerer Catania-Kollege Michel Forzano (27) hat er mit seiner Mannschaft den Aufstieg geschafft. Aus ebenso aktuellem wie wichtigem Anlass trafen sich die beiden Erfolgs-Coaches jetzt zum EM-Fachsimpeln am Teckboten-Tisch. Heraus kam, dass Forzano, in Kirchheim aufgewachsener Sohn des langjährigen VfB-Jugendtrainers Giuseppe „Bippo“ Forzano, laut Personalausweis zwar Deutscher, aufgrund der väterlichen Herkunft aber weiter eingefleischter Italien-Fan ist. Im Doppelinterview beziehen beide Stellung zu Fragen rund um den heutigen EM-Gipfel.

Antonio Conte oder Joachim Löw – wer ist der bessere Trainer?

Markus Schweizer: Für mich ist das Conte. Von Löw habe ich noch nie viel gehalten, und zwar wegen seiner Personalpolitik. Er beruft öfters die falschen Spieler in seinen Tageskader.

Michel Forzano: Die Frage ist schwierig zu beantworten. Das Viertelfinal-Duell wird zeigen, wer besser ist.

Conte staucht seine Spieler im Training schon mal zusammen. Löw beißt sich lieber auf die Zunge, als seine Spieler hart zu kritisieren. Was ist die bessere Vorgehensweise?

Schweizer: Jeder Trainer hat sein eigenes Stilmittel, und beide Varianten haben Vor- und Nachteile.

Forzano: Löw ist mir als Trainer zu ruhig. Conte mit seinen Gefühlsausbrüchen bewirkt bei der Mannschaft mehr. Ohnehin sollte jeder Fußballtrainer seine Emotionen meines Erachtens ausleben.

Wenn Sie Nationaltrainer wären: Würden Sie heute Abend eher eine defensiv oder eine offensiv ausgerichtete Formation ins Rennen schicken?

Schweizer: Aus deutscher Sicht gibt es keinen Grund, die Strategie zu ändern – verhalten-offensiv sollte die Gangart sein. Zunächst sollte unsere Mannschaft aber mit angezogener Handbremse spielen, denn Italiens Angreifer Pellè ist brandgefährlich. Auf den gilt es, aufzupassen.

Forzano: Conte sollte gegen die Deutschen spielen lassen genauso wie beim 2:0-Achtelfinalsieg über Spanien – mit starkem Pressing.

Bei den Italienern gibt es personelle Sorgen. Mit dem Gelb-gesperrten Thiago Motta und dem angeschlagenen Daniele de Rossi fallen eventuell gleich zwei Schlüsselspieler im zentralen Mittelfeld aus. Vorteil für Deutschland?

Schweizer: Nein. Die italienische Mannschaft zeichnet mentale Stärke und nicht die individuelle Klasse aus. So gesehen spielen zwei Ausfälle bei ihnen keine allzu große Rolle.

Forzano: Conte stellt nicht gerne um. Trotzdem können die Ausfälle gut kompensiert werden. Einen Vorteil haben die Deutschen aber nicht.

Für die DFB-Mannschaft ist Italien der Angstgegner schlechthin: Gegen die Squadra Azzurra gab es in früheren K.-o.-Spielen bei Europa- oder Weltmeisterschaften ausnahmslos Niederlagen. Bekommt die heutige Nationalspieler-Generation solche Negativ-Statistik aus dem Kopf?

Schweizer: Ich glaube nicht. Neun Spieler, die im mit 1:2 verlorenen EM-Halbfinalspiel 2012 in Warschau in der deutschen Anfangsformation standen, zählen auch heute wieder zum deutschen EM-Kader. Deshalb ist die negative Länderspielbilanz gegen Italien im Mannschafts-Umfeld stets Gesprächsstoff. Sicherlich ist die Statistik ein schlechtes Omen. Andrerseits kann sie auch bewirken, dass die Spieler noch mehr motiviert sind, die lang anhaltende schwarze Serie endlich reißen zu lassen.

Forzano: Die Italien-Bilanz ist auf alle Fälle ein Thema bei Löws Truppe – dafür sorgt schon die Presse. Solch eine Bilanz kann durchaus etwas lähmend auf die Spieler wirken, besonders dann, wenn man gegen einen Angstgegner in Rückstand gerät. Trotzdem bin ich mir sicher, dass die Deutschen beim Anpfiff heute Abend konzentriert beginnen werden.

Löw kürte beide Nationalmannschaften zuletzt zum Besten, was die EM derzeit zu bieten habe. Erleben wir also das vorweggenommene Endspiel ?

Schweizer: Wer dieses Viertelfinale gewinnt, wird neuer Europameister.

Forzano: Es ist keineswegs das vorweggenommene Endspiel. Es gibt noch die ein oder andere Mannschaft, die auf Augenhöhe ist.

Frankreich?

Schweizer: Die haben das Heimrecht und gute Einzelspieler. Insofern sind sie auch ein Kandidat.

Forzano: Frankreich wird noch stärker werden. Ich bin überzeugt davon, dass sie Island schlagen werden. Dann steht die Grande Nation im Halbfinale und spielt gegen Italien oder Deutschland.

Deutschland gegen Italien – das heißt, die jüngste Turniermannschaft trifft auf die älteste. Wer hat grundsätzlich größeres Siegerpotenzial: junge Wilde oder alte Hasen?

Schweizer: Die zitierte Altersstatistik täuscht, weil die jungen deutschen Spieler mit wenigen Ausnahmen ja keine Stammspieler sind und höchstens auf der Auswechselbank sitzen. Tatsächlich sind die Altersunterschiede zwischen den Italienern und Deutschen also nicht so groß.

Forzano: Bei großen Turnieren sind erfahrene, routinierte Spieler immer ein Vorteil. In einem Alt-gegen-jung-Duell gewinnen meistens die Älteren.

Wer hat die besseren Techniker, wer die besseren Kämpfer?

Schweizer: Deutschland hat die besseren Techniker, Italien die besseren Kämpfer.

Forzano: Das ist auch meine Meinung.

Viele Experten sagen ein Elfmeterschießen voraus. Dann heißt es Buffon gegen Neuer – das Duell des vierfachen Welttorhüters gegen den dreimaligen Welttorhüter. Welcher der beiden Stars entscheidet?

Schweizer: Manuel Neuer, weil er eindeutig explosiver ist.

Forzano: Buffon ist kein Elfmeterkiller und schon 38. Neuer würde das Elfmeterschießen wohl entscheiden.

Und wer gewinnt, falls es kein Elfmeterschießen gibt?

Schweizer: Deutschland gewinnt 2:1. Zella, das Elefantenkuh-Orakel aus der Wilhelma, hat auf Italien getippt und ist bisher immer richtig gelegen. Ich halte dagegen. Die Deutschen sind einfach dran, ihre schwarze Serie gegen Italien endlich zu brechen.

Forzano: Italien gewinnt 1:0.

Wo werden Sie das Spiel verfolgen?

Schweizer: Ich bin mit meiner Freundin bei einer Grillparty in Salach. Es gibt Würste, Steaks, Kartoffelsalat und hoffentlich einen deutschen Sieg.

Forzano: Wir schauen das Spiel im Wohnzimmer meines Bruders Roberto an, der eine riesige TV-Leinwand hat. Es wird Spaß machen.