Lokalsport
„Wir haben vier Gänge zurückgeschaltet“

Motorsport Die Pandemie hinterlässt bei den meisten der sechs Vereine rund um die Teck vor allem finanzielle Spuren, da Einnahmequellen wegbrechen. Von Helge Waider

Ob Seitenwagen oder Kart: Für Motorsportfans ist rund um die Teck viel geboten - wenn nicht gerade eine Pandemie grassiert. Foto
Ob Seitenwagen oder Kart: Für Motorsportfans ist rund um die Teck viel geboten - wenn nicht gerade eine Pandemie grassiert. Fotos: pr


Als „Fliegerstadt“ wird Kirchheim wegen der Aktivitäten auf der Hahnweide gerne und oft bezeichnet. In den 1990er Jahren als die Kicker des VfL Hochkonjunktur hatten, sorgte die Teckmetropole im Fußball für Furore. Und aktuell beherrschen die Zweitliga-Basketballer der Knights das überregionale sportliche Geschehen.

Doch auch im Motorsport hat die Teckregion einiges zu bieten. Aber wie kommen die Motorsport treibenden Vereine in der Region durch die Pandemie? Die Klubs leiden weniger unter Mitgliederschwund als unter finanziellem Druck aufgrund fehlender Einnahmequellen durch Veranstaltungen und Feste.

„Motorsport gilt heute angesichts der Klimadebatte für viele nicht mehr als zeitgemäß und die behördlichen Auflagen werden deshalb immer schwieriger zu erfüllen sein“, weiß Reinhold Hartmann, Erster Vorsitzender des AMC Bissingen. Bis in die 1990er-Jahre fungierte der Klub, der im ADAC organisiert ist, als Ausrichter für Automobil-Slaloms und für Orientierungsfahrten. Heute wären solche Veranstaltungen auf öffentlichen Parkplätzen und Straßen undenkbar. „Wir haben uns umorientiert, führen nun Verkehrsunterricht in Schulen durch und widmen uns ansonsten der Vermietung des vereinseigenen Hauses im Allgäu“, erklärt Hartmann die neuen Betätigungsfelder des Klubs. Seit März 2020 herrscht jedoch Vermietflaute, doch „die Bank“, so Reinhold Hartmann, „will natürlich weiterhin ihre Monatsraten“.

Nur noch Verkehrserziehung

Ähnlich hat sich auch der gleichermaßen im ADAC organisierte MC Lenningen mittlerweile aufgestellt. Kurt Steinhübel, Leiter der Geschäftsstelle: „Wir haben keine aktiven Motorsportler mehr und führen aufgrund der gesetzlichen Auflagen aktuell auch keine Veranstaltungen mehr durch.“ Wie die Bissinger führen auch die Lenninger nur noch Verkehrserziehung an Schulen durch und stellen Marshalls für die ADAC Rallye Württemberg Historic - wenn sie dann stattfindet. Auch die vereinseigene Kinder-Eisenbahn, die samt Personal für Veranstaltungen vermietet wird, fristet ein einsames Dasein im Lager. Einnahmen für den Verein? Fehlanzeige.

Wie auch beim OVG Bissingen: Die Oldtimerfreunde mit immerhin 90 Mitgliedern finanzieren sich neben dem Beitrag ausschließlich durch Veranstaltungen und dem damit verbundenen Wirtschaftsbetrieb. Herbert Hummel, seit 26 Jahren OVG-Vorsitzender: „Wir leben seit 2019 nur noch vom Ersparten.“ Austritte verzeichnen die Bissinger bislang noch nicht. „Ich habe die Befürchtung, dass sich das Interesse am Klub irgendwann verlieren wird“, zeichnet Hummel ein düsteres Bild vor.

Glück im Unglück für den MCKT

Wohl dem, der über ein eigenes Trainings- und Wettbewerbsgelände verfügt - wie der rund 260 Mitglieder starke Motorsportclub Kirchheim Teck, kurz MCKT. „Unsere 60 aktiven Sportler können überwiegend trainieren“, weiß der Vorsitzende Bernhard Luz. Nachdem es 2020 keine Wettbewerbe in Lindorf gegeben hatte, sieht es auch heuer nicht gut aus. „Wir haben einen Jahresplan mit Veranstaltungen erstellt, müssen aber kurzfristig entscheiden, was überhaupt durchführbar ist“, so Bernhard Luz, der sich freut, bislang wenigstens keine Vereinsaustritte hinnehmen zu müssen.

Gleich doppelt hat es den HMV aus Hepsisau, dessen Sportler auch um Deutsche Meisterschaften fahren, erwischt. Zunächst war wegen der Bahn-Neubaustrecke fast vier Jahre lang bis Anfang 2020 keine Zufahrt zum Trainingsgelände und die Nutzung des Fahrerlagers am Galgenrain möglich. Dann kam die Pandemie, und die Nutzung der Übungsstrecke war nur noch unter Auflagen machbar. Aktuell wartet der Vorsitzende Harald Hummel, der aufgrund der Unwägbarkeiten auch einige Vereins- austritte zu verzeichnen hatte, händeringend auf die Genehmigung des Landratsamts für das Trainingsgelände: „Die Bahn AG muss hier mit dem Landratsamt in Kontakt treten - und das dauert halt“, ärgert sich der Vorsitzende.

Ob Seitenwagen oder Kart: Für Motorsportfans ist rund um die Teck viel geboten - wenn gerade keine Pandemie grassiert. Foto: pr
Ob Seitenwagen oder Kart: Für Motorsportfans ist rund um die Teck viel geboten - wenn gerade keine Pandemie grassiert. Foto: pr

Die Monkeycrosser des RKV Kirchheim waren jahrelang das Aushängeschild der Region, holten Deutsche Meistertitel fast am Fließband - bis den teilweise hoch dekorierten RKV-Fahrern das Trainings- und Wettbewerbsgelände in den Rabailen am Kompostwerk gestrichen wurde. Bis heute verlief die Suche nach einem neuen Übungsareal erfolglos, und die Kirchheimer schlüpften zum Training stundenweise bei den Hepsisauer Kollegen auf deren Übungsstrecke zwischen Jesingen und Weilheim unter.

Über 180 Mitglieder und davon rund 25 aktive Sportler, die quasi heimatlos sind - kein leichtes Amt für Abteilungsleiter Sören Schäfer: „Wir haben vier Gänge zurückgeschaltet und warten in Ruhe ab, bis die Betriebsgenehmigung für den HMV vorliegt.“ Und Schäfer hat noch Hoffnung für das im September geplante Rennen in Jesingen: „Ich sehe zwar keinen Lauf zur Deutschen Meis- terschaft, aber immerhin ein paar Rennen vor auf Abstand stehenden Zuschauern“ - und die sollten auch ordentlich konsumieren, damit der Motorsport in der Teckregion eine Zukunft hat.