Lokalsport

Zähne zeigen ohne Fouls

Die Knights gehen mit einem ernsten Handicap ins Spiel gegen Heidelberg

Die erste Rückkehr von Frenkie Ignjatovic an seine alte Arbeitsstätte wurde im März zum Triumphzug gegen eine dezimierte Kirchheimer Mannschaft. Morgen Abend sind die Academics aus Heidelberg wieder Gegner in der Sporthalle Stadtmitte. Und wieder sind die Voraussetzungen für einen Kirchheimer Erfolg ausgesprochen schlecht.

Keine guten Erinnerungen: Jordan Wild (mit Ball) im letzten Heimspiel im März gegen geballte Heidelberger Übermacht. Die Academi
Keine guten Erinnerungen: Jordan Wild (mit Ball) im letzten Heimspiel im März gegen geballte Heidelberger Übermacht. Die Academics gewannen das Spiel nach einer Gala mit 97:76.Foto: Markus Brändli

Kirchheim. Am Ende ging es nur noch darum, den Schaden in Grenzen zu halten. Ohne Center Enosch Wolf und mit einem bis zuvor lange verletzten Bryan Smithson standen die Knights am 28. März im letzten Saison-Heimspiel gegen Heidelberg auf verlorenem Posten. Als nach einer knappen Viertelstunde auch noch Ben Beran verletzt vom Feld musste, brachen gegen Austin, Tinsley und Eggleston in der Schlussphase alle Dämme. 76:97 lautete der Endstand.

Eine Scharte, die jeder Sportler gerne glätten würde. Fragt sich nur, wie? Der morgige Gegner hat turbulente Zeiten hinter sich. Alle vier Amerikaner verletzt, keinen Spielrhythmus, trotzdem drei Siege aus den ersten vier Spielen. Frenkie Ignjatovic und sein Team haben das Beste draus gemacht. Nach zwei unglücklichen Niederlagen gegen die Topteams aus Nürnberg und Jena werden die Academics morgen erstmals in Bestbesetzung auflaufen können.

Shooting Guard Aaron Thomas bestreitet morgen sein drittes Saisonspiel nach einem Sehnenabriss im Oberschenkel. Mit 16,5 Punkten und 5,5 Rebounds in den vergangenen beiden Partien lässt der Amerikaner erahnen, was geht, wenn er erst einmal vollständig fit ist. Wozu Bryan Smithson an guten Tagen imstande ist, braucht man in Kirchheim ohnehin keinem zu erklären. Kirchheims Ex-Spielmacher ist nach Meniskusproblemen auf dem Weg zurück zu alter Stärke, und auch Center Trent Wiedemann, mit 115 Kilo ein echtes Schwergewicht, hat seinen Bänderriss im Sprunggelenk auskuriert. Und dann ist da noch Ex-Nationalspieler Johannes Lischka, der seine Tumorerkrankung im vorigen Jahr überwunden hat und zurzeit als zweitbester Rebounder der Liga gelistet ist. „Unsere Physio-Abteilung hat ganze Arbeit geleistet“, freut sich Frenkie Ignjatovic, dass in der Mannschaft endlich ein Stück Normalität einkehrt. „Uns fehlen noch zwei bis drei Wochen“, sagt Heidelbergs Coach, der am Mittwoch deshalb noch kurzfristig ein Testspiel gegen das Regionalligateam aus Karlsruhe ansetzte.

Kirchheim braucht sich nicht zu verstecken. Zumindest im Fernduell der beiden Spielmacher liegen die Teckstädter klar vorn. Erfolgreichster Vorbereiter, drittbester Scorer – gegen Richie Wiliams sieht auch ein wieder genesener Bryan Smithson schlecht aus. Mit Jordan Wild, Dennis Tinnon und Keith Rendleman verfügen die Knights zudem über geballte Kraft und Athletik unterm Korb. „Ich sehe nicht, weshalb wir Favorit sein sollen“, sagt deshalb Frenkie Ignjatovic. „Kirchheim liegt in allen relevanten Statistiken vorn.“

Wozu also die ganze Sorge? Das Kirchheimer Problem ließe sich am einfachsten so beschreiben: Zu viele starke Amerikaner – zu wenig gesunde Deutsche. Die Regel, wonach durchgängig zwei Inländer auf dem Parkett zu stehen haben, wird nach den Verletzungen von Andreas Kronhardt und Dennis Nawrocki zum ernsten Problem. Beide werden wohl noch mindestens zwei Wochen fehlen. Für Joos, Koch und Bekteshi heißt das: Sie sollten frühe Foulprobleme morgen tunlichst vermeiden.

„Wir werden unsere Defensivtaktik der Situation anpassen müssen“, sagt Knights-Coach Michael Mai. Das könnte bedeuten, mehr Zonen-Verteidigung statt der bisher recht erfolgreichen Press-Deckung. Für Mai kein Problem: „Wir sollten in der Lage sein, einen Gegner auf jede Weise zu schlagen.“ Nach der unnötigen Niederlage in Essen wächst dennoch der Druck, denn am Wochenende nach dem Heidelberg-Spiel erwartet die Knights ein Doppel-Spieltag mit zwei Auswärtspartien in Leverkusen und in Köln. Einen Lichtblick gibt es: Center Andreas Kronhardt wird nach seiner Schädelfraktur kommenden Donnerstag wieder ins Training einsteigen. Dass er am Doppel-Spieltag zum Einsatz kommen könnte, schließt Knights-Geschäftsführer Christoph Schmidt „zu 99 Prozent aus“. Dafür wird Tim Burnette nach überstandener Wadenverletzung im Rheinland wohl wieder dabei sein.

„Kontinuität ist alles“

Mit Kirchheim hat es nicht geklappt. Erfüllt sich Frenkie Ignjatovic in Heidelberg seinen Traum von der ersten Liga?

Ignjatovic: Das wird immer mein großes Ziel bleiben. Wir haben dieses Jahr das Team komplett gewechselt. Die Mannschaft hat viel Talent und Potenzial, muss aber erst zusammenfinden. Angesichts des turbulenten Saisonstarts mit zahlreichen Verletzten muss ich zufrieden sein, wie es bisher lief. Wir haben vor allem viele deutsche Spieler, die momentan große Fortschritte machen. Unser Ziel in diesem Jahr ist es, wieder die Play-offs zu erreichen. Mit einer eingespielten Mannschaft im nächsten Jahr um den Aufstieg mitspielen, das wäre mein großer Wunsch. Kontinuität ist alles. Das ist das, was man braucht, um Erfolg zu haben.

Und womöglich eine neue Halle?

Ignjatovic: Ja, das ist ein wichtiges Thema. Es sieht gut aus momentan, soweit ich das beurteilen kann. Es ist wohl nicht mehr die Frage ob, sondern nur noch wann gebaut wird. Als möglicher Einweihungstermin steht 2018 im Raum.

Was die Zuschauerzahlen betrifft, ist in Heidelberg viel Luft nach oben. Zuletzt waren es 600 im Schnitt.

Ignjatovic: Das stimmt leider. Ich kann nicht sagen, warum das momentan so ist, obwohl wir guten und auch erfolgreichen Sport bieten. Meine Zuversicht und auch die der Leute im Verein ist jedoch groß, dass wir mit der neuen Halle, die viel zentraler liegen wird, mehr Menschen in der Stadt erreichen. Heidelberg ist ein Traditionsstandort, der Verein hat erstklassig schon viele Erfolge gefeiert. Wenn wir dahin noch einmal zurückkönnten, wäre das etwas Besonderes für diese schöne Stadt. Ich hätte diese Erfahrung schon mit Kirchheim gerne gemacht. Wenn mir daheim diese Silbermedaille von 2012 in die Finger gerät, kommt noch immer Wehmut auf. Wer weiß, vielleicht ist es ja mein Schicksal, immer nur zu hoffen.