Esslingen. 35 Jahre lang hat Professor Günther Wirth den Landkreis Esslingen in allen Fragen rund um die Kunst beraten. Er hat Ausstellungen konzipiert und Vernissagen eröffnet. Und er hat die Stipendiaten mit ausgewählt. Zum Abschied des 87-jährigen Kurators und Kritikers trafen sich am Sonntag im Landratsamt Esslingen viele seiner Weggefährten zu einem Künstlerfest.
Auf Günther Wirth gehen auch die Stipendien zurück, die der Kreis Künstlern im Dettinger Park in Plochingen gewährt. Dort drei Jahre schaffen zu können, dankten viele ehemalige Ateliersstipendiaten mit ihrem Besuch und einem speziellen Werk. Von den Ausstellungen, die der Kunstprofessor initiierte, hatte der Große Albgang die größte Breitenwirkung. 100 000 Menschen spazierten auf dem Skulpturenpfad bei Schopfloch.
„Kunst war für Günther Wirth existenziell, das Leben selbst“, charakterisierte Petra von Olschowski, Rektorin der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste Stuttgart, den Ehrensenator der Akademie. Neben Hunderten von Reden und Kritiken, so erinnerte Olschowski, hat Günther Wirth zwei Standardwerke geschrieben: „Kunst im deutschen Südwesten“ und „Verbotene Kunst“. Mit der „kraftvollen Direktheit seiner Sprache“ sei er stets nah an den Künstlern gewesen, gleichzeitig distanziert genug, um die Werke zu bewerten, machte die Laudatorin deutlich. Berührungsängste mit Bankern und Politikern habe er nie gehabt, sondern habe sie in die Ateliers geführt und ihnen die Kunst eröffnet.
Den Dienst für die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen hat Günther Wirth übrigens noch nicht quittiert. Er wird bald eine Ausstellung eröffnen und weiterhin Jurymitglied der KSK bleiben. Der Landkreis wird künftig von Nikolai B. Forstbauer beraten, der Kulturchef bei den Stuttgarter Nachrichten ist.
Hildegard Ruoff und Max Schmitz beschrieben, wie sich Günther Wirth um die Künstler gekümmert hat. Gleich bei der ersten Begegnung mit ihrem Mann Fritz Ruoff im Jahr 1958 habe er zwei Bilder mitgenommen, eine „große Ermutigung“ in dieser Zeit.
Im Gegensatz zu Kunstdirektoren und andern Offiziellen habe sich Wirth immer für die Künstler eingesetzt, sagte Schmitz und überreichte dem „großen Kurator des Südwestens“ seine Plastik „Der Koordinator“. Auch beim anschließenden Mittagessen war für die Künstler und andere Gäste richtig gut gesorgt: Statt Häppchen gab es Gaisburger Marsch, so wie es sich eben für einen gehört, der in Cannstatt aufgewachsen ist und in der Kunstszene nicht abgehoben hat.