Zwei Studentinnen erzählen, woran sie merken, dass sie langsam erwachsen werden
Mama, bring‘ mir Tee!

Zwei Studentinnen erzählen, woran sie merken, dass sie langsam erwachsen werden.

Hust, schnief, schwitz – ja, krank sein ist schrecklich. Der ausgetrocknete Körper sehnt sich nach einer Tasse Tee, der Hustensaft liegt viel zu weit weg und der Zwieback befindet sich im Supermarkt am anderen Ende der Stadt. „Aber das macht ja nichts. Mama wird sicher gleich die Tür öffnen und nach dem Rechten sehen“, denke ich. Von wegen. Besonders in so einer Situation wird mir immer klar, dass ich wohl schlagartig erwachsen geworden bin. Statt einer fürsorglichen Mutter sind da rücksichtslose Mitbewohner, die wahrscheinlich erst Tage später bemerken, dass ich krank bin. Quarkwickel, Globuli und Zwiebelhustensaft? Fehlanzeige. Ich besitze nicht mal mehr ein Fieberthermometer. Um Tee, Zwieback und Medikamente zu holen, muss ich mich mühsam aus dem Bett schälen und bei Wind und Wetter in Apotheken und Einkaufsläden rennen. Außerdem zwingt mich keiner mehr dazu, die eklige, aber leider wirksame Medizin, regelmäßig einzunehmen. Das alles muss ich jetzt alleine machen. Selbst Verantwortung für den eigenen Genesungsprozess übernehmen, für sich selbst sorgen. So schön das Erwachsensein auch sein kann, spätestens in diesen Momenten wünsche ich mir manchmal meine Kindheit zurück.Ronja Most, 21 Jahre

Die Zeiten, in denen wir vor der Bastion im Park saßen und Trampolin hüpften, weil wir nirgends reinkamen, sind vorbei. Endlich über achtzehn! Ich komme ohne Probleme am Türsteher vorbei. Keiner will meine Eltern anrufen, damit sie mich abholen kommen. Bevor ich achtzehn wurde, habe ich mich viele Jahre lang auf diese Freiheiten gefreut. Jetzt frage ich mich: warum eigentlich? Die Clubs sind voll und laut, die Leute verschwitzt und im Verhältnis zu ihrem Body-Mass-Index viel zu leicht bekleidet. Die Musik meiner Lieblingsbands wird vom DJ so schlecht gemixt, dass mir die Ohren bluten, und die Getränke sind zur einen Hälfte Wasser und zur anderen Hälfte überteuert. Ganz plötzlich frage ich mich, warum ich all die Jahre so scharf darauf war, hier zu sein. All diese Orte, an die ich als Minderjährige unbedingt wollte, haben einfach ihren Reiz verloren. Stattdessen gehe ich mit meinen Freunden grillen oder ins Kino, veranstalte Raclette-Abende und „Herr der Ringe“-Marathons bei mir zu Hause. An meinem dritten Jahrestag mit meinem Freund sitze ich im Restaurant und höre mich selbst sagen „Wie schnell doch die Zeit vergeht“. Spätestens jetzt fange ich an, mich ernsthaft an meine Mutter zu erinnern. Das wird nur noch schlimmer, als ich eben diese das erste Mal anrufe, um sie nach ihrem Rezept für Semmelknödel zu fragen. Ich führe meinen eigenen Haushalt, wasche meine Wäsche selbst und nähe meinem Patenkind ein Mobile zur Taufe. Werde ich etwa schon nach zwei Jahrzehnten meines Lebens zum Hausmütterchen, zum Stubenhocker? Immer wieder frage ich mich, ob ich in meinem Alter nicht von einer Party zur nächsten hüpfen sollte. Wenn ich dann aber bei einem selbst gemachten Weihnachtsessen mit meinen Freunden zusammensitze oder gemütlich am Lagerfeuer Oldies trällere, statt mich verkatert im Bett zu wälzen, dann muss ich mir doch eingestehen, dass es mir eigentlich ganz gut gefällt, ein bisschen „alt“ zu werden.Vanessa Frenz, 20 Jahre