Fotografin Daniela Wolf ist seit 2012 Atelierstipendiatin des Landkreises Esslingen
„Man hat Platz zum Denken“

Plochingen. Mit einem gut gelaunten „Willkommen im Paradies“ öffnet Daniela Wolf die Türen ihres Stipendiatenateliers im Kulturpark Dettinger in Plochingen. In dem 60 Quadratmeter großen Dachboden mit weiß gestrichenen Wänden und Dachbalken stapeln sich die Kunstwerke der Fotografin.

Gleich am Eingang zieren verschiedene Fotos einer Frau in unterschiedlicher Aufmachung die komplette linke Wand. Sie zeigen die Hausmeisterin der Villa Merkel in Esslingen, die eine Passion für Kleidung hat. „Ich musste sie ewig überreden, damit ich dieses Fotoshooting mit ihr machen durfte“, erzählt Daniela Wolf. Die Idee zu dieser Arbeit wuchs in ihr, seit sie von der geheimen Leidenschaft ihrer Bekannten erfahren hatte.

Immer bleibt die gebürtige Berlinerin bei ihrer Arbeit nah am Menschen und am täglichen Leben. Sie macht jede Arbeit auch zu einem Projekt für sich und ihre persönliche Entwicklung. Als sie ihr Stipendium in Paris begann, stellte sie sich selbst eine Aufgabe, um mit der Sprache und den Menschen in Berührung zu kommen. Die Aufgabe bestand darin, Familien auf der Straße anzusprechen, mit ihnen in Kontakt zu kommen und am Ende des Gesprächs eine Einladung in ihr Heim zu bekommen, um sie dort auf ihren Sofas zu fotografieren. Und das alles, ohne ein Wort französisch zu können.

„Ich weiß nicht, wie viele Hundert Familien ich angesprochen habe“, erzählt Daniela Wolf. Am Ende bekam sie 28 Einladungen. Jetzt reihen sich sehr persönliche und individuelle Familienfotos in ihrem Atelier. Keins ist wie das andere, und jedes erinnert an eine Erfahrung. „Meine Projekte haben immer was mit mir zu tun“, erklärt die Künstlerin, „es geht mir um Kommunikation.“ Aus diesem Grund liebt Daniela Wolf alle ihre Arbeiten und könnte sich beim besten Willen nicht für ein Lieblingswerk entscheiden.

Die Fotografin lebt und arbeitet seit elf Jahren in Stuttgart. So weit weg von der Heimat Berlin trieb sie 2001 der Zufall: Als die Entscheidung auf das Studium der Kunst fiel, war es schon Ende Mai, die Anmeldefristen fast alle schon abgelaufen. Aber die Staatliche Akademie der Bildenden Künste Stuttgart war noch bis zum ersten Juni offen für Bewerbungen.

So begann Daniela Wolf ihr Studium im Schwabenländle. Sie sieht in Stuttgart und Umgebung eine gute Basis für Künstler:„Ich finde die Gegend toll, und sie wird jedes Jahr schöner. Außerdem habe ich tolle Leute kennengelernt“, erzählt sie.

Das sei einer der besten Aspekte ihres Landkreis-Stipendiums: „Ich bin jetzt stärker vernetzt in der Region.“ Seit 2006 arbeitet Daniela Wolf in der Villa Merkel, der Galerie der Stadt Esslingen. Auch hier kommt sie mit vielen Künstlern in Kontakt.

„Die bildende Kunst ist das Hauptthema in meinem Dasein“, erklärt sie. Auch wenn sie nicht den ganzen Tag nur in ihrem Atelier selbst Kunst produziere, umgebe sie sich in allen Teilen ihres Lebens damit. Zusätzlich arbeitet sie mit der Landesbühne Esslingen zusammen, gestaltet für deren Jugendstücke Plakate und Karten.

In ihrem Lebenslauf kann die Stipendiatin schon einige Erfolge verbuchen. Ein Auslandsstipendium in der Universidad Compultense, Facultad de Bellas Artes in Madrid und eines für die Cité Internationale des Arts in Paris konnte sie ergattern. Dazu kommen mehrere Preise.

Bis zu ihrem Stipendium hatte die Fotografin ihre Ateliers oft wechseln müssen. Sie teilte sich Räumlichkeiten mit anderen Künstlern oder musste immer wieder nach kurzer Zeit ihre Zelte abbrechen. Das Atelierstipendium machte dem ein Ende. Es halte den Begünstigten den Rücken frei, nehme Druck von ihren Schultern. Für Daniela Wolf bedeutet das Gratis-Atelier vor allem, einen Rückzugsort zu haben, und dort Platz und Freiraum zum Arbeiten und Denken.

„Es ist toll, sich beim Denken bewegen zu können“, sagt die Künstlerin. Günstige Ateliers seien sehr schwer zu finden. „Besonders nachts ist es ganz toll hier“, schwärmt die Stipendiatin, die sich selbst als „Nachtarbeiter“ bezeichnet. „Es herrscht absolute Ruhe. Und niemand ist da. Nur ich.“