Antje Dörr
Kirchheim. Am Morgen danach ist auf den ersten Blick alles wie immer. Vor den Bekleidungsgeschäften in der unteren Max-Eyth-Straße durchforsten Kunden Kleiderständer nach Schnäppchen. Im tipico-Wettbüro haben es sich Männer in Sesseln bequem gemacht und verfolgen Sportergebnisse auf großen Bildschirmen.
Nichts deutet darauf hin, dass sich hier am Sonntagabend Szenen wie im Film abgespielt haben. Es ist 21.20 Uhr. Das Wettbüro ist gut besucht wie an jedem Sonntag, es läuft das Afrika-Cup-Finale, Ghana gegen Elfenbeinküste. Plötzlich stürmen zwei Männer durch die Tür, die Gesichter mit Masken verhüllt. Einer hat eine Waffe in der Hand. „Alle auf den Boden“, brüllen sie. „Ich habe das erst mal gar nicht kapiert und bin stehen geblieben. Ich dachte, das ist irgendeine Show“, sagt ein Kunde, der den Überfall erlebt hat und am Tag darauf im Wettbüro vorbeischaut. Als der eine Täter ihm die Waffe an den Kopf hält, legt auch er sich zu den anderen. Während ein Täter an der Tür Schmiere steht und Kunden und Angestellte mit der Waffe bedroht, springt der andere über den Tresen und schnappt sich die Kasse, in der sich ein paar Hundert Euro befinden. Dann flüchten beide. Keine fünf Minuten hat der Spuk gedauert. Um 21.30 Uhr alarmiert der Kunde die Polizei.
Mehrere Streifen und ein Polizeihubschrauber machen sich sofort auf die Suche nach den beiden Räubern – ohne Erfolg. Rettungskräfte des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) versorgen Kunden und Angestellte. Am Montagmorgen sichern Experten der Kriminalpolizei die Spuren. Die Kriminalpolizei nimmt Ermittlungen auf.
Kunden und Angestellte scheinen am Tag danach noch nicht recht glauben zu können, was ihnen da passiert ist. Einen solchen bewaffneten Raubüberfall habe es in einer ihrer Filialen noch nie gegeben, sagt die Büroleiterin. „Einbrüche kommen häufiger vor“, sagt sie. Aber meistens kämen die Täter nachts.
Die junge Angestellte, die zum Zeitpunkt des Überfalls als einzige Angestellte im Sportwettbüro war, sagt, sie stehe immer noch unter Schock. Die Büroleiterin, der Kunde und die Angestellte spekulieren darüber, wer die Räuber gewesen sein könnten. Dass es jemand war, der das Sportwettbüro schon einmal von innen gesehen hat, steht für die Büroleiterin fest. „Ich glaube aber nicht, dass es ein Stammkunde war. Sonst hätte er gewusst, dass die Kassen bei uns vor 19 Uhr geleert werden“, sagt sie. Laut der Angestellten waren zum Zeitpunkt des Raubüberfalls „nicht einmal 1 000 Euro“ in der Kasse.
Huseyin und Mediha Isik, die die Spielhalle gegenüber betreiben, haben den Überfall nicht selbst beobachtet. Angst, dass sie selbst zur Zielscheibe von Räubern werden könnten, haben sie nicht. „Wir sind hier gut gesichert, mit Alarmknopf und Videoaufzeichnung“, sagt Huseyin Isik. Allerdings ist in ihr Bistro 93, das sie seit einem Monat in Jesingen betreiben, am 18. Januar in den frühen Morgenstunden eingebrochen worden. „Ich habe das Gefühl, dass es immer mehr wird mit den Einbrüchen“, sagt Isik.