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Mehr S-Bahn ist kaum realisierbar

Verkehr Alle Viertelstunde mit der S-Bahn von Kirchheim nach Wendlingen und weiter nach Stuttgart – das wäre prima, vor allem auch für die Menschen aus dem Lenninger Tal. Der Engpass ist in Wendlingen. Von Sylvia Gierlichs

Mit der S-Bahn zur Arbeit, statt mit dem Auto, das wäre angesichts der Herausforderungen der Klimaveränderungen und den unsäglichen Staus auf den Straßen rund um Stutt­gart eine feine Sache. Je öfter die S-Bahn fährt, desto attraktiver ist der Umstieg vom Auto. Ein Viertelstundentakt soll deshalb bis 2025 umgesetzt werden, allerdings nur bis Wendlingen. Die letzten Kilometer bis nach Kirchheim bleibt der Halbstundentakt bestehen. Das hat vor allem damit zu tun, dass in Wendlingen die S-Bahn mitten durch die Stadt kurvt. Dabei passiert sie vier Bahnübergänge, an denen sich jedesmal der Verkehr für zwei, manchmal auch drei Minuten aufstaut. Das ist für die Autofahrer lästig, für die Anwohner kann es zur Belastung werden.

Die Idee mit dem Viertelstundentakt auch in Richtung Kirchheim hatten Andreas Schwarz und Matthias Gastel, Landtags- und Bundestagsabgeordnete der Grünen, im Januar in einem Pressegespräch ins Spiel gebracht. Vielleicht, so ihre Überlegung, gibt es eine technische Möglichkeit, die Schließzeiten an den Wendlinger Bahnübergängen zu verkürzen? Auch bauliche Optionen flossen in die Ideensammlung ein. Doch bei einer Sitzung des Verkehrsausschusses erteilte Stefan Tritschler vom Verkehrswissenschaftlichen Institut der Uni Stuttgart den baulichen Erweiterungen eine Absage: Innerhalb Wendlingens fehlt schlicht der Platz für ein zweites Gleis, das eine Taktverdichtung möglich machen würde.

Von doppelt so vielen Zügen auf der einspurigen Strecke will aber die Stadt Wendlingen nichts wissen. Die Belastungen für die Anwohner und Autofahrer seien zu hoch, lautet das Argument. Doch ließen sich eventuell die Schließzeiten der Schranken optimieren? Und sich damit der Takt erhöhen? Das wollten sich Andreas Schwarz und Matthias Gastel von den Fachleuten der Deutschen Bahn erläutern lassen. Torsten Krenz, Bevollmächtigter der DB für Baden-Württemberg, arrangierte einen Vor-Ort-Termin am Wendlinger Bahnhof. Michael Müller, für den reibungslosen Zugverkehr zwischen Plochingen und Ötlingen zuständig, lud zunächst in die Leitstelle am Bahnhof ein und erklärte, wie die Rädchen zwischen Zug und Schrankentechnik ineinander greifen.

Die Erkenntnisse waren ein wenig ernüchternd, denn die bisherigen Schließzeiten der Schranken sind schon sehr eng getaktet. Die Standzeiten der S-Bahn im Wendlinger Bahnhof können ebenfalls nicht verkürzt werden, denn die 45 Sekunden, die der Zug aus Plochingen steht, nachdem die Schranken am Bahnübergang heruntergelassen wurden, sind aus Sicherheitsaspekten notwendig. Eine Optimierung sei kaum möglich.

Und wie sieht es aus, wenn die digitale Bahntechnik ETCS in ein paar Jahren zum Einsatz kommt? Auch dann sieht Michael Müller wenig Chancen für eine Taktverdichtung. Auf der Strecke Tübingen-Stuttgart sind zunächst ab 2022 zusätzlich zu den Regionalzügen halbstündig auch noch die ICE aus und nach Ulm unterwegs. Der Grund: Die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm soll früher in Betrieb gehen, als der neue Stuttgarter Bahnhof mitsamt der Zulaufstrecke, die über den Flughafen geführt wird.

Bliebe noch die Südumfahrung. Die allerdings hat der Verband Region Stuttgart vor etwa eineinhalb Jahren auf eine ziemlich lange Bank geschoben. Sie im Umfeld der Neubaustrecke zu bauen, ist technisch anspruchsvoll und damit teuer. Auch hier müsste ein Tunnel gebaut werden, ebenfalls ein erheblicher Kostenfaktor. „Ich werde das Thema Südumgehung dennoch nochmal auf die politische Agenda heben“, signalisierte Andreas Schwarz, Chef der Grünen-Fraktion im Stuttgarter Landtag.