Wendlingen. Nicht erst seit die Stadt Wendlingen angekündigt hat, dass sie bei der Energiewende eine aktivere Rolle einnehmen will, ist der Fischerverein besorgt. Ist doch dabei auch die Wasserkraft an der Lauter ins Visier genommen worden. Schon vor mehr als zwei Jahren hat der Verein nach Aufforderung der Stadt eindeutig Stellung zu einer privat geplanten Wasserkraftanlage am Sportplatzwehr bezogen und auf die negativen ökologischen Folgen für Gewässer und Fische hingewiesen. Wie man weiß, ist damals nichts daraus geworden. Der Grund: Die Stadt Wendlingen und der Gemeinderat waren zu dem Schluss gekommen, dass nur die Stadt in Eigenregie eine Wasserkraftanlage betreiben könne. Daran hat sich bis heute nichts geändert.
Mit Nachbarkommunen hat die Stadt Wendlingen eine sogenannte „Potenzialanalyse für erneuerbare Energie“ in Auftrag gegeben. Zwar sind die Ergebnisse noch nicht bekannt, aber wie man schon beim Neujahrsempfang gehört hat, soll dabei auch die Wasserkraft geprüft werden. Die Stadt hat jedenfalls Kontakt mit Fachbüros aufgenommen, um die Nutzung der Wasserkraft zu klären.
Günter Richter, seines Zeichens Vorsitzender des Fischervereins Wendlingen, kann seine Besorgnis nicht verleugnen. Der Beitrag der sogenannten „kleinen Wasserkraft“, also Anlagen mit weniger als einem Megawatt Leistung, sei verschwindend klein. Die mehr als 1 700 Kleinanlagen in Baden-Württemberg deckten gerade mal 0,5 Prozent des jährlichen Stromverbrauchs im Land (2010). Trotzdem rentiert sich die Investition für Kraftwerksbetreiber, weil sie über das EEG (Erneuerbare-Energien-Gesetz) subventioniert werden. Der monetäre Anreiz ist also hoch. Den Preis zahlt der Stromverbraucher.
Günter Richter zählt dagegen negative Folgen auf: Da sind zum einen die Fische. Sie verenden in den Turbinen und Rechenanlagen, wenn kein funktionierender Fischauf- und -abstieg gebaut wird. Das Drama findet unter Wasser statt: Fische schreien nicht, sie sterben lautlos, macht Günter Richter deutlich.
Um eine Leistung von mindestens 337 000 Kilowatt pro Jahr zu erbringen, müsse zum anderen das Wasser vor dem Wehr am Sportplatz um circa 1,20 Meter aufgestaut werden, mit einer Staulänge von 270 Metern. Das verändere nicht nur die Struktur des Gewässers, sondern auch die Strömungsverhältnisse. Aus einem fließenden wird ein stehendes Gewässer. Dadurch sieht Richter nicht nur die Laichhabitate in Gefahr, sondern neben der Selbstreinigung des Gewässers gingen auch standorttypische Lebensgemeinschaften wie Forellen und Kleinstlebewesen verloren.
Dies widerspricht laut Richter aber der Europäischen Wasserrahmenrichtlinie, die besagt, dass der ökologische Zustand von Gewässern sowie der Fischbestand erhalten und verbessert werden müssen. „Jede Wasserkraftnutzung verändert die Wasserchemie sowie die Struktur und Dynamik des Bach- und Flussbetts“, so Richter. Eine Stauhaltung führt zur Verschlammung und damit häufig zur Faulgasbildung, was die CO2-Bilanz noch weiter ins krasse Gegenteil verkehrt.
Nach Richters Ansicht ist der Bau eines Kraftwerks an der Lauter kontraproduktiv zu den jüngsten ökologischen Anstrengungen. Gerade wird das Wehr in Bodelshofen mit vielen Geldern zurückgebaut, sagt er. Das passe nicht zusammen. Die gewonnene Energiemenge stehe in keinem Verhältnis zum Schaden am Ökosystem Lauter, sagt Richter, und: „Mit dem Energieeinspeisungsgesetz und der erweiterten Förderung von Kleinwasserkraftanlagen ist ein falsches Signal gesetzt worden. Kleinkraftwerke leisten einen minimalen Beitrag zur Deckung des Energiebedarfs bei maximaler Schädigung unserer Bäche bis hinauf zu den Quellen.“