Weilheim. Die Familie Hartmann und die Zähringer Stuben in Weilheim sind seit vielen Jahren unzertrennlich miteinander verbunden. Dabei sah es am Anfang eigentlich
nicht nach der großen Liebe aus. „Es wurde damals ein Alleinkoch für den Hallenbetrieb bis zu 500 Personen gesucht. Da dachte ich zuerst: Das ist nicht mein Ding“, erinnert sich Harry Hartmann. Da Weilheim aber im Einzugsgebiet des Schlierbachers und seiner Familie lag, beschloss er, sich das Ganze trotzdem mal näher anzusehen.
Der damalige Pächter der Gaststätte an der Limburghalle war in größter Not und auf der Suche nach einem Koch. Der 25 Jahre alte Harry Hartmann wollte ihn nicht im Stich lassen und sagte seine Hilfe für eine Dauer von vier Monaten zu. Doch schnell sollte sich herausstellen: Trotz der vielen Arbeit und des stressigen Alltags fühlte er sich sehr wohl in Weilheim. „Deshalb wurden aus den vier Monaten heute 20 Jahre“, sagt er grinsend.
Harry Hartmann ist ein aufgeschlossener, sympathischer Mensch. Er ist dünn und schlaksig und entspricht deshalb so gar nicht der gängigen Vorstellung von einem Koch, den man gemeinhin als wohlgenährt im Kopf hat. Doch der 46-Jährige ist der Beweis dafür, dass solche landläufigen Meinungen nicht immer zutreffen. Seine Küche steht für Traditionelles, aber auch für gehobene Gastronomie. Und er selbst isst leidenschaftlich gerne – vor allem Süßspeisen wie „einen schönen Kaiserschmarrn oder Grießbrei mit brauner Butter“. Da gerät der Koch, der am Tag auch mal ohne Weiteres eine Tafel Schokolade vertilgen kann, ins Schwärmen.
Für die Serie „Kochkunst rund um die Teck“ hat sich der Schlierbacher aber für ein anderes Gericht entschieden: Er kocht Pfifferlingsrostbraten auf grünen Bohnen mit gebratenen Kartoffeln. Dieses Essen passe hervorragend zum Sommer, weil Pfifferlinge und Bohnen „gerade aktuell sind“. Wer sich auskennt, könne die Pilze (man kann auch Steinpilze verwenden) selbst im Wald sammeln. Und Hobbygärtner könnten idealerweise sowohl die Bohnen als auch die Kartoffeln aus dem eigenen Gärtle holen. Dieses Gericht sei auch deshalb für diese Jahreszeit ideal, weil man es alternativ auf dem Grill zubereiten könne. „Es ist ein leichtes Sommergericht ohne Sahne, aber trotzdem vollwertig“, betont Harry Hartmann.
Seine Lehre zum Koch hat der gebürtige Heidenheimer im Hotel Stern in Albershausen absolviert. In dieser Zeit lernte er auch die Restaurantfachfrau und seine heutige Ehefrau Bettina kennen. „Durch die Ausbildung hat es mich in die Region verschlagen. Denn auf der Ostalb gab es keine Gastronomenschwemme wie im Filstal und in der Region Stuttgart. Dort hatte man wenig Chancen.“
Nach der Lehre legte Harry Hartmann an der Dehoga-Akademie in Bad Überkingen die Prüfung zum Küchenmeister ab, ehe es ihn wieder zurück zum „Stern“ zog. Dort war er dann zwar Küchenchef, „aber trotzdem der ewige Lehrling“. Deshalb schaute er sich nach anderen Möglichkeiten um. Ein Angebot hatte er auch in Pliezhausen; doch dazu sollte es nie kommen.
Die Anfangszeit in Weilheim sei schon „brutal stressig“ gewesen. „Aber man wächst mit seinen Aufgaben“, sagt Harry Hartmann nicht ohne Stolz. Als 1999 die damaligen Pächter der Gaststätte aufhörten, schlug die Stunde der Hartmanns. „Meine Frau wollte sich eigentlich gar nicht selbstständig machen“, erinnert sich der 46-Jährige. Doch letztlich konnte er sie überreden. „Es war klar, dass dann noch mehr Arbeit auf uns zukommt. Aber wir haben gewusst, dass wir finanziell kein Risiko eingehen.“
Mittlerweile ist er auch in der Meistervereinigung Gastronom tätig – ein Zusammenschluss von baden-württembergischen Küchenmeistern, die auch regelmäßig für den Ministerpräsidenten kochen, zum Beispiel beim Neujahrsempfang in Stuttgart oder am Tag der Deutschen Einheit. Außerdem nimmt er in Esslingen praktische Gesellenprüfungen für werdende Köche ab.
„Frische, regionale Küche mit dem gewissen Etwas“: So bezeichnet Harry Hartmann seinen Kochstil. „Ich versuche, ein bisschen außergewöhnlich zu sein und meine eigene Note reinzubringen.“ So finden sich auf seiner Speisekarte neben dem klassischen Lendchentöpfle auch Lammfilet oder Schweinsbäckle. Aber auch Desserts haben es dem Koch angetan. „Man kann hier viel mit Farbe arbeiten und richtige Kunstwerke gestalten.“ Selbst kreiert hat er zum Beispiel Mangocreme-Eis oder Hepsisauer Süßkirschensorbet mit frischen Beeren.
„Mein Beruf ist meine Berufung“, fasst der Schlierbacher zusammen. Im Fernsehen habe er einmal eine interessante Sendung über einen Koch gesehen; „richtig Gänsehaut“ habe er da bekommen, denn er wusste: Derselben Tätigkeit geht er auch nach, erzählt er und betont: „Ich weiß einfach, dass ich das Richtige mache.“