Serie „Beste Freunde“ – Heute: Moritz und Robin Hermann aus Kirchheim
Mit dem Trike geht‘s auf Tour

Kirchheim. Moritz hat es faustdick hinter den Ohren – das zumindest sagt seine Mutter Marion Hermann aus Kirchheim. Wenn der Zwölfjährige etwas im Kopf hat, will er es unbedingt durchsetzen. Doch Moritz 


„kämpft“ dabei nicht nur für sich selbst, sondern häufig auch für Robin – seinen Bruder und besten Freund.

Die beiden verbringen viel Zeit miteinander, insbesondere an den Wochenenden. Dann „zocken“ die Jungs zum Beispiel mit der Playstation, schauen sich Fußballvideos auf Youtube an, spielen „Das Spiel des Lebens“, „Uno“ und „Mensch ärgere dich nicht“ oder drehen draußen einfach eine Runde auf ihrem Trike – einem Dreirad mit zwei Sitzen.

Moritz, der zu früh auf die Welt kam und seit seiner Geburt nicht gehen kann, nimmt dann stets auf dem „Beifahrersitz“ Platz. Gut festgeschnallt geht es mit dem zwei Jahre älteren Robin auf Tour. Seit Kurzem kann auch Schwesterchen Romy mitfahren: Denn die Eltern Marion und Frank Hermann haben eigens für die Vierjährige einen Anhänger gekauft.

„Wir machen viel zusammen“, erzählt Robin, der die Freihof-Realschule in Kirchheim besucht. „Manchmal verstecken Romy und ich uns auch im Haus, und Moritz sucht uns dann mit seinem Rollstuhl.“ Und oft geht es auch auf den Sportplatz: Denn Robin spielt in der U 14-Mannschaft des VfB Stuttgart – und Moritz ist absolut fußballverrückt. „Moritz ist Robins Edelfan“, verrät Frank Hermann schmunzelnd. Ausgerüstet mit VfB-Trikot oder -T-Shirt sowie -Mütze und -Schal verfolgt Moritz fast jedes Spiel seines Bruders. Dann jubelt er leidenschaftlich mit und kommentiert das Spielgeschehen, erzählen Marion und Frank Hermann. „Und wenn sich Robin verletzt oder einen Fehler gemacht hat, dann fängt Moritz an zu schreien – vor lauter Sorge um seinen Bruder.“

„Die beiden hängen sehr aneinander“, betont Marion Hermann. „Das war schon immer so.“ Die 38-Jährige kann sich noch genau an eine Mutter-Kind-Kur vor etlichen Jahren erinnern. Robin sei damals nicht von Moritz‘ Seite gewichen. „Er hat den Betreuern erklärt, was sie wie machen müssen – zum Beispiel, wie man Moritz anfassen oder wie man die Trinkflasche halten soll.“ Robin hatte einen Beschützerinstinkt entwickelt und versucht, die Vaterrolle zu übernehmen, ergänzt Frank Hermann.

Mittlerweile hat sich das erledigt – auch weil die Eltern Wert darauf legen, dass Robin keine Verantwortung tragen muss. „Schließlich sind wir die Eltern. Robin ist selbst noch ein Kind und musste bestimmt auch oft zurückstecken“, sagt der 39-Jährige. „Aber er kommt auch nicht zu kurz“, betont er. Wichtig ist für ihn und seine Frau, kein „Geheimnis“ aus der körperlichen Behinderung ihres Sohnes Moritz zu machen. Manche Eltern von Kindern mit Handicap würden ihre Tochter oder ihren Sohn nicht am normalen Leben teilnehmen lassen. Doch ein solches Verhalten kommt für Marion und Frank Hermann nicht infrage.

Deshalb wird Moritz, der an der Verbundschule in Dettingen unterrichtet wird, auch miteinbezogen, wenn Robin Freunde nach Hause einlädt. „Wenn zum Beispiel über Nacht Kumpels da sind, ist Moritz immer mittendrin“, erzählt Frank Hermann. Robins Freunde stören sich überhaupt nicht an Moritz – ganz im Gegenteil. Nur ein Mal sei es vorgekommen, dass ein Junge ein Problem mit ihm hatte. „Robin hat dann nur noch geheult. Er fühlte sich schuldig und dachte, er hätte Moritz weh getan, weil er den Jungen mit nach Hause gebracht hatte“, erzählt Marion Hermann.

Robin sei sehr feinfühlig und sensibel. Gibt es irgendwelche Ungerechtigkeiten, schrillen bei ihm sofort die Alarmglocken, unterstreicht die 38-Jährige. An seinem Bruder und Freund im Rollstuhl bewundert er vor allem eines: seine Willensstärke.

Moritz mag an Robin hingegen insbesondere, „dass er mit mir spielt“. Zwar müssen die beiden auf bestimmte Dinge, wie Schwimmbadbesuche oder gemeinsames Fußballspielen, verzichten. Doch das „Zocken“ und Trike-Fahren macht den Jungs mindestens genauso viel Spaß . . .