Der vierte Neuffener Weinwandertag erwies sich gestern als Publikumsmagnet
Mit Regenschirmen durchs Rebenmeer

Weinwandertage erfreuen sich allerorten wachsender Beliebtheit. Der Neuffener Weinwandertag ist zwar erst vier Jahre jung, aber schon ein bewährtes Erfolgsmodell: Trotz gelegentlicher Schauer bummelten gestern zahlreiche Weinfreunde bewaffnet mit Regenschirmen durch die Rebhänge.

Weinwandertag NeuffenHelmut Dolde beim Ausschank .
Weinwandertag NeuffenHelmut Dolde beim Ausschank .
Neuffen/Weilheim. So hatten sich‘s die Winzer rund um den Neuffen nicht vorgestellt: Zwar brauchen sie dringend Wasser für ihre durstigen Weinstöcke, doch ausgerechnet gestern hätten sie gern darauf verzichtet. Schließlich hatten sie von 11 bis 18 Uhr zum vierten Neuffener Weinwandertag in den Weinbergslagen am Fuße der Burg geladen.

Ein Glück nur, dass wandernde Weinfreunde nicht so leicht klein beigeben. So herrschte besonders am Nachmittag ordentlich Rummel in den beschaulichen Weinlagen unter der imposanten Burgruine. Acht Stände luden zum Verkosten der regionalen Tröpfchen: Das Weingut Helmut Dolde, die Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck, Weinbau Sterr, das Weingut Wolfgang Necker, Weinbau Elke Muckenfuß, das Weingut Bächner, Weinbau Walter Muckenfuss und Weinbau Kraut mit dem Weingut Häussermann schenkten ihre Produkte im Verlaufe eines Rundweges aus. Mit von der Partie war auch das Nabu-Biosphärenmobil.

Weinwandertag Neuffen
Weinwandertag Neuffen
Zugegeben: Einem passionierten Wanderer ringt die Strecke aufgrund ihrer Kürze allenfalls ein Lächeln ab. Doch die Durchschnittsgeschwindigkeit lag garantiert unter einem Kilometer pro Stunde. Viel gab es zu entdecken, viel zu quatschen, viel zu lachen und zu singen. Gruppen, die an einem der Stände eine Biertischgarnitur eroberten, räumten das Feld meist nicht allzuschnell wieder. Da wurden schon mal Fahrtenlieder angestimmt und das gesamte Gesangsrepertoire unermüdlich rauf- und runtergesungen.

Wer allerdings denkt, Weinwandertage sprächen nur die älteren Generationen an, ist auf dem Holzweg: Zwar sind die Genießer fortgeschrittenen Alters eindeutig in der Überzahl, doch auch junge Grüppchen machten sich gestern auf den Weg durch die Reben.

Zu verkosten gab‘s allerlei Vertrautes und Neues, vom „Täles-Secco“ über den Sylvaner „Blaue Mauer“ bis zum traditionellen Trollinger. Eine gute Grundlage schufen diverse Gaumenfreuden vom Flammkuchen bis zur Spargel-Schinken-Tasche. Jeder Stand hatte seinen eigenen Charme, jeder Stand bot auch einen individuellen Blick auf das Neuffener Tal, durch das das Sofazügle dampfte und regelmäßig neue Gäste heranschaffte.

Mit der Kamera in die Weinberge aufgemacht hat sich Teckboten-Fotograf Deniz Calagan.
Mit der Kamera in die Weinberge aufgemacht hat sich Teckboten-Fotograf Deniz Calagan.
Je später der Nachmittag, desto häufiger der Sonnenschein und entsprechend gelöster die Stimmung der Gäste, aber auch der Winzer. Sie scheinen heuer bislang geradezu auf der Insel der Seeligen gelebt zu haben: Frostschäden und Hagelschlag, die andernorts im Ländle für drastische Ernteausfälle sorgen, blieben rund um Neuffen und Limburg aus. „Wir sind sehr froh, dass wir keine Unwetter hatten“, bilanzierte Werner Kauderer vom Verein der Weinbergbesitzer in Weilheim, die bekanntlich ihre Trauben auch zur Weingärtnergenossenschaft Hohenneuffen-Teck bringen. „Allerdings hat uns hier der Regen doch gefehlt“, ergänzte Gert Kielnecker von der Genossenschaft. Immerhin erweisen sich bei solcher Witterung die schweren Böden hierzulande als Vorteil: Sie trocknen nicht so leicht aus.

Aufgrund des schönen Frühlings haben die Weinstöcke zwei bis drei Wochen früher als sonst geblüht. Gemäß der Wengerterfaustregel „Blühbeginn plus 105 Tage gleich Erntebeginn“ dürfte demzufolge die Weinlese bereits Mitte September stattfinden. Wer allerdings am gestrigen Sonntag beim Bummel durch die Neuffener Weinreben auf Blütensuche ging, brauchte viel Fantasie. Ohnehin sind die Traubenblüten eine unspektakuläre Sache und mit bloßem Auge kaum wahrzunehmen. „Die Blüte erkennt man am Duft“, meinte Werner Kauderer genießerisch.

Natürlich hängt die Qualität des Weines 2011 letztlich noch entscheidend von den kommenden Monaten ab. „Speziell beim Riesling, der kühle Nächte braucht, muss der Herbst einfach mitspielen“, weiß Werner Kauderer. An den Hängen der Limburg findet sich immer mehr Riesling, während früher die alles beherrschende Traube Silvaner war. Im Gegensatz zur Limburg dominieren am benachbarten Egelsberg rote Trauben, führend sind Acolon und Dornfelder.

Beim Neuffener Weinwandertag, der stets am dritten Sonntag im Juni stattfindet, stand gestern die gesamte Palette zum Verkosten zur Verfügung. Hier ging es weniger um Prognosen für die kommende Lese, sondern um den Genuss bereits in Flaschen abgefüllter Produkte. Ein paar Schauer und deutlich kühleres Wetter als in den Wochen zuvor taten der Stimmung keinen Abbruch.