Entlassener Hausmeister erhält von Baltmannsweiler 50 000 Euro Abfindung – Ehefrau erlitt Nervenzusammenbruch
Mobbing-Prozess endet mit Vergleich

Die Gemeinde Baltmannsweiler zahlt einem geschassten Hausmeister eine Abfindung von netto 50 000 Euro. Mit diesem Vergleich endete vor dem Stuttgarter Arbeitsgericht ein Prozess, der im Vorfeld für Wirbel gesorgt hatte.

Baltmannsweiler. Der 53-Jährige machte im Gegenzug das Zugeständnis, dass er gegen die Gemeinde keine Mobbing-Vorwürfe mehr erhebt. Seine Frau erlitt nach dem Richterspruch einen Nervenzusammenbruch. „Schämen Sie sich“, rief sie unter Tränen Bürgermeister Martin König im Gerichtssaal zu.

Er möchte „nicht weiter Öl ins Feuer gießen“, setzte sich der Rathauschef später vor Journalisten jedoch zur Wehr. Der Gemeinde sei nach zahllosen Verfehlungen ihres Mitarbeiters keine andere Chance geblieben, als das Arbeitsverhältnis mit einer fristlosen Kündigung zu beenden. Wie sich mittlerweile herausstellte, wurde bei der Kündigung ein Formfehler begangen: Es fehlte die Zustimmung des Integrationsamtes.

Viele Freunde und Angehörige des Hausmeisters waren in die Verhandlung gekommen. Zweimal musste unterbrochen werden, weil sich die Streitparteien nach neuen Angeboten beraten mussten. Das sei Mobbing „wie aus dem Lehrbuch“, hatte Rechtsanwalt Andreas Spätgens im Vorfeld schwere Vorwürfe gegen die Gemeinde erhoben und die Klage gegen die am 16. Oktober ausgesprochene fristlose Kündigung begründet.

Seit etwa acht Jahren, als bei ihm die Rheuma-Krankheit Morbus Bechterew diagnostiziert wurde, fühlt sich der 53-Jährige, der seit 23 Jahren bei der Gemeinde arbeitet, gemobbt und schikaniert. Bei seinem Mandanten suche man seit Jahren krampfhaft nach Verfehlungen, um ihn loszuwerden, hatte Rechtsanwalt Spätgens gesagt. Hinzu kommt, dass er in einem anonymen Brief als Alkoholiker denunziert wurde. Diese Vorwürfe hätten sich als haltlos erwiesen, betont die Frau des Hausmeisters. Man habe das Gegenteil beweisen können. Die Auffälligkeiten bei den Blutwerten seien auf die Infusionen zurückzuführen, die ihr Mann nach Ausbruch der Krankheit bekommen habe. Gegen die anonyme Briefschreiberin wurde damals eine Geldbuße verhängt.

Dem 53-Jährigen, der mit einem Grad von 40 Prozent offiziell einem Schwerbehinderten gleichgestellt ist, werden zahlreiche Unregelmäßigkeiten bei seiner Dienstausübung vorgeworfen: Er sei zu langsam, könne seine Arbeit nicht richtig koordinieren, versäume Termine, führe das Fahrtenbuch seines Dienstwagens falsch. Als er einmal wegen einer schweren Lungenentzündung krankgeschrieben war, habe man ihm zur Last gelegt, dass er die Rufumleitung bei seinem Diensttelefon nicht vorschriftsgemäß umgestellt habe, berichtet seine Frau. Auch das sei Anlass für eine Abmahnung gewesen. Rechtsanwalt Spätgens räumt ein, dass sein Mandant Fehler gemacht habe, doch gebe es „keine habhaften Vorwürfe, die Abmahnungen rechtfertigen“. Sein Mandant stoße an seine gesundheitlichen Grenzen, deswegen stimme er dem Vergleich zu, sagte Rechtsanwalt Spätgens.

Er sieht vor, dass der Hausmeister ab sofort freigestellt wird. Das Arbeitsverhältnis endet einvernehmlich am 30. Juni 2014. Zu diesem Zeitpunkt muss die Abfindung bezahlt werden. Wichtigste Bedingung für Bürgermeister König war der Passus, dass der Kläger „nicht an den über seinen Anwalt geäußerten Mobbing-Vorwürfen festhält“.

Bürgermeister König pochte da­rauf, die Mobbing-Vorwürfe vom Tisch zu bekommen. Er möchte „nicht dazu genötigt werden, öffentlich ins Detail zu gehen. Das wäre fatal für die Gegenseite“. Er könne nicht zulassen, dass er und die Gemeinde zu Unrecht an den Pranger gestellt würden. Die Gemeinde habe vieles unternommen, um dem Hausmeister Brücken zu bauen, so König nach dem Richterspruch. Es seien Dinge vorgefallen, die es rechtfertigten, so hart vorzugehen. Was das konkret war, sagte er nicht. Aber es habe „massive Defizite“ bei der Dienstausübung gegeben. Die fristlose Kündigung sei auf zwei aktuelle Tatbestände zurückzuführen gewesen. König räumte ein, formale Fehler gemacht zu haben. Aber in der Sache sei die Kündigung gerechtfertigt gewesen.

Die Gemeinde habe es versäumt, auf den Betroffenen zuzugehen, kritisierte ein früherer Gemeinderat den Rathauschef im Gerichtsfoyer. Die Familie reagierte entrüstet: „So etwas macht man nicht mit jemandem, der schon so lange dabei ist“, hielt die fassungslose Ehefrau dem Bürgermeister noch im Gerichtssaal entgegen. Ein Sohn wurde später noch deutlicher: „Seit acht Jahren machen Sie unsere Familie kaputt.“