Musikalischer Nachwuchs präsentiert beim „Podium“ in der Stadthalle sein Können
Musik spielt immer noch große Rolle

Kirchheim. Das „Podium“ in Kirchheim war früher d a s Ereignis im Musikschuljahr und die Plätze im


Zuschauerraum waren stets voll besetzt. Doch beim jüngsten „Podium“ von Musikschule und Kulturring in der Kirchheimer Stadthalle stieß man auf einen annähernd leeren Saal. Die Frage nach dem Warum ist müßig. Aber ein trauriges Bedauern des Jetzt-Zustandes konnte man nicht unterdrücken, kämpften doch alle Vortragenden mit Lampenfieber.

Den Auftakt des Programmes gestaltete das Symphonische Orchester der Musikschule mit Mozarts Andante in C-Dur für Flöte und Orchester unter der Leitung von Johannes Stortz mit der Solistin Apinaya Vithiapathy an der Querflöte. Deren klarer und steter Ton wurde leider oft von den Streichern überdeckt, die sich allesamt bemühten, im piano zu spielen. Aber drei Kontrabässe und einige Celli, dazu noch die hohen Streicher und Bläser – dagegen kommt der zarte Fötenton nicht an. Schade, denn die junge Flötistin brachte die Zuhörer zum Bespiel in der Kadenz zum Träumen. Ihr warmer, unaufgeregter Flötenton umhüllte die Seele.

Musikgeschichtlich früher angesiedelt war Bachs Fantasie und Fuge in d-moll, die das Ensemble Teckbrass unter der Leitung von Johannes Stortz darbot. Sicheres Durchreichen einzelner Motive durch alle Stimmen zeugten von einem harmonierenden Miteinander, und das für Bläser eher schwierige piano in der Fuge gelang ganz wunderbar.

Die junge Pianistin Annika Etzler lud musikalisch perfekt ausgearbeitet und auswendig vorgetragen in die Klangwelt von Mendelssohn-Bartholdy ein. Ihr weicher Anschlag entführte die Zuhörer in das Reich der Töne, ihr zur Musik sich bewegender Körper war ein gar rührender Anblick. Eine klare Melodieführung und unabhängige Triller ließen Bilder des „Venezianischen Gondellieds“ emporsteigen. Die Toccata von Karl-Heinz Pick, einem Komponisten, der 2009 verstarb, spielte Annika Etzler in wahnwitzigem Tempo, technisch brillantem staccato und im Gegensatz dazu breitem legato.

Es sage noch ein Laie, die Blockflöte wäre ein reines Anfängerinstrument: Tabea Wolf und Gil Pereira an der Blockflöte, Julian Pauk am Cello und eine Meisterin der alten Musik, Monika Tahiri am Klavier, belehrten eines Besseren. „La Folia“ von Vivaldi wurde sicher und musikalisch ausgereift vorgetragen. Das Aufeinanderhören als Hauptbestandteil kammermusikalischer Arbeit in Reinform! Johannes Mannhardt stellte sich am Flügel vor mit solidem und vor allem von Scarlatti gefordertem pedalfreien Spiel aus dessen Sonate d-moll mit dem 1. Satz Allegro in technisch einwandfreier Brillanz.

Zwei Notenständer waren nötig, um das gesamte Notenmaterial der Tenor-Saxofonistin Julia Wollny ausbreiten zu können. Die „Fantaisie Pastorale“ von Jean-Baptiste Singlée entlockte dem Saxofon ungeahnte Klangfarben. Schnelle Legatoläufe, lustig hüpfender Rhythmus an einen schwungvollen Walzer erinnernd und teils unglaubliches Tempo zeigten die musikalische Reife der Saxofonistin, die von Ella Flammer am Flügel gefühlvoll begleitet wurde. Wäre der Flügel leicht geöffnet gewesen, wäre das Zusammenspiel zwischen Melodie und Begleitung noch besser hörbar gewesen.

Vom Holz zum Blech: Jannik Burkhardt ließ in stoischer Körperruhe seine Trompete singen. Ein unerwartet gefühlvoller, weicher Ton breitete sich im Zuschauerraum aus. Das Andante und Allegro von Jospeh Guy Ropartz bot dem jungen Trompeter die Möglichkeit, viele Klangfarben zum Schillern zu bringen. Waren es im Andante die bereits geschilderten gefühlvollen Töne, so erinnerte das Allegro an gellende Fanfarenstöße. Selbst große Höhen in eher leisem Klang schienen spielerisch einfach zu sein. Auch bei diesem Vortrag begleitete Ella Flammer am Flügel hervorragend.

Nach der Pause war die Bühne voll von gleichen Instrumenten und warmem Klang: Die Cellophoniker unter der Leitung von Hartmut Premendra Mayer sind ja in Musikschulkreisen schon so etwas wie eine „Bank“. Sie boten zwei Stücke dar, die beide mitreißend klangen. Sieben Celli im Einklang fanden den direkten Weg zum Herzen der Zuhörer.

Der junge Pianist Lukas Schilling stellte sich als ein besonders versierter seines Fachs vor. Mit unvermuteter Lässigkeit nahm er sich den „Valse“ a-moll von Chopin vor und überbot jegliche Vorstellung des Stückes. In der sehr modern anmutenden „Humoresque“ von Schtschedrin war die Spielfreude uneingeschränkt hörbar.

Dass sechs Saiten und vier Finger ein Klangfeuerwerk entfachen können, bewies Julian Nürk mit seiner Gitarre. Das „Asturias“ von Abéniz verlangt aberwitziges Tempo, gleichzeitig musikalische Ausdrucksstärke und rhythmische Sicherheit. Julian Nürk meisterte jegliche komponierte Hürde mit meisterlicher Fingerfertigkeit und unglaublicher Leichtigkeit.

Mit Tobias Moritz betrat ein selbstbewusster junger Mann die Bühne, sein Saxofon im Arm, im Gepäck Milhauds „Scaramouche“. Daraus „Vif“ und die „Brasileira“. Mit viel Luft und Spielwitz wurde hier abermals ein Feuerwerk entzündet. Rhythmisch stark, gefühlvoll melodiös und in ständiger Korrespondenz mit der hervorragenden Ella Flammer am Flügel.

Es ist schon ein besonderer Fall, wenn eine Musikerin ihre selbst komponierten Stücke der Öffentlichkeit präsentiert. Julia Lorenz spielte zwei eigene Stücke. Ungewöhnliche Harmonien und rhythmische Sicherheit begeisterten; aber vor allem dieses versunkene Spiel am Flügel war es, was der Künstlerin großen Respekt einbrachte.

Eine junge Frau und ein Cello – wenn das als Einheit wahrgenommen wird, dann ist die Rede von Katharina Sigel. Das Capriccio ist ein Musikstück von freiem, spielerischem und scherzhaftem Charakter, das sich wenig bis gar nicht an tradierten musikalischen Formen orientiert. Die preisgekrönte Cellistin gab mit dem Caprice Nr. 12 von Alfredo Piatti eine meisterliche Vorstellung eines kleinen Teils ihres Könnens. Große Melodiebögen, Mehrstimmigkeit, Flageolett und noch vieles mehr machten ihr Spiel zu einem einzigartigen Erlebnis.

Die glockenhelle und klare Stimme von Natalie Beck alias Rodelinda erklang in Händels Arie „Mio caro bene“. Viele Facetten in Stimme und Mimik zeugten vom Talent der Sängerin, die von Bertram Schattel am Flügel unterstützt wurde.

Max Kutzer ist ein wahrer Bratschenkünstler. Musikalisch gereift interpretierte er das Andante und Rondo Ungarèse von Carl Maria von Weber. Die klagende Viola, die großen Spannungs- und Melodiebögen riefen eine Gänsehaut hervor. Nicht zuletzt dank seiner aufmerksamen Begleiterin am Flügel, Nadine Schube, war dies ein würdiger Schlusspunkt des „Podiums“.

Ein bunter Strauß abwechslungsreicher Instrumente, Genres, völlig unterschiedlicher Kinder und Jugendlicher – und doch vereint in einem: Sie alle haben musikalisches Talent. Wie schön, dass Musik immer noch eine große Rolle spielt trotz Internet, Handy und Playstation! Vielleicht könnte man ja versuchen, den Saal für das nächste „Podium“ wieder voll zu bekommen? Wie das geschehen kann, sei den Verantwortlichen überlassen.