Notzingen. „Ganz nah“ mit Christoph Zehendner war ein Konzert zur Passionszeit. Doch ganz ohne Osterfreude wollte es der Journalist und
Liedermacher dann doch nicht machen. So erklang am Ende des Konzerts in der Jakobuskirche Notzingen die Auferstehung – auch schon an Karfreitagabend.
Beim Lied „Er hört dein Gebet“ konnte Christoph Zehendner zeitweise zu singen aufhören. Die Zuhörer in der fast voll besetzten Kirche sangen ganz alleine weiter, ist der Text doch einer von zweien des Liedermachers, der es bereits ins evangelische Gesangbuch geschafft hat. Doch selten erklingt das Gesangbuchlied Nummer 618 in einer solch exquisiten instrumentalen Besetzung.
Besonders hervorzuheben ist Torsten Harder. Der aus Mecklenburg-Vorpommern stammende Musiker entlockte seinem Elektrocello schier unglaubliche Töne, „Er hört dein Gebet“ begann er mit einem gezupften Vorspiel. Außerdem zeigte sich einmal mehr, dass der Apfel nicht weit vom Stamm fällt: Zum begnadeten Pianisten Uli Schwenger gesellte sich für die Percussions sein ebenso begnadeter Sohn Daniel Schwenger. Der Schorndorfer hatte eine große Vielfalt an Rhythmusinstrumenten mitgebracht – und ganz, ganz viel Einfühlungsvermögen, mit dem er den Liedern teils mit geschlossenen Augen folgte.
„Wir haben vorher sechsmal öffentlich geübt“, sagte Zehendner dazu, dass das Konzert in der Jakobuskirche das siebte und letzte Konzert einer ganzen Tour zur Passionszeit war. Nach Notzingen eingeladen hatte der „Treffpunkt Kirche & Kultur“.
Fünfte Mitwirkende war Ingrid Zehendner, die Ehefrau des Liedermachers. Sie trug zwischen den Liedern passende Bibeltexte vor. Der Jünger Jesu, als dessen Augenzeugenbericht Zehendner seine Moderation gestaltete, konnte die Texte aus dem Neuen Testament noch nicht lesen. Er musste ohne sie versuchen, das Erlebte zu verstehen. Er hat alles liegen lassen, um dem Wanderprediger Jesus zu folgen, doch seine Erwartungen waren ganz anders. Nein, Jesus fegte nicht mit Glanz und Gloria die verhasste römische Besatzungsmacht hinweg. Der Jünger wird Zeuge davon, wie Jesus über die Stadt Jerusalem und ihre Menschen weint: Ach könnten sie nur begreifen, wo es Frieden gibt.
Sie hingen Jesus dort ans Kreuz, wo sie sonst die schlimmsten Verbrecher aufgehängt haben. Gänsehaut, als Zehendner nach Psalm 22 sein „Verlass mich nicht, mein Gott“ herausschrie. Es war im Lied zugleich der Schrei eines verzweifelten Menschen, der sich selbst in eine ausweglose Lage gebracht hat. Gänsehaut, als Harders E-Cello „O Haupt voll Blut und Wunden“ klagte, ohne jede falsche Glattheit. Was er spiele, klinge in jedem Konzert etwas anders, sagte Zehendner später.
Ein Lied hieß „Ans Ziel“ – weil, so Zehendner, Gott mitten in diesem Leid ans Ziel komme. „Gott ist nicht gescheitert“, betonte er, „Gott ist der Freund des Lebens.“ Er komme den Menschen aus Liebe ganz nah. Gerade denen, die sich elend fühlen, die keinen Ausweg mehr sehen, hieß es im Lied, das dem ganzen Konzert seinen Namen gab.
Mit in „In guten Händen“ folgte Zehendners Neuvertextung des Chorals „Wohl denen, die da wandeln“. Bei den Zugaben folgte ein neuer, ebenfalls sehr persönlicher Text zur Melodie von „Gott ist gegenwärtig“. Zehendner greift nicht nur nach alten Melodien, holt sie mit neuen Texten in die Gegenwart. Ausnahmsweise greift er auch nach fremden Texten und gibt das gerne zu. „Er lebt“ war das einzige Lied des Abends, das er nicht selbst getextet hat. Das Lied über die Auferstehung habe ihm so gut gefallen, sagte er den Zuhörern, da habe er es sich geborgt.