Private Musikschulen sollen Umsatzsteuer bezahlen – Pläne sorgen auch in der Region für Unmut
Musikunterricht soll teurer werden

Der Unterricht an privaten Musikschulen könnte ab dem kommenden Jahr teurer werden, und zwar um ganze 19 Prozent. Gegen die Pläne der Politik, die bisherige Umsatzsteuerbefreiung für den Musikunterricht aufzuheben, laufen die Musiklehrer Sturm – auch in der ­Region rund um die Teck.

Kirchheim. Das Bundesfinanzministerium plant, die Leistungen privater Musikschulen und -lehrer ab 1. Januar 2013 mit 19 Prozent Umsatzsteuer zu belegen. Voraussetzung für die Besteuerung ist, dass der Musikunterricht nicht der Berufsvorbereitung dient. Will heißen: Bereiten die privaten Musikschulen und -lehrer ihre Schüler nicht explizit auf ein Musikstudium oder eine Berufslaufbahn als Musiker vor, dann sollen sie Umsatzsteuer bezahlen. Weiterhin befreit von der Umsatzsteuer sollen kommunale Musikschulen sein und gemeinnützige Einrichtungen, die keine Gewinnerzielungsabsicht haben.

Dieses Vorhaben sorgt deutsch­landweit für einen Sturm der Entrüstung bei den Betreibern privater Musikschulen. Sie sehen sich durch die Pläne in ihrer Existenz bedroht. Auch in der Teckregion sind die Musiklehrer beunruhigt. „Wenn die Gesetzesänderung kommt, dann könnte dies das Ende meiner Musikschule bedeuten“, sagt beispielsweise Johannes Hopf, der seit sieben Jahren in der Teckstadt eine private Musikschule betreibt. „Mir würde das Herz bluten, wenn ich die Schule aufgeben müsste“, fügt der leiden­schaftliche Musiker hinzu, der auch an seine 23 angestellten Lehrer denkt.

„Wir tragen mit unserem Musikunterricht einen Teil zur Bildung und Erziehung der Kinder und Jugendlichen bei“, betont Bertram Schattel aus Kirchheim. Der 55-Jährige ist an der städtischen Musikschule der Teckstadt tätig, gibt aber auch Privatunterricht und wäre insofern von der Gesetzesänderung betroffen. Die Pläne des Bundesfinanzministeriums kann Bertram Schattel absolut nicht nachvollziehen. Denn ob die Schüler eine Karriere als Musiker anstreben oder nicht, spiele keine Rolle. Vielmehr gehe es um den Bildungs- und Erziehungsauftrag, den die Musiklehrer hätten. Und für diese wichtige Aufgabe wolle man sie nun im Kulturland Deutschland zur Kasse bitten, ärgert sich Bertram Schattel. Er ist davon überzeugt, dass eine Preiserhöhung um 19 Prozent zu einer „größeren Anzahl“ an Abmeldungen bei den privaten Musikschulen führen würde.

Johannes Hopf befürchtet, dass sich nur noch „elitäre Kreise“ privaten Musikunterricht leisten können, sollte die Gesetzesänderung kommen. Schon jetzt sei es schwierig, seinen Schülern eine Erhöhung der Unterrichtsgebühren verständlich zu machen. Der 41-Jährige nennt ein aktuelles Beispiel: Den monatlichen Beitrag, der wöchentlich einen 30-minütigen Unterricht beinhaltet, musste Johannes Hopf zum 1. Oktober um zwei auf 64 Euro erhöhen (zum Vergleich: An der städtischen Musikschule Kirchheim beträgt der entsprechende Monatsbeitrag 76,50 Euro). „Es gab einige, die gesagt haben: Das können wir uns nicht mehr leisten“, bedauert der Musiklehrer. „40 Anmeldungen fehlen mir ab Oktober im Vergleich zum Semesterbeginn im vergangenen Jahr.“ Würden dann noch 19 Prozent Umsatzsteuer auf die Unterrichtsgebühr berechnet werden, dann würden noch mehr Schüler abspringen. Sie würden sich dann möglicherweise einen privaten Musiklehrer suchen, der seinen Unterricht „schwarz“ anbietet. Und dann gehe für den Staat der Schuss nach hinten los, fügt Bertram Schattel hinzu.

Er betont, dass private Musiklehrer ja nicht komplette Steuerbefreiung fordern: Vielmehr würden sie ihre Einnahmen ordnungsgemäß bei der Steuererklärung angeben und Einkommensteuer bezahlen. Die bisherige Umsatzsteuerbefreiung aber zu verlieren, bedeute vor allem für viele junge Musiklehrer, die noch am Anfang ihrer Laufbahn stünden, das Aus. Die kulturelle Bildung dürfe nicht bestraft werden, nur damit der Staat seine finanziellen Löcher stopfen könne. Stattdessen plädiert der Kirchheimer dafür, an anderer Stelle zu sparen – und nennt hier zum Beispiel die Idee von Verkehrsminister Peter Ramsauer zu einer umfassenden Freiheit für Kommunen, eigene Autokennzeichen zu wählen. „Bei der Bildung will man sparen, aber für Autokennzeichen haut man die Millionen raus“, sagt Bertram Schattel kopfschüttelnd.

Er hält es außerdem für falsch, dass kommunale und private Musikschulen bei der Umsatzsteuer unterschiedlich behandelt werden sollen. Dies führe zu Wettbewerbsverzerrungen. „Städtisch unterstützte Musikschulen erhalten Zuschüsse und sollen von der Umsatzsteuer befreit bleiben. Das wäre für freie Musikschulen doppelt ärgerlich“, unterstreicht Bertram Schattel. Johannes Hopf verweist darüber hinaus auf die wenigen Wochen, die ihm bleiben, um sich auf die mögliche Umstellung vorzubereiten und die Schüler mit der eventuellen Preiserhöhung zu konfrontieren. „Das lief alles viel zu kurzfristig.“

Die beiden Musiklehrer und ihre Kollegen deutschlandweit hoffen nun auf die Petition, die von über 50 000 Menschen unterschrieben an den Bundestag gesandt wurde. Damit wollen die Unterzeichner erreichen, dass die Politik von der geplanten Gesetzesänderung, die Bestandteil des Jahressteuergesetzes 2013 ist, Abstand nimmt.

Wie Wolfgang Finger vom Petitionsausschuss des Deutschen Bundestags auf Nachfrage des Teckboten mitteilte, wird die Petition nun parlamentarisch geprüft. Wie lange dies dauert und ob beziehungsweise wann die Petition öffentlich beraten wird, lasse sich noch nicht absehen. Möglicherweise aber finde das Verfahren ein vorzeitiges – positives – Ende.