Mit MiA – Mütter in Ausbildung – will Laura Santovito beruflich auf eigenen Beinen stehen
Mutige Entscheidung fürs Leben

Kirchheim. Der schlimmste Umbau- und Umzugsstress liegt hinter Laura Santovito, nun nimmt sie die nächste Aufgabe in Angriff: ihre Ausbildung. Die größte Herausforderung hat die 19-Jährige jedoch schon
 mit Bravour gemeistert: Sie hat sich für ihren Sohn Luca entschieden, der am 30. Mai 2011 auf die Welt kam und strahlender Mittelpunkt der jungen Familie ist, zu der auch Papa Gaetano de Michele gehört.

„Man muss kämpfen. Ich wusste und weiß ja nicht, wie die Zukunft wird – und ich hatte Angst. Angst, vor dem, was passieren wird: Ob ich eine Ausbildung machen kann und wie das mit uns als Familie wird“, erzählt Laura Santovito. Sie ist die erste junge Frau, die bei MiA – Mütter in Ausbildung – mitmacht. Das neue Projekt, unterstützt von der Teckboten-Weihnachtsaktion, wird unter dem Dach des CJD Jugenddorfs Hohenreisach in Kirchheim angeboten und möchte jungen Frauen mit Kindern den Weg in die Berufswelt ermöglichen.

Der Liebe wegen ist Laura Santovito von Stuttgart nach Kirchheim gezogen. Irgendwann stellte sie fest, dass sie schwanger ist. „Ich war total unentschlossen am Anfang und habe mich an Pro Familia gewandt“, erinnert sie sich. Dort erhielt sie eine Beratung, doch was ihre Ausbildungschancen anbelangt, konnte ihr die Einrichtung nicht weiterhelfen. „Die haben mir dann geraten, mich ans Hohenreisach zu wenden, weil dort gerade ein Pilotprojekt gestartet werden sollte“, erzählt sie weiter.

Recht schnell war für das junge Paar jedoch klar: Sie wollen das Kind. Nicht immer stießen sie wegen dieser Entscheidung auf Verständnis, auch in Teilen der Familie nicht. Richtig Mut aufbringen musste Laura, um es ihrem Vater zu sagen, doch mithilfe ihrer beiden Brüder schaffte sie es via Telefon. „Ich habe extra gewartet, bis er in Italien war. Als ich es ihm gesagt hatte, war eine Minute lang Schweigen und dann hat er von was ganz anderem gesprochen“, erzählt sie schmunzelnd. Keine Frage, dass er nun ein stolzer Opa ist – wie es sich für einen waschechten Italiener gehört.

Die ersten drei Monate ihrer Schwangerschaft waren hart. Laura musste ständig mit Übelkeit kämpfen und konnte deshalb nicht wie ge­plant, bis zum Halbjahreszeugnis am Berufskolleg II in Stuttgart bleiben. „Ich war einfach nur kaputt, die Fahrt mit der S-Bahn gab mir den Rest“, erinnert sich die 19-Jährige mit Grausen an diese Zeit. Ihre Klassenlehrerin sprach ihr jedoch Mut zu, schließlich stünden ihr auch als junge Mutter viele Möglichkeiten offen. Dass mit einem Kind nicht das ganze Leben verbaut ist, zeigte sich schon an ihrer Schule: „Eine Klasse über mir gab es eine Schülerin mit einem zweijährigen Kind“.

Als es Laura wieder besser ging – ihr Vater hatte das Aufpäppeln mit leckerem und gesundem Essen mit Freude übernommen – ging sie mit Elan die neuen Aufgaben an: eine größere Wohnung musste gefunden werden und ihre Zukunft wollte sie auch planen. „Als ich im siebten oder achten Monat war, bin ich zum ersten Mal zum Hohenreisach gegangen, um mich mal über MiA zu informieren“, sagt Laura. Dort sprach sie mit den beiden Initiatorinnen Inge Starzmann, Leiterin des CJD Jugenddorfs Hohenreisach, und Vicky Donabauer, Leiterin des dortigen Internats. „Die waren richtig nett zu mir. Ab dem Zeitpunkt ging‘s mir wieder gut, denn ich wusste, dass ich eine Ausbildung machen werde, dass ich vorankomme – das war wie ein Neustart“, erzählt Laura Santovito. Als Luca einen Monat alt war, musste sie einen Test machen, damit Vicky Donabauer und Inge Starzmann wussten, wo sie schulisch steht. „Dabei ging es hauptsächlich um Mathe, Deutsch und Englisch“, erinnert sich die 19-Jährige, die den Abschluss der mittleren Reife hat. „Der Test schien gut verlaufen zu sein“, meint sie lachend, denn kurze Zeit später erhielt sie die Zusage, die erste MiA-Mama zu sein. Konkret hieß das für Laura, dass nach einem Praktikumsplatz für sie gesucht wurde.

Doch zunächst musste die junge Mutter vor allem für ihren kleinen Sohn da sein. „Er kam mit Klump-Füßchen auf die Welt“, erzählt Laura Santovito ruhig. Mit erstaunlicher Reife hat sie diese Herausforderung angenommen: „Wenn ich das mit den Füßen den Leuten erzähle, schauen sie mich meist mit großen Augen an. Ich denke aber, ich bin genau die Richtige, die das machen kann.“ Das Neugeborene wurde wöchentlich neu eingegipst und mit drei Monaten im Olgäle operiert. „Dann hat es mir gereicht. Ich habe die Koffer gepackt und bin zu meinen Verwandten nach Italien gefahren“, erzählt die 19-Jährige. Auch Luca tat diese Auszeit gut. Sicher auf Mamas Armen lernte er das Mittelmeer kennen, was vor allem seiner vom Gips in Mitleidenschaft gezogenen Haut guttat. Ein paar Wochen später kam Papa Gaetano hinzu, und so kam tatsächlich Ferienstimmung auf.

Dank der Übungen und dem eisernen Durchhaltewillen, mit dem Laura Santovito ihrem Sohn immer noch täglich die Schienen anlegt, geht es ihm richtig gut. In der Pekip-Gruppe zeigt sich, dass Luca mit die kräftigsten Beinchen hat. „Man braucht schon Disziplin, sonst schafft man es nicht“, ist sie überzeugt. Nachdenklich geworden fügt sie an: „Nur weil man meint, der Plan passt nicht und sich deshalb gegen ein Kind entscheidet – das ist egoistisch. Natürlich hat man Angst. Aber man hat vor vielen Dingen im Leben Angst, etwa vor Prüfungen in der Schule, wenn man sich fragt, ob es klappt.“

Jetzt ist Laura Santovito ganz gespannt, wie es ihr in ihrer ersten Praktikumsstelle ergehen wird. Ab dem 16.  Januar arbeitet sie einige Wochen von 8 bis 12 Uhr fünf Tage die Woche im CJD Jugenddorf „Im Doschler“ im Büro. Beide Omas werden in dieser Zeit abwechselnd auf Luca in seiner gewohnten Umgebung aufpassen. Ihren „Kleinen“ will die 19-Jährige ungern in eine Kita bringen. Wenn Luca größer ist, wird er zu einer Tagesmutti gehen.

„Im Büro zu arbeiten, das ist mein Ding“, weiß die 19-Jährige aus Erfahrung, denn in der Wirtschaftsschule in Stuttgart arbeitete sie über einen längeren Zeitraum in einer Übungsfirma mit. Ein Großraumbüro bringt sie nicht aus der Fassung, im Gegenteil, sie mag Menschen um sich herum. Ihre ganze Hoffnung legt sie nun in Inge Starzmann und Vicky Donabauer und deren Fähigkeit, für sie einen richtigen Ausbildungsplatz zu finden.

MiA hat großes Interesse an Betrieben, die sich eine Teilzeitausbildung mit jungen Müttern vorstellen können. Inge Starzmann, Telefon 0 70 21/9 70 62 12, gibt gerne Auskunft.