Zum Artikel „Langsam sterben die Wirtshäuser“ vom 19. September
Das Sterben der alten Wirtshäuser ist schon lange ein Thema innerhalb der traditionellen, noch existierenden Familienbetriebe. Die Aktion seitens des DeHoGa „Rathaus trifft Wirtshaus“ ist beispielhaft und sollte in allen Kommunen stattfinden. Die Schuldigen nur in den Betrieben zu suchen, ist falsch. Jeder hat die Erlaubnis, nach einer kurzen Schulung ein Restaurant zu eröffnen. Und genau hier liegt eines der Probleme. Warum wechselt im Durchschnitt nach einem Jahr der Pächter? Viele können nicht rechnen und versuchen, durch Billigangebote Gäste zu ködern - und scheitern. Das fängt beim Mittagstisch für 4,90 Euro an und endet beim abendlichen Büffet für 14,90 Euro. Ein Familienbetrieb, der stets investiert, sich weiterbildet, Steuern bezahlt und seine Fachkräfte nach Tarif entlohnt, kann hier nicht mithalten. Doch Gäste haben Ansprüche. Wer soll neue Gerichte kreieren, Allergiker berücksichtigen, Hygienevorschriften einhalten und flexibel auf Trends reagieren? Die Landespolitik (besser auf Bundesebene) ist gefragt, hier endlich Gesetze zu erlassen. Bürgermeister sind gefragt, wenn es um die Einbeziehung von ortsansässigen Betrieben in kommunale Feierlichkeiten geht. Tourismus im Ort ohne landestypische Speisenangebote - unvorstellbar.
Ein weiteres Problem ist die Ungerechtigkeit des Steuersatzes. Während Speisen im Catering oder in der Bäckerei/Metzgerei mit 7 Prozent Mehrwertsteuer verkauft werden, geht beim Gastronomen alles mit 19 Prozent über die Theke. Die Politik verspricht seit Jahren eine Korrektur.
Die Ausgehgewohnheiten junger Leute haben sich geändert in der Stadt. Ein Coffee oder Snack to go hat damit aber nichts zu tun. Wir Gastronomen müssen umdenken. Deutsches Essen heißt nicht automatisch ein großes Stück Fleisch. Leichte und gesunde Kost sind ebenso wichtig wie ein helles, geruchsneutrales Ambiente. Momentan beleben Familien oder Senioren die verbliebenen Lokale - privat oder in Busgruppen. Solange deren Rente gesichert ist, überlebt noch so mancher. Doch diese Entwicklung scheint genauso düster zu sein wie die der alten Wirtshäuser.
Thomas Eberhardt, Gastronom in fünfter Generation, DeHoGa Fachgruppe Gastronomie, Kreis Esslingen