Man braucht kein Siechender zu sein, um zu wissen, dass die eigene Welt endlich ist. Mitunter kann es ganz schnell gehen. Mit 12 zu 14 Stimmen verfehlte ein Antrag im Juni in Paderborn nur knapp die nötige Mehrheit. Beim Treffen der Delegierten der Basketball-Bundesligen ging es um die Frage, ob in den Hallen ab der Saison 2020/21 ein Minimum von tausend Sitzplätzen vorgeschrieben sein soll. Einer, der die Hand hob und dagegen stimmte, ist Christoph Schmidt. Der für den Sportbereich zuständige Geschäftsführer der Knights weiß: Ein positives Votum hätte für den Standort Kirchheim das Aus bedeutet.
Der Kampf ums Erfüllen von Lizenzkriterien gehört seit Jahren zu Schmidts Geschäftsfeld. Ein Kampf, der dem Wettlauf zwischen Hase und Igel gleicht. Erst kam der Parkettboden in der Halle, dann mussten Standkörbe her, in diesem Jahr gehen die Knights erstmals mit digitalen Werbebanden und einer JBBL-Mannschaft in die Saison. Die verpasste Jugend-Quali im vergangenen Frühjahr kostete den Verein 10 000 Euro. Geld, das man lieber in bessere Verwaltungsstrukturen oder den Sportbetrieb gesteckt hätte. Schmidt ist klar: Die Uhr tickt. Im Juni ist es noch mal gut gegangen. „Aber es gibt keinen Zweifel, in welche Richtung sich die Liga bewegt“, sagt er.
Zum Ende der kommenden Saison laufen die Standards aus, zu denen sich die Klubs im Fünf-Jahres-Takt verpflichten. Für Schmidt steht fest, dass es im Frühsommer 2020 um viel mehr gehen wird: Event-Technik, eine eigene Trainingshalle, die Ausgestaltung von VIP-Bereichen und natürlich mehr Platz für Zuschauer. „Wir gehen davon aus, dass wir spätestens ab der Saison 2021/22 die geforderten Standards nicht mehr erfüllen können“, sagt Schmidt.
Es geht um wachsende Pflichtaufgaben, die sich nur stemmen lassen, indem man selber wächst. Deshalb geht es auch darum, eine attraktive Werbe-Plattform zu bieten. Neue Sponsoren, die man händeringend sucht, lassen sich nicht auf Gartenstühle locken, mit denen man in der Sporthalle Stadtmitte seit Jahren gegen die Platznot kämpft und dafür die Häme gegnerischer Fans erntet. „Ohne die Treue unserer lokalen Geldgeber“, sagt Schmidt, „wäre das alles schon lange nicht mehr möglich.“
Die Knights brauchen eine neue Halle, um zu überleben. Eine Erkenntnis, die nicht neu ist, die aber zum ersten Mal konkretes Handeln und ein Zeitfenster vorgibt. Knights-Geschäftsführerin Bettina Schmauder spricht von einem Baubeschluss bis Ende 2020, den man brauche, um im darauffolgenden Frühjahr den Lizenzantrag einreichen zu können. Für eine mögliche zweijährige Bauzeit sähe die Liga befristete Ausnahmegenehmigungen vor. Ziel ist eine Halle für zunächst 2500 Zuschauer, die später mit geringem Aufwand erweiterbar sein soll. „Ob es sich dabei um eine reine Sport-Arena oder eine Multifunktionshalle handelt, ist völlig offen“, sagt sie.
Die Unternehmerin, die für die Freien Wähler im Gemeinderat sitzt, weiß, dass der Zeitplan sportlich ist und meint dennoch: „In der Privatwirtschaft wäre das ein normaler Planungszyklus.“
Die Klub-Führung ist bisher nicht untätig geblieben. Praxisbeispiele, Expertisen, Investoren-Modelle - all das wurde schon geprüft. Grundsätzlich ist allen Beteiligten klar: Die Stadt wird - anders als zurzeit in Heidelberg - im Alleingang keine Halle bauen. Ohne private Investoren aus Hotellerie, Gastronomie, Handel oder Dienstleistung geht es nicht. Zudem braucht es ein städtebauliches Gesamtkonzept, das die Verkehrsinfrastruktur und das gesamte Quartier mit einschließt. Zumindest dann, wenn es um einen Standort geht, der zurzeit am heißesten diskutiert wird: auf dem Bahnhofsvorplatz - also mitten in der Stadt. Eine Halle über dem zentralen Busbahnhof wäre eine denkbare Lösung. Die Neugestaltung des Bahnhofsareals, an dessen Westflanke neue Wohnungen entstehen sollen, ist auch für die Stadt ein drängendes Problem. Ein Hallen-Standort in Autobahnnähe war schon bei früheren Vorstößen am städtischen Veto gescheitert. Erschlossene Gewerbeflächen sind in Kirchheim rar. Eine Neuerschließung würde zu viel Zeit beanspruchen.
Bettina Schmauder erklärt, worum es jetzt geht: Man will eine politische Debatte anstoßen. „Die Vorteile von Lösungen aufzeigen, ohne dass wir das Ganze durch die Knights-Brille betrachten“, sagt sie. Andererseits müsse der neue Gemeinderat zeigen, ob er bereit sei, auch neue Wege zu gehen. „Alles andere würde den Rückzug aus dem Profisport bedeuten.“ Oder eben einen auswärtigen Spielort, doch den will keiner. „Die Knights“, sagt Bettina Schmauder, „sind Kirchheim.“