Ob Edeka oder Rewe, Aldi oder Lidl – das Bild in den Supermärkten der Region ist überall das gleiche: Wo normalerweise Mehlpackungen und Speiseölflaschen stehen, herrscht in weiten Teilen Leere. Der Grund: Viele Menschen decken sich aus Furcht vor Engpässen und Preissteigerungen in Folge des Ukraine-Kriegs mit Weizenmehl, Sonnenblumen- und Rapsöl ein.
Seit ungefähr einer Woche beobachtet Ali Narin, Inhaber des E-Centers im Kirchheimer Nanz-Zentrum, dass die Kunden wieder „hamstern“: „Auf einmal lagen 20 Packungen Mehl im Wagen statt wie üblich zwei“, erzählt er. Das ruft nicht nur bei ihm Erinnerungen an den Beginn der Corona-Pandemie wach, als es einen Run auf Toilettenpapier, Nudeln und Seife gab. Konsequenzen daraus hat Ali Narin – ebenso wie viele andere – bereits gezogen: Er rationiert die Mengen. „Pro Haushalt geben wir maximal noch vier Flaschen Öl ab“, sagt er. Schilder weisen die Kunden darauf hin.
Auch Frank Unverricht, Geschäftsführer von drei Edeka-Märkten in Weilheim und Wernau, beobachtet in all seinen Läden das gleiche Phänomen: „Der Absatz an Öl und Mehl ist sprunghaft angestiegen“, berichtet er. „Die Leute greifen doppelt so gut zu wie sonst, und jeder zweite oder dritte Kunde hat auch ein paar Flaschen Öl auf dem Band.“ Vor allem die günstigeren Sorten sind gefragt. Teure Ware dagegen ist meist noch zu haben.
Hamsterkäufe provozieren Engpässe
Eine tatsächliche Knappheit an Speiseöl und Mehl kann Ali Narin noch nicht erkennen. Vielmehr seien die momentanen Engpässe erst durch die Hamsterkäufe entstanden. „Weil die Menschen im Unverstand kaufen, kommen Logistik und Großhandel kaum noch hinterher“, sagt er. Wann er wieder ausreichend Mehl und Öl geliefert bekommt, weiß er nicht. Auch Frank Unverrichts letzte Warenlieferung sah nicht aus wie erhofft: „Da hat die Hälfte aller bestellten Ölsorten gefehlt – und von denen, die geliefert wurden, ist weniger gekommen als geordert.“
Größere Einkäufe tätigen übrigens nicht nur Privatpersonen. Mühlen aus der Region verzeichnen stark gestiegene Mehl-Bestellungen von großen Kunden: Pizzerien und Bäckereien fürchten offenbar, dass sie aufgrund der Lieferengpässe irgendwann leer ausgehen könnten, und ordern vorsichtshalber gleich die doppelte oder dreifache Menge an Mehl. Angesichts dessen appellieren die Mühlenbetreiber an sämtliche Kunden: Bitte auf übertriebene Vorratskäufe verzichten, dann reicht es für alle.
Preissteigerungen sind zu erwarten
Ob über die aktuellen „Hamster Engpässe" hinaus Öl und Mehl in naher Zukunft tatsächlich knapp werden, bleibt abzuwarten. Eines steht für Ali Narin jetzt schon fest: „Die Preise werden steigen.“ Das ist aus seiner Sicht auch kein Wunder: „Deutschland war bisher der billigste Ölmarkt überhaupt“, sagt er. „89 Cent für einen Liter Öl sind einfach nicht realistisch – und das rächt sich jetzt.“ Auch beim Weizen sind die seit Monaten steigenden Preise mit Kriegsbeginn noch einmal sprunghaft angestiegen. Der Ukraine-Krieg ist allerdings nicht der einzige Faktor: Für weltweite Preissteigerungen sorgen auch Personalausfälle durch die Corona-Pandemie, höhere Kosten für Stickstoff-Dünger und Ernteausfälle bei Ölsaaten durch Hitzewellen, vor allem in Kanada und Südamerika.
Während Öl und Mehl vielerorts fehlen, sind die Supermarktregale ansonsten gut gefüllt. Einen erhöhten Absatz stellt Frank Unverricht zwar auch bei Klopapier, Konserven und teilweise Teigwaren fest. „Da gibt es aber keine Knappheit“, versichert er. Bei Frischwaren sei die Nachfrage wie immer.
Dass sich das Einkaufsverhalten der Menschen geändert hat, führt er übrigens nicht nur auf die Sorge vor Engpässen zurück: „Wegen der hohen Benzinpreise fahren die Leute lieber seltener mit dem Auto zum Einkaufen und legen sich größere Vorräte an“, hat er erfahren.