Kirchheim
Ötlingen wird bunter

Verschönerung Die Unterführung des Ötlinger Bahnhofs nimmt Farbe und Form an. Die zwei kreativen Hobby-Künstler Stefan Fischer und Thai Tran waren am Werk. Von Silja Kopp

Früh am Morgen tragen mehrere Menschen angestrengt 2,20 Meter hohe Platten aus der alten Güterhalle am Kirchheimer Bahnhof. Die bunten Kunstwerke werden in einen Transporter geladen. Aneinandergereiht ergeben sie ein 60 Quadratmeter großes Gemälde, das die Unterführung des Ötlinger Bahnhofs verschönern wird. 

Die beiden Künstler des Graffiti-Gemäldes sind Thai Tran und Stefan Fischer. Beide sprühen schon seit fünf Jahren leidenschaftlich gerne mit der Dose. Die Studenten haben während ihrer vorlesungsfreien Zeit über Weihnachten fast drei Wochen daran gearbeitet. Jeden Tag haben sie sich in der alten Güterhalle in Kirchheim getroffen und die Platten auf den alten Bahngleisen besprüht. In Absprache mit der Stadt Kirchheim haben sie ein Konzept erstellt und ihre eigenen Ideen mit eingebracht.

Stefan Fischer studiert Medienwissenschaft in Tübingen. Der Hobby-Künstler hat schon oft im Auftrag der Stadt Graffities konzipiert. „Manche Motive für das Kunstwerk sind uns spontan eingefallen“, erzählt der Ötlinger. Manche Symbole haben für ihn und seine Familie eine persönliche Bedeutung, die für Außenstehende nicht offensichtlich ist. „Das verstehen dann nur die, die es verstehen sollen“, sagt er und lacht.

Für die beiden Studenten hatte es viele Vorteile, zusammen zu arbeiten. „Jeder hat seine Flächen gemalt, und dann haben wir uns gegenseitig verbessert“, erzählt Thai Tran. Er studiert an der Kunstakademie in Nürtingen und konnte bei diesem Projekt viel lernen. Ein nettes Taschengeld war das Honorar von 750 Euro auch noch. 

Verdient haben die Studenten das Honorar auf jeden Fall. Die Arbeit war für die Künstler wie eine 45-Stunden-Woche. Auf den Platten zeichneten sie die verschiedenen Motive vor. Mit mehreren Schichten Graffiti wurde das Ganze dann in Farbe gesetzt. Später kam noch ein Lack über die Farbe, der das Gemälde schützen soll. „Manche Farben haben chemisch miteinander reagiert. Das würden wir jetzt anders machen“, sagt Thai Tran. Insgesamt sind sie aber sehr zufrieden mit dem, was sie auf die Beine gestellt haben. 

Neben persönlichen Motiven haben die Künstler auf dem Gemälde das inoffizielle Wappen von Lindorf verewigt. Lindorf hat eigentlich kein eigenes Wappen. Allerdings bekam die damals selbstständige Gemeinde 1829 ein Schultheißenamtsiegel zugeschrieben, das drei schwarze Hirschstangen zeigt. In der Unterführung ist gegenüber von dem Kunstwerk ein weiteres Graffiti Gemälde, das die Burg Teck und das Ötlinger Wappen abbildet.

Hermann Kik ist ebenfalls stolz auf das Endergebnis. Der Ortsvorsteher von Ötlingen hat schon 2019 ein Projekt unterstützt, bei dem Stefan Fischer und Daniel Geiger die Außenwand des Ötlinger Bahnhofs mit Farbe geschmückt haben. „Stefan Fischer schrieb uns damals eine E-Mail, dass ihm der Ötlinger Bahnhof nicht gefällt und man ihn mit Farbe doch verschönern könnte“, erzählt Hermann Kik. Diese Anregung hat die Stadt dann in die Tat umgesetzt.

Dieses Mal hat das Kunstwerk rund 4000 Euro gekostet. Hermann Kik findet, es hat sich gelohnt. „Der erste Eindruck von Kirchheim ist schließlich immer Ötlingen“, sagt er schmunzelnd. Er möchte sich dafür einsetzen, dass die Unterführung beleuchtet wird und die Gestaltung somit noch besser zur Geltung kommt.

„Wir unterstützen das gerne und hoffen, dass dadurch weniger illegal Graffiti gesprüht wird“, sagt Robert Berndt, der Pressesprecher der Stadt Kirchheim. Seit März gibt es die Kampagne „Sauberes Kirchheim“, die weniger Müll und Verschmutzung in der Stadt als Ziel hat. Das Graffiti-Projekt ist kein Teil der Kampagne, spielt der Kommune aber in die Karten. „Es hilft auch dabei, dass sonstige Schmierereien an den Wänden der Unterführung aufhören und dadurch alles ein wenig aufgewertet wird“, meint Robert Berndt. 

Die Graffiti-Wand gefällt nicht nur den Künstlern selbst. Während des Aufbaus der Platten in der Unterführung gab es immer wieder Zuspruch von Fußgängern und Fußgängerinnen, die vorbeikamen und die neu gestaltete Unterführung bestaunten.