Kirchheim
28 Fachkräfte für Landwirtschaft erhielten ihre Abschlusszeugnisse

Beruf 600 Stunden haben sie in ihre berufliche Zukunft investiert und erhielten in feierlichem Rahmen auf dem landwirtschaftlichen Betrieb Reinhold Hägele in Ötlingen ihre Urkunden. Von Thomas Krytzner

Schülerin oder Schüler mag man die gestandenen fünf Frauen und 23 Männer im Alter zwischen 20 und 47 Jahren eigentlich gar nicht mehr nennen. Trotz abgeschlossenem Lehrberuf drückten sie eineinhalb Jahre nochmals die Schulbank, um sich zur Staatlich geprüften Fachkraft für Landwirtschaft ausbilden zu lassen. Das bedeutete für sie, während zwei Schulwintern von November bis April jeweils zwei Abende pro Woche sowie teilweise samstags und in den Schulferien rund 600 Unterrichtsstunden in ihre eigene Zukunft zu investieren. Alle Absolventinnen und Absolventen haben einen eigenen oder elterlichen landwirtschaftlichen Betrieb oder arbeiten nebenberuflich auf einem landwirtschaftlichen Anwesen mit. In ihrem Hauptberuf sind sie zum Beispiel Industriemechaniker, Bürokaufleute, Zimmerer oder haben einen Hochschulabschluss. In feierlichem Rahmen erhielten die Fachkräfte auf dem landwirtschaftlichen Betrieb von Reinhold Hägele in Ötlingen ihre Abschlusszeugnisse und Urkunden. Petra Rauch, Leiterin der Fachschule für Landwirtschaft im Nebenerwerb, lobte die Selbstdisziplin der erfolgreichen Prüflinge: „Sie handelten sich mit dieser Ausbildung einen Sack voll zusätzlicher Aufgaben zum Hauptberuf ein.“ Fröhlich verkündete sie: „Sie haben alle bestanden.“

 

Die Kultur-landschaft muss erhalten bleiben.
Dr. Marion Leuze-Mohr, Erste Landesbeamtin im Landkreis

 

Respekt für die abgeschlossene Zusatzausbildung zeigte Dr. Marion Leuze-Mohr, Erste Landesbeamtin im Landkreis Esslingen: „Die Zeugnisübergabe ist das Ende einer guten Schulzeit. Für den Berufsstand ist es wichtig, dass sich Landwirte aus- und weiterbilden.“ In Zeiten, wo die Landwirtschaft zu 80 Prozent im Nebenerwerb betrieben werde, sei es wichtig, dass die Fachschule wahrgenommen wird, führte die Stellvertreterin von Landrat Eininger aus. „Die Landwirtschaft in unserem Landkreis besticht durch große Vielfalt wie etwa Obst- und Gemüseanbau, Weinbau, Ackerbau und Direktvermarktung“, betonte Marion Leuze-Mohr. Dazu brauche es unterschiedliche Unternehmen mit unterschiedlichen Leidenschaften. Sie nannte den frischgebackenen Fachkräften ein klares Ziel: „Die Kulturlandschaft muss erhalten bleiben.“

Klassenlehrerin Gabriele Wachter ließ die vergangenen Monate Revue passieren: „Die eineinhalbJahre dauernde Schulzeit brachteHerausforderungen wie Personalwechsel in der Lehrerschaft und die Corona-Pandemie mit sich.“ Sie bestätigte, dass die Teilnehmenden die zusätzliche Belastung zum Arbeits- und Familienleben gut gemeistert haben. „Das Ergebnis der Zeugnisse kann sich sehen lassen. Im Durschnitt erreichten sie eine Note von 2,4. Die beste Note war eine 1,5 und sie kam von einer Absolventin.“ Viel Lob gab es während der Abschlussfeier von Klassensprecher Michael Huttenlau. Die Schülerinnen und Schüler hätten sich an der Fachschule gut aufgehoben gefühlt. „Man spürte förmlich die Lust des Lehrkörpers, Wissen zu vermitteln“, bekräftigte er den Eindruck über die harmonische Zusammenarbeit zwischen Schüler- und Lehrerschaft. Nebst den Komplimenten gab es vonseiten der Auszubildenden einen Wunsch nach Verbesserung: „Die Bezahlung der externen Lehrkräfte hat Potenzial nach oben“, betonte Michael Huttenlau.

Diesen Punkt griff Dr. Kurt Mezger, Abteilungspräsident im Regierungspräsidium Stuttgart, direkt auf, bevor er die Zeugnisse übergab. „Für die Finanzierung der Lehrkräfte ist beim entsprechenden Ministerium unser Vorstoß erfolgt, allerdings mit mäßigem Erfolg“, resümierte er, machte den Teilnehmenden der Feierstunde jedoch Hoffnung, dass nun Bewegung in die Sache komme. Bewegung habe es auch in der Zeit der Wenden mit Corona, Ukraine-Krieg und vor allem beim Klimawandel gegeben. „Sie in der Landwirtschaft sind beim Energie- und Klimawandel Betroffene und Verursacher zugleich. Doch das gehört zum Kreislauf der Notwendigkeit, wenn man Lebensmittel erzeugt.“

Der Vertreter des Regierungspräsidiums sieht in der Landwirtschaft nicht nur die Tradition. „Die Nachhaltigkeit tritt in den Vordergrund und man muss von der Landwirtschaft leben können“, betonte Kurt Mezger. Dennoch empfahl er den neuen Fachkräften, sich nicht in der Arbeit zu verlieren, sondern familiäre Netzwerke zu pflegen oder sich in Vereinen und der Kommunalpolitik zu engagieren.