Mit meiner Berufswahl war ich immer glücklich und zufrieden“, zieht Doris Kurka nach fast vier Jahrzehnten Bilanz – wenngleich sie in der Grundschule noch andere Pläne hatte.
Zu jener Zeit wollte die 65-Jährige, die ursprünglich aus Eislingen kommt, Lehrerin werden, was ihr allerdings nach dem Abitur bei der Berufsberatung mit dem unheilschwangeren Satz, „Sie studieren sich in die Arbeitslosigkeit“, ausgeredet wurde. Tatsächlich hatte man in den 80ern angesichts der Lehrerschwemme kaum eine Chance, eine Stelle zu bekommen. Was nun?
Doris Kurka blieb ihrer Passion etwas Soziales zu machen treu. Arbeitete ein Jahr als Erziehungshelferin im katholisch, männlich geprägten Rupert-Mayer-Heim in Göppingen, damals als Schülerhort und Förderschule für Spätaussiedler bekannt, wo sie sich um Jugendliche aus dem Banat, Polen oder Russland, die nicht zuhause leben konnten, kümmerte. Heute nennt sich die Einrichtung Rupert-Mayer-Haus – Kinder-, Jugend- und Familienhilfezentrum. Per Losverfahren kam sie dann im Herbst 1977 an die staatliche Fachhochschule Fulda in Hessen, wo sie ein Studium zur Diplom-Sozialarbeiterin absolvierte.
Schönes Studentenleben
Ihr Studentenleben habe sie genossen, verrät Doris Kurka, die in dieser Zeit einige gemischte Ferienfreizeiten mit ihren Ideen bereicherte. „Da erkannte ich, dass mir ich die Arbeit mit Jugendlichen mehr liegt als mit jüngeren Kindern.“ Nach einem Anerkennungsjahr in einem SOS-Jugendhaus war sie 13 Jahre lang im „Westfälischen Kinderdorf Lipperland“ in Barntrup als Familienberaterin tätig, hatte dort zwischendurch zudem die kommissarische Leitung inne.
Irgendwann kam Heilerziehungspfleger Andreas ins Spiel. Nach ihrer Heirat 1988 freute sich das Ehepaar über ihre Töchter Lara und Rabea, 1996 zogen sie nach Neuhausen auf den Fildern – ein schönes Zuhause, wo es sich wunderbar leben lässt.
„Dann ging es auf Stellensuche, ich wollte langsam wieder im Arbeitsleben Fuß fassen“, berichtet die Sozialarbeiterin, wie sie im Februar 1998 mit einer 30-Prozent-Stelle beim Kommunikationszentrum für interkulturelle Zusammenarbeit in Kirchheim (KiZ) wieder loslegen konnte. Ein „offener Treff“ für benachteiligte Jugendliche verschiedener nationaler Herkunft, wo sie in Gruppen lernen, ihre eigene Lebenssituation zu analysieren, in Berufsperspektiven gefördert werden und über Kontakte zu Beratungsstellen oder sozialen Einrichtungen zeitnah spezielle Hilfsangebote vermittelt bekommen – nur einige Beispiele, von denen die Heranwachsenden profitieren können.
„Für mich war das passend und ich kam relativ schnell auf 50 Prozent“, verrät Doris Kurka und betont: „Es geht viel über Beziehungsarbeit.“ Rückblickend sieht sie im KiZ den Vorteil: „Weil wir so klein sind können wir gleich reagieren, wenn Bedarf ist, wie beispielsweise beim Übergang von der Schule zum Beruf.“
Es dauerte nicht lange, und die umtriebige Schwäbin gehörte zum festen Bestandteil des etwa 30-Mitglieder starken „Pädagoginnen-Treff“. Der war vor über 30 Jahren entstanden, gegründet aus persönlichem Interesse der in Kirchheim im sozialen Bereich tätigen Pädagoginnen, die das Ziel hatten, die Situation von Mädchen und Frauen in dieser Region zu verbessern.
Ende Juni 1995 entwickelte sich daraus der erste, anfangs noch im KiZ stattfindende Mädchen-Treff unter dem Motto „Mädchen machen was los!“. Seit 1998 findet er in den Räumlichkeiten und im Außengelände des Bohnauhauses statt, im Folgejahr kam Doris Kurka dazu und fungiert seitdem kontinuierlich mit acht bis zehn Frauen als erste Ansprechpartnerin. Irgendwann wurde daraus der im Frühjahr stattfindende „Kirchheimer Mädchentag“, zu dem jährlich, außer in der Pandemie 2020 und 2021, zwischen 250 bis 320 Mädchen kommen. „Wir haben mit Elfjährigen angefangen, mittlerweile sind wir runter auf neun Jahre“, so die 65-jährige Organisatorin und verrät: „Es sind immer noch die gleichen Themen und Workshops, da hat sich in all den Jahren nichts geändert. Die meisten der Mädchen gehen gezielt durchs Haus und wissen bereits im Voraus, was sie machen wollen.“
Besonders glücklich ist Doris Kurka über die „gute Atmosphäre“, sie betont: „Es gibt weder Streit noch Gezicke, ich kenne keine Workshopleiterin, die mal eingreifen musste. Die Mädchen freuen sich und nehmen ohne zu murren auch Wartezeiten in Kauf.“ Wichtig am Mädchentag sei, dass sie einige Stunden nur für sich sind, ohne Jungs und ohne Gewalt. Zu Doris Kurkas vielen Stationen gehört seit 2019 außerdem das Kirchheimer Jugendbüro „Go!ES“ dazu, deren durchführende Träger das KiZ und das Brückenhaus sind. All das ist für die Sozialarbeiterin Ende Juni Geschichte. Ob sie ihre Arbeit vermissen wird? Vielleicht, das weiß man ja erst später. „Jetzt freu ich mich erst mal auf meinen Ruhestand: Auf mein neuneinhalbjähriges Enkelkind Luisa, aufs Reisen, Lesen und die Zeit, Dinge zu machen, die liegengeblieben sind, wie beispielsweise meine Dias zu digitalisieren“, verrät Doris Kurka. Dass es mit allem gut weitergeht, da hat sie mit Blick auf ihre Nachfolgerin Franziska Zipperle keine Sorgen – und wer weiß? Vielleicht schaut sie das ein oder andere Mal im KiZ vorbei?