Kirchheim. Mit 80 noch so fit wie mit 30 sein. Wer hegt nicht diesen Wunsch? Sportwissenschaftler Andreas Bredenkamp zeigt auf Einladung von SL Sports, dass dieser Wunsch kein Traum bleiben muss. Vor 200 Gesundheitsbewussten im Best-Ager-Alter erläutert er, dass die Leistungsfähigkeit des Körpers mit dem Wachstum und dem Niedergang der Muskulatur steht und fällt.
Der 63-Jährige weiß, wovon er spricht. In den 1980er-Jahren war er Deutscher Vize- und Deutscher Meister im Bodybuilding in der Gewichtsklasse bis 70 Kilogramm. Muskeln sind also sein Ding. Und so erfahren die Anwesenden, dass der Mensch zwischen dem 30. und 80. Lebensjahr 40 bis 50 Prozent seiner Muskulatur verliert. Damit schwinden etwa Bewegungs- und Schmerzfreiheit, die Leistungsfähigkeit des Herz-Kreislaufsystems, Knochendichte, Bindegewebe und irgendwann die Entscheidung über das eigene Leben. „Das Leben kennt keinen Status quo, das Leben kennt nur Wachstum und Niedergang“, sagt er.
Ernährungstipps, Bewegung und Sport können den Niedergang nicht beeinflussen, sagt der Experte. Vielmehr muss ein gezielter Wachstumsreiz dem Verlust an Muskelkraft entgegengesetzt werden. Dieser entsteht durch Training, Ermüdung und Erholung. So lässt sich das alte Niveau wieder erreichen. Und: „Dieser Wachstumsreiz geht vom Muskel aus“. Denn eine Verbesserung der Muskelleistung löst in anderen Organsystemen ebenfalls Wachstum aus. Ist der Engpass die Energieversorgung, tut er das im Herz-Kreislaufsystem. Ist der Engpass die Stabilität des Körpers, erhöht der Muskel die Knochendichte, verbessert das Bindegewebe sowie die Reißfestigkeit von Sehnen und Bändern. Ebenso wirkt sich die Muskelleistung auf den Stoffwechsel und die Immunabwehr aus.
Immer wieder untermauert Andreas Bredenkamp, der mal eben auch SL Sports-Chef Marco Unverdruss huckepack nimmt, seine Aussagen durch wissenschaftliche Studien. Eine davon zeigt, dass die Muskeln nicht nur verantwortlich für die Mechanik im Körper seien, sondern dass „unsere Muskulatur die größte Drüse unseres Körpers ist, die durch Muskelarbeit einen hormonähnlichen Botenstoff produziert“. Dieser Botenstoff namens Myokin kommuniziert mit allen Organen und auch mit dem Immunsystem. Myokine sind sozusagen die Wegweiser für die T-Lymphozyten und die natürlichen Killerzellen, um Viren und Bakterien zu finden, sie zu bekämpfen und den Genesungsprozess einleiten zu können.
Auch das Gehirn schrumpft und wächst mit den Muskeln. Wird es nicht gefordert, nehmen die Neuronen ab. „Sobald Sie aber Ihr Gehirn fordern, wachsen die Neuronen wieder“, sagt der Sportwissenschaftler. Die Axone, die den Reiz weitertransportieren, werden besser isoliert und können ihn schneller weitergeben. Die Reizübergabe erfolgt in den Synapsen, die sich ebenfalls aufbauen, wenn sie gebraucht werden. Muss dann ein visueller Reiz vom Gehirn verarbeitet werden, kann das schneller geschehen. Die Reaktionsfähigkeit verbessert sich also. Auch hier lässt sich ein Wachstumsreiz mit einem kognitiven, visuellen, motorischen Training setzen, um die Leistungsfähigkeit des Gehirns zu steigern und bis ins hohe Alter zur erhalten.
Doch das beste Training nützt nichts, wenn nicht richtig trainiert wird. So kommt es beim Training auf die Prinzipien „Superkompensation“ und „steigende Belastung“ an. Die Superkompensation besagt, dass zwischen den Trainingseinheiten ausreichende Erholungsphasen liegen. Erst eine vollständige Erholung des Körpers von der Belastung führe zu einem positiven Trainingseffekt. Setze man zu früh mit dem Training ein, dann verstärke sich die Ermüdung. Liege zu viel Zeit zwischen den Trainings, erziele man keine Steigerung. Cornelia Wahl