Da tut sich was im Wald im Hohenreisach in Kirchheim. Für jeden Spaziergänger gut erkennbar, hängen Schilder an Bäumen mit klaren Aufforderungen. So soll man beispielsweise seinen Namen mit Stöckchen schreiben, die auf dem Boden liegen, an einer anderen Station gar einen Turm oder ein kleines Zwergenhaus aus dem gleichen Material bauen.
„Der erste Pfad stand unter der Überschrift kreativ, meditativ und gestalterisch“, erklärt Susanne Schöllkopf, Leiterin der Kirchheimer Konrad-Widerholt-Schule, das Sonderpädagogische Bildungs- und Beratungszentrum (SBBZ) mit Förderschwerpunkt Lernen - ehemals Förderschule. Susanne Schöllkopf hatte die Idee, ihre Schüler auch in Corona-Zeiten an die frische Luft zu schicken.
„Ich habe für euch einen Waldspaziergang geplant. Der Spaziergang beginnt am Waldheim, da wo wir uns sonst immer an unserem Waldtag treffen. Es gibt zehn Stationen. Dazwischen seht ihr rote Bänder, die zeigen, dass ihr auf dem richtigen Weg seid“, hat sie ihre Schüler in einem Rundbrief auf Schatzsuche geschickt. An manchen Stationen durfte man etwas gestalten, manchmal etwas überlegen oder malen. Aus Schneckenhäusern, Rindenstücken und Ästen ließ sich ein schönes Mobile bauen. Außerdem bekamen die Kinder die Aufgabe, eine Minute ganz still zu sein. Was sie in dieser Zeit hören, sollten sie auf eine Karten malen oder schreiben.
Mitmachen darf und durfte jeder, der sich im Wald tummelt, und Lust dazu hat. „Liebe Waldbesucher: Bitte die Materialien liegen lassen! Das ist ein Angebot der KW-Schule für ihre Schüler! Kinder dürfen gerne mitmachen!“, steht ausdrücklich auf einem laminierten Zettel. Nach ein paar Wochen wurden die Aufgaben gewechselt. Jetzt ist es ein Bewegungspfad. Die Kinder können über einen Baumstamm balancieren, über einen Graben springen und vieles mehr. Auch die Motorik wird gefördert, wenn zum Beispiel Kiefernzapfen in einen Korb geworfen werden sollen - mit fünf Versuchen.
„Die Kinder lieben es, im Wald zu sein“, ist die Erfahrung von Susanne Schöllkopf. Deshalb gibt es an ihrer Schule die Waldpädagogik. „Der Wald ist positiv besetzt, die Kinder lernen viel, denn Bewegung ist das Tor zum Lernen“, sagt sie. Mit ihren Aktivitäten will die Pädagogin auch die Freude an der Natur wecken. In der Corona-Zeit konnten auch ihre Schüler nicht persönlich unterrichtet werden. Deshalb gab es dieses Angebot für Eltern und Kinder als Anreiz, einfach mal rauszugehen und sich ohne Leistungsdruck ein klein wenig sportlich und kreativ zu betätigen und Aufgaben zu lösen. „Welche Tiere würden sich über viel Wasser im Tümpel freuen?“, lautete beispielsweise eine Frage.
„Wir nehmen die Kinder in ihrer Gesamtpersönlichkeit wahr, wir denken nicht defizitorientiert, wie es charakteristisch für das Schulsystem ist“, zeigt Susanne Schöllkopf den Unterschied auf. Mit den beiden Pfaden wollte sie auch bewusst einen Kontrapunkt zum „Hype digitales Lernen“ setzen. „Lernen vollzieht sich in Beziehung. Alles andere ist eine Notlösung“, erklärt die Schulleiterin.
Aufmunterung und Anreiz für die Schüler gab es auch. „Für alle bewegungsfreudigen Schülerinnen und Schüler, die den Pfad gemacht haben, gibt es in der Schule eine kleine Überraschung!“, lautet das Versprechen. Beim ersten Pfad gab es als Belohnung einen Gutschein entweder für ein Hotdog, eine Pizza oder ein Eis. „Man sieht an den Spuren, dass unser Angebot angenommen wurde“, freut sich Susanne Schöllkopf beim abendlichen Spaziergang durch den Wald. Positiv überrascht ist sie auch, dass nichts beschädigt wurde - bis auf die letzte Station. Dort war eine Zielscheibe angebracht, und die war ziemlich schnell weg.