Fußgängerzone in Teilzeit: Diese „Arbeit“ hat die Dettinger Straße in Kirchheim am gestrigen Montag aufgenommen. Zwischen Tag und Nacht wechselt sie nun vom Auto- auf den Fußgängerbetrieb. Die Regelung ist ein Kompromiss, wie Bürgermeister Günter Riemer zum Auftakt am Rand des Märzenmarkts sagte: „Das hat der Gemeinderat vorerst einmal als Teillösung beschlossen. Es gibt Stimmen, die fordern eine dauerhafte Fußgängerzone. Das liegt aber nicht im Interesse der Händler.“
Nun also lässt sich die Dettinger Straße tagsüber mit allen möglichen Fahrzeugen benutzen - wie bisher auch. Abends verwandelt sich die Straße dann in eine Flaniermeile, an normalen Werktagen ab 19 Uhr, am Samstag ab 17 Uhr. Zu diesen Uhrzeiten fährt der neu installierte Poller automatisch hoch. Dann kommt niemand mehr durch, der mit Motor und mindestens vier Rädern unterwegs ist.
Für gewöhnlich senkt sich der Poller an den Einmündungen von Ziegel- und Stiegelstraße morgens um 5 Uhr wieder von selbst. Der Lieferverkehr kann also ganz normal weiterlaufen. Eine Ausnahme stellt das Wochenende dar, weil die freie Fahrt, die am Samstag um 17 Uhr unterbrochen wird, erst wieder am Montag ab 5 Uhr morgens aufgenommen werden kann. Für Feiertage unter der Woche gilt Ähnliches. Die Durchfahrt wird erst wieder am Folgetag um 5 Uhr freigegeben. Allerdings beginnt die Sperre am Vorfeiertag nicht um 17, sondern um 19 Uhr.
Die Idee, die hinter der temporären Fußgängerzone steckt, ist simpel. Die Ladenbesitzer, die um ihre Kundschaft fürchten, sobald diese nicht mehr mit dem Auto vorfahren darf, haben keinen Grund zur Beunruhigung: Zu ihren üblichen Öffnungszeiten ist das Autofahren ja weiterhin gestattet. Die Gastronomen wiederum, die mit den ersten warmen Sonnenstrahlen mit der Außenbewirtung starten, haben zumindest abends sowie an Sonn- und Feiertagen ein attraktiveres Angebot als jemals zuvor. Gleiches gilt für die Bürger: Wer mit dem Auto zum Einkaufen vorfahren möchte - oder auch muss -, kann das weiterhin tun. Wer dann aber abends flanieren will oder aber ohne Lärm und Sichtbehinderung durch Autos im Freien essen und dazu ein Feierabendgläschen zu sich nehmen möchte, wird sich über diese Aussicht freuen und dem Sommer bereits entgegenfiebern.
Wer dagegen als Anwohner, als Lieferant, im Rettungseinsatz oder aus einem anderen berechtigten Grund in den Abend- und Nachtstunden trotz Fußgängerzone die Dettinger Straße befahren muss, der hat nicht etwa ein Problem, sondern eine Telefonnummer. Wenn er diese Telefonnummer anwählt, senkt sich der Poller von selbst - und die Zufahrt ist freigegeben. Das Geheimnis ist jedoch nicht die Nummer, unter der der Poller zu erreichen ist. Das „Sesam, öffne dich“ für die Zufahrtsberechtigten ist vielmehr ihre eigene Handynummer: Sie müssen diese dem Ordnungsamt mitteilen und zugleich einen guten Grund angeben, warum sie dort fahren müssen. Dann „erkennt“ der Poller die gespeicherte Nummer und wird entsprechend aktiv.
Wenn sich der Poller bewegt, leuchtet eine Ampel rot auf. Außerdem blinkt die Durchfahrtssperre auch selbst auf. Ist sie ganz hochgefahren, schaltet sie - wie auch die Ampel - auf Dauerrot. Als Nachrüstung denkt die Stadtverwaltung bereits über ein Hupsignal nach, das dann ertönen soll, wenn sich der Poller bewegt. Außerdem hat sich beim Probetermin gestern herausgestellt, dass auch eine Ampel in der Gegenrichtung sinnvoll sein könnte: Trotz Einbahnstraße wenden Autofahrer mitunter, oder sie fahren rückwärts wieder aus der Dettinger Straße heraus. Also braucht es auch in der nicht erlaubten Richtung ein zusätzliches Warnsignal.
Ein Anfang ist gemacht
Für Bürgermeister Riemer ist der Poller in der Dettinger Straße der erste seiner Art, der an der Zufahrt zum Schlossplatz einen „Kollegen“ erhalten könnte. Auch für die Passanten, die gestern zufällig vorbeikamen, ist die mobile Sperre in der Dettinger Straße nur ein erster Anfang: Sie alle forderten eine dauerhafte Fußgängerzone. Kein Wunder: Sie selbst waren allesamt zu Fuß oder per Rad unterwegs.