Jubel, Trubel, Heiterkeit: Auch wenn die Fans der deutschen Nationalmannschaft ungewöhnlich lange auf den ersten Grund zum großen Freudenschrei warten mussten - bis zur fünften Minute der Nachspielzeit im zweiten WM-Spiel -, gab es danach kein Halten mehr: Was am Samstag zwischen Flensburg und Berchtesgaden galt, war in Kirchheim keinen Deut anders.
Kein Halten bei der Kroos-Feier in Kirchheim? Das stimmt nur im übertragenen Sinn. Es gab durchaus einen „Halt“, an dem keiner vorbeikam, zumindest nicht mit dem Auto. Der südliche Alleenring zwischen den Einmündungen der Jahnstraße und der Hindenburgstraße war gesperrt.
Die Polizei als Spaßbremse? Eben nicht: Pressesprecher Frank Natterer vom Polizeipräsidium in Reutlingen lässt am Telefon keinen Zweifel daran, dass auch er sich wünschen würde, Deutschland bis zum Finale anfeuern zu können. Das gilt aber nur für den Privatmann Frank Natterer. Dienstlich muss er eine andere Linie verfolgen. Nicht, dass sich die Polizei als Ordnungsorgan ein frühes Ausscheiden von Löws Truppe wünschen würde. Aber die Beamten müssen eben darauf achten, dass beim kollektiven Feiern die Freude nicht in Frust umschlägt.
Der Frust wäre programmiert, wenn sich Menschen verletzen - mitunter sogar schwer - oder wenn an den Fahrzeugen Schaden entsteht, der sich auch durch die schaurig-schönsten schwarz-rot-gelben Auto-Accessoires nicht mehr verstecken ließe.
„Gefährliche Gemengelage“
Deswegen lautet die Devise der Polizei für Kirchheim: „Wir wollen nicht, dass direkt nach Spielende der Fahrzeugverkehr am Alten Haus durchgeht.“ Dort herrscht Frank Natterer zufolge nämlich am breiten Fußgängerüberweg eine „gefährliche Gemengelage“ im Jubelüberschwang. Fahrzeuge und Passanten kreuzen ihre Wege, in jeweils beiden Richtungen. Und die gelöste Stimmung sorgt auf beiden Seiten für Unachtsamkeit. Der vorangegangene Alkoholkonsum tut ein Übriges - hoffentlich nur bei den Fußgängern.
Am Überweg zwischen Marktstraße und Dettinger Straße sei es in der Vergangenheit bei Fußballfeiern schon wiederholt zu „Vorfällen“ gekommen. Immer wieder habe es Verletzte gegeben. „Wir wollen, dass alle gesund bleiben“, fasst Frank Natterer den wichtigsten Grund der Polizei zusammen, warum sie im Jubelfall die Alleenstraße an dieser neuralgischen Stelle für einige Zeit sperren muss.
Den Fahrzeugen wiederum tut das beliebte „Aufschaukeln“ durch die begeisterten Passanten nicht wirklich gut. Hinzu kommt ein weiterer Aspekt: „Wo Menschen auf der Straße stehen und feiern, geht schon auch mal Glas zu Bruch.“ Auch das kann später zu Frust und Ärger bei manchem Autobesitzer führen. Schließlich will der jubelnde Autofahrer den Sieg seines Teams höchstens so lange feiern, bis er selbst platt ist - nicht aber seine Reifen.
Deswegen also bleiben die Zufahrten zum Alleenring vom Rossmarkt bis zum Krone-Kreisel auch bei künftigen Spielen mit Korso-Potenzial gesperrt. Frank Natterer sagt, dass dieses Vorgehen im gesamten Präsidiumsbereich gilt - wenn vergleichbare Gefahrenstellen vorliegen wie in Kirchheim am Alten Haus. Die Nürtinger Bahnhofstraße beispielsweise sei ein ähnlich neuralgischer Punkt.
Und dann macht Frank Natterer doch noch die gesamte Polizei in den drei Landkreisen Esslingen, Reutlingen und Tübingen zum kollektiven Fan der deutschen Mannschaft: „Wir werden die Straßen an den entsprechenden Stellen weiterhin konsequent sperren - hoffentlich bis nach dem Finale!“