Kirchheim. Der Krimi ist der Liebling unserer Zeit, warum auch immer. Kein Fernsehabend ohne mehrere Krimis. In den Buchhandlungen sind die Regale mit Krimis gefüllt. Warum sollte sich nicht auch auf der Bühne ein Krimi abspielen? Man will doch schließlich im Theater auch einmal ohne Problembelastungen unterhalten sein.
Die Badische Landesbühne hat mit ihrem Gastspiel diesen Wunsch erfüllt. Mit „Fisch zu viert“ greift sie auf eine bewährte Kriminalkomödie zurück. Ursprünglich handelte es sich bei dem Text von Wolfgang Kohlhaase und Rita Zimmer in der DDR um ein Hörspiel aus dem Jahr 1968. 1970 wurde ein Film daraus, danach ein Bühnenstück, das auch später im Westen gespielt wurde. Die wohlhabenden Brauerei-Erbinnen Charlotte, Cäcilie und Clementine wollen mit ihrem Diener Rudolf einen erholsamen Sommerurlaub bei Neuruppin verbringen. Dieser will aber nach 30 Jahren Dienst und Liebhaber der Damen endlich etwas von der Welt sehen. Er bittet jede Dame einzeln um einen finanziellen Vorschuss auf das Erbe, das ihm in intimen Stunden jeweils versprochen worden ist. Ohne Erfolg. Darauf droht er jeweils vergeblich, die Liebschaft den anderen Schwestern mitzuteilen.
Jede der Schwestern beschließt nun, den Diener mit einem durch Arsen vergifteten Likör umzubringen. Der Diener durchschaut das Manöver und ersetzt das Arsen im Giftschrank durch Zucker und vergiftet seinerseits einen der beiden Fische beim gemeinsamen Fischessen. In diesem Falle darf das Ende eines Krimis verraten werden: Der jüngsten Schwester, Clementine, die noch im Besitz von echtem Arsen war, gelingt es, den Likör im Glas des Dieners zu vergiften. Am Schluss liegen vier Leichen auf der Bühne. Wie lustig.
Türen zum Szenenwechsel
Eine gewichtige Rolle spielen die vier Türen im grünen Salon des Landhauses. Durch das Öffnen und Schließen sind schnelle Szenenwechsel und ein rasantes Tempo möglich. Aus einer Tür erscheint Clementine, die vom Ballett und vom Tanz geprägt ist, aus der zweiten Cäcilie, ein dem Reitsport huldigendes Energiebündel mit Reitgerte. Ruhiger wird es, wenn die dritte Tür aufgeht und die geschäftstüchtige Charlotte heraustritt. Eine Entwicklung dieser Figuren findet nicht statt und ist auch nicht nötig. Mehr Variationsmöglichkeiten hat der Darsteller des Dieners Rudolf, der aus der vierten Tür schreitet. Er kann zwischen dem steifen, servilen Diener, dem ehemaligen Liebhaber und dem aufmüpfig Drohenden variieren. Als älterer Herr zeigt sich er aber erstaunlich bewegungsbegabt.
Bei dem Bühnengeschehen scheint man so nebenbei etwas von der DDR-Patina wahrzunehmen: Die Schwestern sind Schmarotzerinnen einer kapitalistischen Bierfirma, und der Diener träumt davon, endlich etwas von der Welt, beispielsweise von Rom oder Australien, zu sehen. Das war damals einem DDR-Normalbürger nicht möglich.
Die Dialoge bieten einigen Witz. Es dauert allerdings eine Weile, bis die Pointen beim Publikum ankommen. Das lag wieder einmal auch an der schon oft beklagten schlechten Akustik der Stadthalle. Doch die Stimmung steigerte sich über eine schwarze Nacht mit Taschenlampen bis zu einem Todestanz bei Donauwalzermusik vor dem fast gleichzeitigen Tod aller Beteiligten. Dem Publikum hat der Theaterausflug in die Krimiwelt gefallen. Ulrich Staehle