Kirchheim. Singende Vögel, summende Fliegen, bellende Hunde – seit jeher sind Tierlaute für Komponisten eine Quelle der Inspiration. Von der Musik des Mittelalters bis zu Techno haben sie sich in der Tierwelt bedient und alles vertont, was da kreucht und fleucht. Im Alten Gemeindehaus präsentierte der Kirchheimer Violinist Bernhard Moosbauer unter dem Motto „Tierisch, tierisch – Animalisches in Wort und Ton“ in einer literarisch-musikalischen Soiree eine originelle Symbiose: Humorigen Texten von Karl Valentin, Heinz Erhardt und des Schweizer Kabarettisten Emil stellte er Musik aus Renaissance und Barock gegenüber, die Tierlaute persifliert.
Los ging es mit der Sonata „Cucù“ von Johann Heinrich Schmelzer, einem kurzen Barockwerk, in dem der Kuckuck reichlich Gelegenheit hat, seinen charakteristischen Ruf anzustimmen. Trefflich unterstützt von Ricarda Hornych an der Theorbe, einer um 1600 entwickelten vielsaitigen Schalenhalslaute, und Ulrich Schneider ließ Moosbauer auf seiner Barockvioline die Kuckucksrufe erklingen. Und in Johann Jakob Walthers „Scherzo d’ Augelli con il Cuccu“ lieferten sich gleich zwei Kuckucke einen heftigen musikalischen Wettstreit darum, wer wohl mit den schönsten Tönen brillieren könne.
Nach diesem äußerst vergnüglichen musikalischen Spaß brachte in Giovanni Girolamo Kapsbergers „Canario“ das durch feine Saitenspiele und kecke Cello-Pizzicati repräsentierte Vogelgezwitscher das Publikum zum Staunen. Ebenso beeindruckend wie die skurrilen musikalischen Pretiosen war die Qualität der instrumentalen Präsentation. Da stimmte alles: das perfekt abgestimmte Zusammenspiel, die technische Bravour und die stilgerechte Umsetzung der Interpretationen. Bernhard Moosbauer entpuppte sich nicht nur als Meister der Saiten, bei den literarischen Einschüben überzeugte er zudem durch sprachliche Wendigkeit. Er differenzierte in der Stimmfärbung und bewies darüber hinaus eine besondere Sprachbegabung, als er die Texte mit österreichischem, schweizerischem oder bayerischem Idiom färbte.
Damit erhielten die absurden Texte des Münchner Komikers Karl Valentin eine besondere Note – etwa als dieser in einer unglaublichen Geschichte die wassertechnischen Probleme der Goldfische in seinem im Schlafzimmer aufgestellten Aquarium schildert oder wie er erfolglose Fischer mit der Erfindung einer Magnet-Angel, kurz Emfaf, beglückt hat.
Emil kommt nicht zu kurz
Erheiternd war auch das chaotische Wirken des Kabarettisten Emil – der früher tatsächlich mal Postbeamter war – als Kreuzwort rätselnder Postler im Telegrafenamt. Nach einigen Verwirrungen und den am Ende wild durcheinandergewürfelten Telegrammtexten fand er schließlich doch noch das im Rätsel gesuchte Grautier: den Esel.
Ein Sprachkünstler der besonderen Art war der geniale Heinz Erhardt. Seine witzigen Gedichte, die Alltägliches zum Besonderen machen, brillieren durch Hintersinn und Nonsens. Moosbauer las das Gedicht von der Kellermaus, die sich ins Dachgeschoss schlich und dort nach einem Verwirrspiel doch noch von einer Katze verspeist wurde. Und als er von der Made erzählte, deren Gatte von einer Ameise verspeist wurde, hatte er die Lacher auf seiner Seite.
Als Moosbauer wieder zur Violine griff, brannte er ein technisches Feuerwerk ab. Jakob van Eycks Solowerke „Den Nachtegael“ und „Engels Nachtegaeltje“ boten dem Geiger reichlich Gelegenheit, finger- und bogentechnische Akrobatik zu zeigen. Makellos schnurrten die rasanten Läufe, und immer wieder schallten die eingestreuten Rufe der Nachtigall keck durch den Notentext.
Frosch, Wachtel und Kuckuck
Noch tierischer wurde es bei der „Sonata representativa“ des barocken Geigenvirtuosen Heinrich Ignaz Biber. In dieser eigentlich für einen Karnevalsball des mährischen Adels geschriebenen plakativen Musik quaken Frösche, Wachtel und Kuckuck zwitschern um die Wette, und neben einem prächtigen „Musqetir Mars“ sind miauende Katzen zu hören. Das klang in der differenzierten Wiedergabe von Bernhard Moosbauer, Ricarda Hornych und Ulrich Scheider phänomenal aufregend, sehr zur Freude des begeisternd applaudierenden Publikums im Gemeindehaus. Rainer Kellmayer