Seit gut anderthalb Jahren lässt sich der Kirchheimer Freihof von der Plochinger Straße aus nicht mehr anfahren: Eng gesetzte Pfosten ermöglichen nur Fußgängern oder Zweirädern einen Durchlass. Grund für die Sperre waren die vielen „Elterntaxis“, die zu bestimmten Zeiten an der Wollmarktstraße angehalten haben, um Kinder zu Schulbeginn aussteigen zu lassen oder nach Schulende darauf zu warten, dass sie wieder einsteigen.
Was hat sich seither getan? Andrea Bizer, Schulleiterin der Freihof-Grundschule, Marlon Lamour, Rektor der Freihof-Realschule, und Kirchheims Erster Bürgermeister Günter Riemer sind sich in der Bewertung einig: Die Situation in der Wollmarktstraße sei viel besser geworden, aber zu hundert Prozent lasse sich das Problem trotzdem nicht lösen.
„Taxis“ als kleine Minderheit
Alle drei betonen, dass es ihnen nicht darum geht, pauschal alle Eltern für das hohe Verkehrsaufkommen verantwortlich zu machen. Günter Riemer verweist auf eine ältere Erhebung an einer anderen Kirchheimer Schule. Dort waren es damals rund zehn Prozent der Schüler, die regelmäßig von ihren Eltern gebracht und abgeholt wurden. 90 Prozent der Schüler waren also mit dem ÖPNV unterwegs, mit dem Rad oder zu Fuß.
Schon allein aus diesem Grund kann es keinen Generalverdacht geben. Aber es geht eben nicht nur um Prozentzahlen. Die absoluten Zahlen können selbst bei einer geringen Prozentzahl zum Problem werden. Ein fiktives Beispiel: Bei 1 000 Schülern und den gegebenen zehn Prozent – vorausgesetzt, dass es keine „Eltern-Sammeltaxis“ gibt – sind es trotz allem 100 Autos, die allesamt innerhalb derselben Zeitspanne von fünf bis zehn Minuten rund um die Schule anhalten. Weil es gar nicht so viele Parkplätze gibt, halten sie auf der Straße, auf Geh- und Radwegen, vor Hofeinfahrten, Garagentoren oder gleich auf dem Schulhof.
„Wo ist das Problem?“, mögen sich diese Eltern denken, „es sind doch nur ein paar Minuten.“ Das Problem ist eben die massive Ballung der Fahrzeuge in kurzer Zeit. Dazu kommt die unübersichtliche Situation, mit Anhalten, Weiterfahren oder auch noch Wenden.
Unübersichtlich ist diese Situation vor allem für Grundschulkinder. Ihnen fehlt vielfach noch die Erfahrung im Straßenverkehr, und außerdem können sie nicht über die Autos drübersehen. „Unsere Grundschuleltern sind in großer Sorge, weil da jederzeit etwas passieren kann“, sagt Andrea Bizer. Die Eltern seien froh, dass es die Pfosten zur Plochinger Straße hin gibt. Das bedeutet aber nicht, dass gar keine Autos mehr in der Wollmarktstraße fahren. Auch Schulkinder werden nach wie vor dort abgeholt, die Zufahrt über die Herdfeldstraße ist ja offen. Andrea Bizer erwähnt aber auch, dass die soziale Kontrolle deutlich zugenommen habe: Eltern werden angesprochen und gefragt, ob sie denn nun wirklich direkt am Freihof ihr Kind abholen müssen.
Das führt häufig zu Ausweichverhalten. Statt dann aber die vorgesehenen Plätze in der Lauterstraße zu nutzen oder im Idealfall gleich am Ziegelwasen zu warten, wird außer der Plochinger Straße auch die Herdfeldstraße auf der anderen Seite der Lindach benutzt, wie Günter Riemer berichtet: „Da sind die Anwohner nicht erfreut, wenn sich die Autos rund um die Friedhofskapelle stauen.“
Temporäre Sperre als Lösung?
Was gibt es für Alternativen? Marlon Lamour sieht kaum ernsthafte Möglichkeiten: „Wir sind schon sehr zufrieden, weil sich durch die Pfosten wirklich sehr viel gebessert hat.“ Das einzige, was es noch gebe, um die Wollmarktstraße komplett zu befrieden, sei eine Vollsperrung, die er derzeit aber nicht fordern will.
Versenkbare Poller, die den Anwohnern in der Wollmarkt- und in der Lammstraße die Zufahrt ermöglichen, kommen aktuell nicht in Frage: „Da müssen wir abwarten, was sich dort mit dem Sanierungsgebiet ergibt“, sagt Günter Riemer. Er bringt aber noch eine Zwischenlösung ins Spiel, die er in Wien kennengelernt hat: „Da gibt es Schulen, wo die Zufahrten temporär gesperrt werden, jeweils zu den Zeiten, wenn die Schule beginnt und wenn sie aus ist. Dann können auch die Anwohner nicht fahren, aber die kennen diese Zeiten und stellen sich darauf ein.“ Es bleibt spannend, ob die Stadt Kirchheim sich mit dieser Lösung anfreunden könnte.