Kirchheims Waldfriedhof soll attraktiver werden: Nicht, dass deswegen mehr Menschen sterben müssten. Aber künftig sollte es dort trotzdem wieder mehr Bestattungen geben. Zu diesem Zweck will die Stadt einen neuen Eingang schaffen. Über den bisherigen Haupteingang sagte Grünflächen-Sachgebietsleiter Christoph Kerner im Ausschuss für Infrastruktur, Wohnen und Umwelt: „Er stellt eine Herausforderung dar – für ältere Menschen, aber auch generell für alle, die in ihrer Bewegung eingeschränkt sind.“ Konkret sprach er von einer „großen Stufenanlage, die auch nicht genormt ist“. Ralph Wölffing-Seelig, Geschäftsführer des gleichnamigen Stuttgarter Landschaftsarchitekturbüros, brachte es ebenfalls auf den Punkt: „Die Treppe ist schwierig zu begehen.“
Ansetzen will die Stadt Kirchheim allerdings nicht direkt an diesem Treppenaufgang, der von Stufen mit Winkeln und unterschiedlicher Breite geprägt ist. Vielmehr geht es darum, am weiter westlich gelegenen Parkplatz anzusetzen: Die dortige Bushaltestelle soll ihrerseits etwas weiter nach Westen „wandern“ und ein Buskap erhalten. Direkt an der Haltestelle ist der neue Eingang zum Waldfriedhof. Von dort führt ein längerer, barrierefreier Weg mit maximal sechs Prozent Steigung zur Aussegnungshalle.
Im Ausschuss stießen die Pläne überwiegend auf Zustimmung. „Es ist absolut notwendig, den Waldfriedhof besser zugänglich zu machen, das wertet ihn auf“, sagte Ulrich Kübler (Freie Wähler). Thilo Rose von der CDU-Fraktion ergänzte: „Wir können hier sogar einem Buskap zustimmen.“
Die Frage des SPD-Fraktionsvorsitzenden Marc Eisenmann, ob man nicht die Bushaltestelle gleich bis zur Notzinger Steige verlegen und den dortigen Nebeneingang zum Haupteingang aufwerten könne, beantwortete Christoph Kerner: „Das haben wir untersucht. Aber erstens geht es da ziemlich am Anfang zu steil hoch, und zweitens war es unsere Prämisse, trotz allem möglichst nahe an die Aussegnungshalle ranzukommen.“
Sabine Lauterwasser (Grüne) hält die Umgestaltung des Eingangs und die bessere Busanbindung für eine Grundvoraussetzung, um sich weitere Gedanken über die Zukunft des Kirchheimer Waldfriedhofs machen zu können (siehe Artikel unten). Sie regte an, den neuen Fußweg auch ausreichend zu beleuchten, um im Winter oder in der Dämmerung für mehr Sicherheit zu sorgen.
Fußweg oder Trampelpfad?
An einer Stelle allerdings waren die Ausschussmitglieder nicht mit der Planung einverstanden: Auf dem Grünstreifen zwischen Straße und Bushaltestelle hätte ein Fußweg entstehen sollen: „Da geht kein Mensch“, prophezeite Ulrich Kübler. „Wenn da jemand läuft, dann müsste er sich schon verirrt haben. Und wenn doch jemand von der Straße zum neuen Eingang will, kann er auch die Buskehre als Weg benutzen.“
Planer Ralph Wölffing-Seelig erklärte, was hinter der Idee des Fußwegs stand: „Bei einer größeren Beerdigung parken die Leute auch unten an der Straße. Und die neigen dann dazu, den direkten Weg zu nehmen. Wenn wir da nichts anbieten, entsteht ein Trampfelpfad.“ Dieses Argument leuchtete zunächst ein. Als es aber hieß, dass die ganz einfache Ausführung nicht möglich ist, weil es auf jeden Fall ein paar Treppenstufen brauche, meinte Ulrich Kübler: „Bevor wir Treppen brauchen, lassen wir es lieber ganz weg.“
Diesem Antrag schlossen sich die Ausschussmitglieder an – bei einer Gegenstimme und einer Enthaltung. Wie sehr dieser Beschluss die Gesamtkosten von 460 000 Euro noch reduzieren wird, steht bislang nicht fest. Eins aber ist sicher: Werden die Kosten im kommenden Doppelhaushalt genehmigt, soll der neue Eingang ab Ende 2022 bereits fertig sein.
„Des isch nix für alte Leit‘!“
Randnotiz von Andreas Volz über die Stufen am Waldfriedhof
Was lange währt, wird endlich gut: 13 Jahre lang hat meine Oma als Witwe regelmäßig auf dem Kirchheimer Waldfriedhof nach dem Rechten gesehen – auf dem Grab, in das sie schließlich auch selbst gebettet wurde. Häufig habe ich sie während dieser Zeit beim Gräbergang begleitet. Das hat vor über 40 Jahren begonnen, als der Waldfriedhof gerade neu angelegt und belegt worden war.
Die ganzen 13 Jahre über hat meine Oma immer wieder gesagt, was sie vom Treppenaufgang von der Straße aus in Richtung Aussegnungshalle hielt – rein gar nichts: „Wie kå mr då bloß solche Stufa nåbaua, die so schief ond schäps send? Des isch doch nix für alte Leit‘!“ Recht hatte sie. Bis heute taugen diese Stufen nichts, zumindest nicht für den Großteil der Friedhofsbesucher – bei denen es sich nun einmal um „alte Leit‘“ handelt.
Was das Design betrifft, mögen diese Stufen ausgefallen sein, vom künstlerischen Standpunkt aus mögen sie ihre Berechtigung haben. Bei Treppen aber, die zum Haupteingang eines Friedhofs führen, ist Kunst am Bau nicht gefragt. Da geht es um reine Praktikabilität. Sie müssen trittsicher sein – gerade für Menschen, die ihrerseits nicht trittsicher sind. Wer auch noch Blumen, Vasen, Hacken oder Besen mitbringt, sollte nicht seine gesamte Aufmersamkeit ausgerechnet den Stufen widmen müssen.
Nun endlich hat auch die Stadt Kirchheim ein Einsehen: Sie will für einen geeigneteren Friedhofszugang sorgen. Das ist mir persönlich eine innere Genugtuung – auch wenn das Grab meiner Großeltern längst schon aufgelöst ist.