Denkmalamt, Untere Naturschutzbehörde, Regierungspräsidium, Ministerium für Landesentwicklung und Wohnen, Umweltministerium des Landes, Umweltministerium des Bundes, Europäische Kommission – So liest sich die lange Liste der Beteiligten, die sich seit 2014 mit dem Reußenstein als Sanierungsfall beschäftigt haben. Jetzt ist das Ende eines elf Jahre dauernden Ritts durch die Instanzen in Sicht. Der Landkreis, dem die Burgruine gehört, ist zum ersten Mal in der Lage, einen klaren Zeitplan für die nötigen Arbeiten vorzulegen und damit auch einen möglichen Freigabetermin für die Pfannensteige. Die Waldtrasse unterhalb der Burg ist seit mehr als einem Jahrzehnt für Radfahrer, Wanderer und Landwirtschaft wegen drohenden Steinschlags gesperrt. Damit klebt allerdings auch erstmals ein Preisschild auf dem Projekt: rund eine Million Euro. Ausgaben, die im Kreis in Zeiten klammer Kassen fallen und die nicht die ganze Wahrheit abbilden. Auch die Sulzburg und die Ruine Rauber weisen schwere Schäden auf und sollen als wertvolle Kulturdenkmäler saniert werden – für weitere zwei Millionen Euro.
Früher hätte man den Maurer am Ort beauftragt. Heute wartet man auf die EU.
Michael Kuch, Kreisrat der Freien Wähler und Landwirt aus Unterlenningen
Am Reußenstein wird der Konflikt zwischen Natur- und Denkmalschutz besonders deutlich. Die Burgruine bröckelt, der Fels, auf dem sie thront, ebenfalls. Gleichzeitig liegt das Wahrzeichen hoch über dem Tal bei Neidlingen in einer der sensibelsten Schutzzonen der Alb. Eine Gemengelage, bei der Fachleute hellhörig werden und die Stirn in Falten legen. Wer sich mit solchen Verfahren auskennt, der weiß: In diesen Fällen ist vieles möglich, bloß keine zügige Lösung des Problems.
Ausflüglern und Wanderern könnte das alles egal sein. Der Reußenstein steht noch immer, bis auf die Besucherterrasse über dem Gewölbekeller ist die Burg auch frei zugänglich. Wäre da nicht eine der beliebtesten Radtourismus-Routen auf die Alb, die direkt unterhalb der Ruine verläuft und seit Bekanntwerden der Schäden als verbotene Zone gilt. Offenbar nicht mehr lange: Von Anfang September bis Ende November kommenden Jahres soll der erste von zwei Bauabschnitten über die Bühne gehen. An erster Stelle steht die Umsiedlung des europaweit nur noch selten zu findenden Kalkpionierrasens, der Lebensraum für seltene Pflanzen ist und am Reußenstein Felsköpfe besiedelt. Das Biotop gilt als Auslöser des langwierigen Verfahrens und unterliegt dem, was Naturschützer innerhalb der EU als „Null-Toleranz-Grenze“ bezeichnen. Erst nach der Umsiedlung kann die eigentliche Felssicherung am Sockel der Burg beginnen. Dabei sollen mehrere Kubikmeter verwitterten und brüchigen Gesteins kontrolliert zum Absturz gebracht werden. Anschließend wäre die Pfannensteige wieder gefahrlos passierbar, also Ende 2026. Im darauffolgenden Herbst fänden die Arbeiten mit der Sanierung des Außenmauerwerks der Burg dann ein Ende. Rund 600.000 Euro für den ersten Bauabschnitt hat der Kreis bereits im neuen Haushalt eingeplant. Der zu erwartende Zuschuss aus dem Fördertopf des Landes zur Erhaltung und Pflege von Kulturdenkmalen ist vergleichsweise bescheiden und beläuft sich auf insgesamt etwa 150.000 Euro.

Mit Erleichterung, aber auch Kopfschütteln wurde die Nachricht vom bevorstehenden Ende der unendlichen Geschichte im Umweltausschuss des Kreistags zur Kenntnis genommen. Man sei glücklich, dass es endlich losgehe. Alle drei Burgen seien von kulturhistorischer Bedeutung für den Landkreis, betonte Grünen-Kreisrätin Clara Schweizer. Identitätsstiftend und daher zwingend erhaltenswert nannte SPD-Sprecher Joachim Hahn die Wahrzeichen aus Stein. Deutliche Kritik kam aus den Reihen von CDU und Freien Wählern. CDU-Vertreter Peter Nester sprach von einem Paradebeispiel für Bürokratismus: „Das versteht kein Mensch mehr.“ Landwirt Michael Kuch (Freie Wähler), Betreiber des Sulzburghofs in Unterlenningen, trägt eine der Kostenstellen sogar im Namen seines Betriebs: „Früher hätte man den Maurer am Ort beauftragt“, meint Kuch, „heute wartet man auf die EU“.
Sulzburg und Rauber einsturzgefährdet
Der Zahn der Zeit nagt immer heftiger an den drei Burgruinen im Besitz des Landkreises. Neben dem Reußenstein über Neidlingen weisen auch die Sulzburg in Unterlenningen und der Rauber zwischen Sattelbogen und Engelhof erhebliche Schäden auf. Rund drei Millionen Euro muss der Kreis in den nächsten Jahren in den Erhalt stecken.
Sulzburg und Rauber sollen aus finanziellen Gründen erst einmal zurück gestellt werden, obwohl dort aufgrund der beträchtlichen Schäden an den Außenmauern „kurz- bis mittelfristig“ der Kollaps droht, wie es in Gutachten heißt. Die Mauerkronen weisen zahlreiche Risse auf, durch die Nässe eindringt. Dennoch sei eine sofortige Sanierung finanziell nicht vertretbar. „Wir reden hier nicht über Peanuts“, sagt Landrat Marcel Musolf über die Kosten. Die Reparaturen am Rauber sollen 2028 beginnen. Die Baumaßnahmen an der Sulzburg im Jahr darauf. Bis dahin will man die Ruine in Unterlenningen für 15.000 Euro mit Verschalungen und Absprießungen provisorisch absichern. bk

