Beim Stichwort Wolf kommt Karl Ederle aus Bissingen schnell in Fahrt. Drei Tage hat er für das fast 600 Seiten starke Werk mit dem provokanten Titel „Zur Hölle mit den Wölfen: Über die Risiken und die Folgen ihrer Tolerierung in einem von Menschen dicht besiedelten Land“ von Frank N. Möller gebraucht. Der passionierte Jäger macht sich vor allem wegen seiner Galloway-Rinder Gedanken und spricht vom „Noch-Weidebetrieb Ederle“. Weide-Schweine gibt es auf seinem extensiv geführten Betrieb bereits nicht mehr, der Landwirt wollte der afrikanischen Schweinepest zuvorkommen. Jetzt macht er sich Gedanken, ob er dem Wolf zuvorkommen soll.
„Keine ruhige Nacht mehr“
Angst um seine unbehornten Tiere hat er nicht. „Die bilden einen Kreis und können kräftig nach hinten auskeilen“, sagt er. Aufgeschreckt durch einen Wolf - oder andere Ursachen - kann eine Herde jedoch in Bewegung geraten, dann sind Tonnen unterwegs. Große Sorgen bereiten Karl Ederle deshalb seine Halterpflichten. „Wenn der Wolf da ist, kann ich keine Nacht mehr ruhig schlafen. Es gibt keinen Zaun, der die Wölfe abhält. Die graben sich entweder unten durch oder springen drüber. Brechen meine Tiere aus und es kommt zu einem Unfall, muss ich nachweisen können, dass die Ursache ein Wolf war“, sagt er. Seine Pferde-Offenstallhaltung wäre so auch nicht mehr möglich. Zum Thema Versicherung fällt ihm gleich noch was ein: „Wer sich einen Hund mit zwei Kilo zulegt, muss eine Haftpflichtversicherung abschließen - den Wolf lassen wir so rumspringen. Hirsche sperren wir in Gehegen ein, damit sie nicht mit Autos kollidieren. Entwischt einer, wird er erschossen. Das ist doch widersinnig.“
Karl Ederle hat acht kleine Herden auf der Alb und auf Streuobstwiesen. Ein Elektrozaun hält seine Rinder davon ab, sich auf Wanderschaft zu begeben. Wolfsichere Zäune müssen 1,60 Meter hoch sein. „Das ist nicht zumutbar, die sind zu schwer zum Tragen - auch für die Schäfer. Sie sind windanfällig und bei Sturm sinnlos, wenn sie am Boden liegen.“ Die Bayerische Landesanstalt für Landwirtschaft hat ausgerechnet, dass es einen 122 000 Kilometer langen Zaun bräuchte, um die Tiere der 226 bayerischen Schäfereibetriebe zu schützen. Die Investitionskosten würden bei 327 Millionen Euro liegen, die jährlichen Folgekosten bei 35 Millionen.
Die Alternative sind Herdenschutzhunde. Selbst das baden-württembergische Landwirtschaftsministerium schreibt in diesem Zusammenhang von einer risikoreichen Scheinlösung. „Die Sozialisierung dieser Hunde ist extrem aufwendig und erfordert ein hohes Maß an Sachkunde und Verantwortung vom Halter“, wird Dr. Julia Stubenbord, Landestierschutzbeauftragte, auf der offiziellen Homepage zitiert.
„Das ist doch paradox. Uns Weidetierhaltern werden diese Hunde empfohlen, andere Kampfhunde brauchen einen Maulkorb“, hält Karl Ederle nichts von diesem Lösungsvorschlag, für den Forschungsgelder ausgegeben werden. „Der Staat leistet sich den Wolf. Das darf nicht auf dem Rücken der Landwirtschaft ausgetragen werden“, fordert der Bissinger, der sich in diesem Zusammenhang auch Sorgen um die Kulturlandschaft macht: „Der Wolf frisst grasfressende Tiere, aber kein Gras.“ Steile Flächen würden noch mehr verbuschen oder mit Mulchgeräten bearbeitet, die viele Kleinlebewesen schreddern. „Weiden sind die artenreichsten Biotope. Im Kuhfladen wachsen die Larven für die Insekten heran, die die Vögel als Nahrung brauchen. Und wie viele Fliegen sind an einer Kuh?“, fragt Karl Ederle.