Ein tonnenschwerer Stein ist im April durch einen Fangzaun am Drackensteiner Hang gekracht. An der markanten Autobahnstrecke in Fahrtrichtung Stuttgart drohte danach ein weiterer Felssturz. Fachleute bannten damals die Gefahr innerhalb von vier Tagen. – Zumindest vorerst.
Die Arbeiter räumten am Fels über der Autobahn loses Gestein weg und befestigten eine „Fangschürze“ aus einem extrem festen Schutznetz. Wie die Niederlassung Südwest der Autobahn GmbH schildert,
werden so herabfallende Steine zwischen Felswand und Fangschürze nach unten geleitet und bleiben im Schutzraum hinter der Leitplanke liegen.
Die Felssicherung am Albabstieg geht weiter. Petra Hentschel, Sprecherin der Autobahn Südwest, kündigt für Frühjahr 2023 eine Räumung und Felssicherung mit Netzen auf einem 700 Meter langen Abschnitt an. „Derzeit laufen bereits die geologischen Prüfungen zum Zustand der Felsen“, berichtet sie. Schon zuvor sind aber Rodungsarbeiten notwendig. Der Albabstieg ist dann immer wieder nicht befahrbar.
Felsstürze sind spektakulär und dort, wo Menschen unterwegs sind, auch gefährlich. Aus Sicht der Geologie handelt es sich bei den Lösungen im Kalkgebirge um einen gewöhnlichen Vorgang. „Das findet in der Natur laufend statt“, sagt der Laichinger Geologie-Professor Dr. Wolfgang Ufrecht. Sobald ein Gebirge ausgehärtet sei – im Falle der Alb war das vor 145 Millionen Jahren –, beginne dessen Zerfall. Wo im Kalkgestein Wasser versickert, startet durch das im Stein enthaltende Kohlendioxid ein chemischer Prozess. Unten bilden sich Höhlen, oben entstehen Klüfte, die sich durch gefrierendes Wasser weiten. Ufrecht spricht vom „Eisdruck“, der vieles einfach wegdrücke: „Das findet jeden Winter statt.“ Die Schwäbische Alb sei ein „relativ lockeres Gebirge“. Auch Wurzeln von Bäumen und Sträuchern spielten eine Rolle: „Die wachsen jedes Jahr weiter.“
Die Niederlassung Südwest der Autobahn, die mit Björn Beutinger einen Geologen in ihren Reihen hat, weiß um die Problematik. Die Autobahnmeistereien führen täglich Kontrollfahrten durch. Bei genau so einer Routinefahrt wurde am 19. April der herabgestürzte Brocken am Drackensteiner Hang entdeckt. Als Sicherungsmaßnahmen kommen nach Auskunft der Verantwortlichen neben der Räumung von Hand der Einsatz von Netzen, Fangzäunen, Spritzbetonsicherungen, Vernagelungen und Betonplomben infrage. Wenn es nicht anders geht, sind auch Sprengungen möglich. Manchmal ist es eine Kombination von verschiedenen Maßnahmen.
Die Autobahn 8 ist in den Sommerferien mehrmals dicht
Die Ferien bringen viel Reiseverkehr auf den Autobahnen mit sich. Dennoch ist nach Auskunft der Autobahn GmbH in den Sommerwochen mit weniger Pendlerinnen und Pendlern zu rechnen. Deshalb wird die Ferienzeit für Straßenarbeiten am Drackensteiner Hang genutzt.
Von Donnerstag, 11. August, ab 22 Uhr, bis Montag, 15. August, um 5 Uhr, ist eine Fahrbahndeckenerneuerung auf vier Kilometern mit 32 000 Quadratmetern geplant. Wegen der geringen Fahrbahnbreite muss die Maßnahme unter Vollsperrung durchgeführt werden. Da die Bauarbeiten rund um die Uhr laufen, werden sie innerhalb des verlängerten Wochenendes abgeschlossen.
Am Samstag und Sonntag, 17. und 18. September sowie 24. und 25. September, stehen jeweils von 5 bis 20 Uhr Rodungen am Drackensteiner Hang an. Auch hier ist eine Vollsperrung während der Arbeitszeiten aus Sicherheitsgründen erforderlich, da der Baumschnitt von einem Helikopter abtransportiert wird. Diese Rodungen sind Vorarbeiten für die 2023 geplante Felssicherung.
„Erhaltungsmaßnahmen sind notwendig, um der steigenden Verkehrsentwicklung Rechnung zu tragen und die Sicherheit an Autobahnstrecken zu garantieren. Sie werden sorgfältig geplant: So wurden die Sperrungen am Albabstieg zum einen soweit möglich auf Wochenenden gelegt, um die verkehrsintensivsten Zeiten montags bis freitags mit Schwerlastverkehr zu umgehen. Zum anderen wird im 24-Stunden-Betrieb gearbeitet und bei den Rodungen die Sperrung in der arbeitsfreien Zeit aufgehoben“, sagt Christine Baur-Fewson, Direktorin der Autobahn Niederlassung Südwest.
Empfehlung für Umleitungen: Vorrangige Empfehlung für den überregionalen Verkehr ist eine weiträumige Umfahrung vom Autobahnkreuz Ulm-Elchingen über die A 7 und A 6 und von der Anschlussstelle Ulm-West über die B 10 und B 313. Die örtliche Umleitung für den gesperrten Bereich erfolgt von der Anschlussstelle Merklingen über die U 6 zur Anschlussstelle Mühlhausen. Die Autobahn Niederlassung Südwest bittet also alle Reisenden, sich möglichst an die ausgewiesenen Umleitungsstrecken zu halten. Wer nämlich einfach Empfehlungen des Navis folge, riskiere, auf Nebenstrecken und in Ortschaften an roten Ampeln oder an Tagesbaustellen stehenzubleiben. Das belaste nicht nur die Anwohnerschaft, sondern produziere auch Rückstaus, die im schlimmsten Fall im Verkehrschaos enden können. pm