Geschenke
„An Ostern kamen die Ellbogen raus“

Damals wie heute: An Ostern kommt nicht nur die Familie zusammen, es geht auch auf die Suche. ­Menschen erzählen in der Kirchheimer Fußgängerzone, was der Osterhase ins Nest legt. 

Zu Ostern gehören Ostereier, da sind sich die Menschen in der Region einig. Foto: adobe.stock.com

Früher gab es nicht viel zu Ostern. „Wir haben ein paar bunt gefärbte Eier bekommen.“ Sie wurden im Garten versteckt, sofern man einen Garten hatte. „Für uns war es das Allergrößte“, erinnert sich ein 88-jähriger Wernauer mit vor Freude glänzenden Augen. Wenn das Ei einen dunklen Rand um den Dotter hatte, bedeutete das, dass man ein Deifelchen war, sagt er grinsend. Ein besonderer Hingucker war der große rote Zuckerhase, den es zu den bunten Eiern gab. „Wir haben uns sehr gefreut.“ 

Man müsse natürlich bedenken, dass er und seine 87-jährige Frau im Krieg aufgewachsen sind. „Wir hatten nichts. Jeder hatte nur ein Paar Schuhe – das über das ganze Jahr halten musste. Im Sommer sind wir barfuß rumgesprungen, damit wir keine Schuhe brauchten, und hatten immer eine Lederhose an, weil die robust war.“ Dass Geld für die Farbe der Eier und den Zuckerhasen ausgegeben wurde, war etwas ganz Besonderes.

Bücher waren Schätze

„Wir waren sechs Kinder“, sagt eine 67-jährige Kirchheimerin. Ihre Mutter kam aus Ungarn, der Vater aus der DDR. Sie sind in den Süden geflohen und kamen in ein Auffanglager. Wegen der Arbeit ging es dann weiter nach Baden-Württemberg, um genau zu sein nach Riedlingen an der Donau. „Zu Ostern haben wir Schokohasen bekommen – das war nicht viel, aber wir haben uns riesig gefreut.“ Das Gute an der von Entbehrungen geprägten Kindheit sei gewesen, dass sie Kleinigkeiten schon immer zu schätzen gewusst habe. Als es zu Weihnachten ein Buch gab, sei es von ihr und ihren Geschwis­tern wie ein Schatz behütet worden – „weil es einfach kein anderes gab“. Die Frau mutmaßt, dass sich viele Kinder heute gar nicht mehr richtig freuen könnten, weil sie mit Geschenken überhäuft werden.  

Brettspiele sind out

Für eine 16- jährige Kirchheimerin war Ostern immer etwas Tolles, „weil die ganze Familie zusammengekommen ist“. Es ging schon morgens mit einem gemeinsamen Frühstück los. Hefezopf und gekochte Eier standen jedes Jahr auf dem Tisch. „Als Kind musste man das überstehen, weil man erst danach auf die Suche gehen durfte.“ Aus der gesamten Familie kamen die Kinder zusammen: Bruder, Cousins und Cousinen. Im Garten durften sie nach den versteckten Schokoeiern suchen – „da wurde schon der eine oder andere Ellbogen ausgefahren“. Am Ende kamen alle Süßigkeiten auf einen Haufen und sie wurden gerecht verteilt. „Bei der Suche haben wir trotzdem alles gegeben.“

Die 16-Jährige erinnert sich: „Es gab schon auch mal eine CD oder ein Buch, dann aber vor der Suche, von meiner Mutter.“ Das war für die Kirchheimerin das Größte. Jetzt gibt es nur noch ein kleines Kind in der Familie. Bücher bekommt er aber nicht. Das liege wohl dran, dass er nicht gerne liest, mutmaßt sie. Wobei sich vieles auch einfach geändert habe. So habe es damals nur wenige Bücher gegeben, heute könne man überall online darauf zugreifen. Das Gleiche gelte für CDs: Früher konnte man nur die Musik hören, die auf den paar CDs war, die man hatte. Heute gebe es zahlreiche Anbieter und man könne alles hören, was man möchte. 

Auch Brettspiele hätten sich verändert: „Mensch ärgere dich nicht“ sei nicht mehr gefragt – es sei für die heutige Zeit zu einfach gestrickt. Die Spiele hätten jetzt mehr Effekte und wären aufwendiger gestaltet. Die Zeit habe sich einfach geändert. Eines ist jedoch gleich geblieben: Gegrillt wird bei der Kirchheimer Familie wie in ihrer Kindheit immer noch.

Geschenke für die Enkel

„Ich schenke meinen Enkeln gerne eine Kleinigkeit von Playmobil oder Duplo, manchmal auch etwas Geld“, sagt eine 62-jährige Notzingerin. Viel darf es aber nicht sein, das möchten die Eltern nicht. Es sei ihnen wichtig, dass die Familie die Kinder nicht mit Geschenken überschüttet. Um ihren Enkelkindern dennoch eine Freue zu machen, geht sie gerne mit ihnen in den Tierpark. Dann erleben sie zusammen etwas Schönes – und das sei das Wichtigste. Ohne eine Sache könne Ostern jedoch nicht stattfinden: das Osterlamm. „Ich mache es das eine Mal aus einem Hefeteig und das andere Mal aus einem Biskuitteig.“ In jedem Fall backt sie es aber in der über 100 Jahre alten Eisenform, die sie von ihrer Großmutter, die aus Schlesien stammt, bekommen hat.