Kirchheim
Anette Obergfell ist neue Pastorin der Evangelisch-methodistischen Kirche

Kirche Einer ihrer Schwerpunkte ist die persönliche Begleitung von Menschen, gerade in Krisen. Von Peter Dietrich

Pastorin Anette Obergfell lädt in die evangelisch-methodistische Zionskirche ein. Foto: Peter Dietrich

Kurz vor dem Abitur vernahm Anette Obergfell Gottes Stimme in ihrem Herzen: Sie solle Pastorin werden. Doch sie wehrte sich: „Ich kann das doch gar nicht.“ Aufgewachsen in Tuningen im Schwarzwald-Baar-Kreis, machte sie zum Test ihrer Gaben ein Freiwilliges Soziales Jahr in einer Kirchengemeinde in Altensteig. „Wenn Gott einen beruft, gibt er einem auch die Fähigkeiten dazu. So habe ich es erfahren.“ Es folgten ein weiteres Jahr Gemeindepraktikum und ein Studium an der Theologischen Hochschule der EmK in Reutlingen – einige Vorlesungen in Tübingen nahm sie ebenfalls mit. Anschließend führte ihr Dienst sie nach Nürnberg, Heidelberg und zuletzt nach Reutlingen.

 

Wenn Gott einen beruft, gibt er einem auch die Fähigkeiten dazu. 
Anette Obergfell

Am 9. Juni, dem Tag der Europawahl, wird Anette Obergfell um 10 Uhr in der Kirchheimer Zionskirche in ihr neues Amt im Bezirk Teck eingeführt. Gewählt hat in ihrem Fall alleine Bischof Harald Rückert. Denn methodistische Geistliche bewerben sich nicht, sondern erhalten vom Bischof eine Dienstzuweisung, sie gilt immer für ein Jahr. Es ist aber nicht mehr so wie früher, wie manche es aus den Pater-Brown-Verfilmungen mit Heinz Rühmann mit dem bischöflichen Befehl „Es gibt da eine Gemeinde...“ kennen. Die Betroffenen werden zuvor konsultiert und dürfen Argumente vorbringen.

Was Anette Obergfell betrifft, freut sich die 50-Jährige auf ihre Arbeit in Kirchheim, Weilheim und Schlierbach und auf ihren Pastorenkollegen Rainer Zimmerschitt. Denn im Bezirk Teck gibt es viele engagierte Ehrenamtliche, eine große Jugendarbeit und viel sozialdiakonisches Engagement – mit einem öffentlichen Mittagstisch am Donnerstag und einem „Fairteiler“ zur Essensrettung direkt an der Zionskirche. Der Name des Begegnungscafés „Wesley’s“ mitten in Weilheim erinnert an den Gründer der methodistischen Bewegung, John Wesley.

„Ich bin sehr gerne in der EmK“, sagt die Pastorin. „Ich schätze den praktisch gelebten Glauben. Wenn ich eine Beziehung zu Jesus Christus habe, muss das mein Umfeld mitbekommen, durch tätige Nächstenliebe.“ Kernfragen einer Kirchengemeinde sind für sie: „Wo werden wir gebraucht? Wo will Gott uns haben? Was macht es für einen Unterschied, ob es uns gibt oder nicht?“ Sie freut sich auch auf die Ökumene, die Zusammenarbeit mit anderen Kirchen in der Stadt: „Ich sehe uns nicht als Konkurrenz, ich sehe das als Bereicherung.“ Sie schätze es, dass Spiritualität sehr viele verschiedene Formen habe, von der strengen Liturgie bis zu freien Formen. „Ich will mich nicht auf eine Form beschränken und meine Gemeinde auch nicht.“ Berufsbegleitend hat sie in Reutlingen den Studiengang zu „Christlicher Spiritualität im Kontext verschiedener Kulturen und Religionen“ belegt.

Zuerst will sie durch den Bezirk touren und die verschiedenen Gruppen kennenlernen. Menschen, die es aus gesundheitlichen Gründen kaum noch aus der Wohnung schaffen, will sie zu Hause besuchen. Sie hat nicht nur eine Ausbildung in klinischer Seelsorge, sondern auch viel Erfahrung im Begleiten von Menschen, auch in ernsthaften Situationen. Oft höre sie bei einem Gespräch zwischen Tür und Angel ein Anliegen heraus und frage dann: „Soll ich dich mal besuchen, wollen wir einmal spazieren gehen?“

Durch gesundheitliche Probleme seiner Pastoren war der Bezirk Teck lange nur teils besetzt, die Ehrenamtlichen mussten sehr selbstständig handeln. Zurück in voller Besetzung wartet eine große Aufgabe: Der Bau einer neuen Kirche. Denn eine Sanierung der 150 Jahre alten Zionskirche in der Kirchheimer Armbruststraße käme ungleich teurer. Das benachbarte Gemeindehaus soll erhalten bleiben. Ziel ist ein transparenter, einladender Bau. Schon in Heidelberg war die Pastorin beim Umbau eines dunklen Kircheneingangs in ein helles und einladendes Foyer beteiligt.

Zu den Hobbys der ledigen Pastorin zählen Denksport und Puzzles. Ein Puzzle mit 1.000 Teilen ist bei ihr etwas für den Sonntagnachmittag, ihr bisher größtes Puzzle zählte 7.000 Teile. Eines mit 18.000 Teilen habe sie bereits da. „Es ist noch nicht angefangen, aber ich habe es vor.“