Kirchheim
Arbeitgeber halten an Homeoffice fest

Beruf Aufgrund der positiven Erfahrungen werden viele Arbeitnehmer auch über die Corona-Pandemie hinaus die Möglichkeit bekommen, öfter von zuhause aus zu arbeiten. Von Bianca Lütz-Holoch

Die Homeoffice-Pflicht, die wegen der Corona-Pandemie eingeführt worden war, ist ausgelaufen. Sprich: Wenn der Arbeitgeber es verlangt, müssen Arbeitnehmer jetzt wieder ins Büro kommen. In der Praxis allerdings halten viele Arbeitgeber in der Region rund um die Teck am mobilen Arbeiten fest – vorläufig oder sogar grundsätzlich, wie drei Beispiele zeigen.

Die Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen etwa bleibt vorerst bei den Pandemie-Bedingungen. „Solange die Corona-Zahlen so hoch sind, sollen unsere Mitarbeiter noch so viel wie möglich von zuhause aus arbeiten“, sagt Pressesprecher Ulrich Unger. Wann der Ausnahmezustand endet, darüber entscheidet der Corona-Notfallstab des Kreditinstituts. Er tagt alle zwei Wochen und bewertet die Lage immer wieder neu.

 

Das Arbeiten von zuhause aus hat die Leistungen der Kollegen in keiner Weise geschmälert.
Ulrich Unger
Pressesprecher des Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen

 

Aber selbst wenn bei der Kreissparkasse wieder Normalbetrieb einkehrt, wird mehr mobiles Arbeiten möglich sein als vor der Pandemie. „Künftig dürfen unsere Mitarbeiter an drei statt wie bisher an zwei Tagen mobil arbeiten – natürlich immer in Abstimmung mit Vorgesetzten und Stellvertretern“, so Ulrich Unger. Zu dieser weiteren Flexibilisierung haben die Erfahrungen aus der Pandemie beigetragen „Sie sind sehr positiv. Das Arbeiten von zuhause aus hat die Leistung der Kollegen in keiner Weise geschmälert“, berichtet der Pressesprecher.

Der zusätzliche Tag Mobilarbeit soll den Mitarbeitern des Kreditinstituts dabei helfen, Familie und Beruf künftig noch besser vereinbaren zu können. Vor allem für Mitarbeiter, die eine weitere Anfahrt zum Arbeitsplatz haben, bedeutet Arbeiten von zuhause Zeitersparnis und weniger Stress beim Pendeln. Umgekehrt wirkt sich Homeoffice positiv auf die Verkehrssituation aus: „Wenn die Mitarbeiter öfter zuhause arbeiten, entlastet das die Straßen und die Verkehrsmittel.“

Der Austausch auf dem Flur ist nicht zu ersetzen

„Insgesamt haben rund 1000 von 1378 Mitarbeitern der Kreissparkasse Esslingen-Nürtingen die Möglichkeit, mobil zu arbeiten. „Die einen finden es gut, die anderen kommen lieber an ihren Arbeitsplatz“, weiß Ulrich Unger. Er hat aber auch erlebt, wie sogar eingefleischte Bürogänger die Vorteile des mobilen Arbeiten entdeckt haben. Klar ist: „Die Herausforderung, ein Team zusammenzuhalten, wird durch mobiles Arbeiten größer.“ Einen Teil können Telefonate und Videokonferenzen zwar auffangen. „Aber den Austausch auf dem Flur kann das natürlich nicht ersetzen.“ 100 Prozent Heimarbeit ist bei dem Kreditinstitut aktuell kein Thema. „Ich denke, so wie jetzt ist das eine tolle Kombination“, sagt Ulrich Unger.

Auch die Stadt Kirchheim behält erst einmal die Ausnahmeregelungen bei. „Die Notwendigkeit zu Homeoffice besteht aus unserer Sicht weiter“, sagt Kirchheims Pressesprecher Robert Berndt. Schließlich sei die Stadt als Arbeitgeber dazu verpflichtet, Maßnahmen zur Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu ergreifen. Nach wie vor gilt für die Mitarbeiter deshalb auch die Vorgabe, Personenkontakte in Innenräumen, also in den Büros und bei Besprechungen, zu reduzieren.

Von 50 zu 300 mobilen Arbeitsplätzen

Tatsächlich hat die Corona-Pandemie den langfristigen Ausbau des mobilen Arbeitens bei der Stadtverwaltung vorangetrieben. „Vor Corona hatten wir deutlich unter 50 Beschäftigte, die über einen Homeoffice-Zugang verfügen. Inzwischen sind es 300“, legt Robert Berndt dar. „Bereits 2021 wurden aufgrund der positiven Erfahrungen mit Homeoffice die Rahmenbedingungen für die Zeit nach Corona angepasst“, berichtet der Sprecher der Stadt. ​Die Vorgabe lautet: „Dort, wo Homeoffice möglich ist, müssen die Mitarbeiter mindestens die Hälfte der regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit am betrieblichen Arbeitsplatz erbringen.“ In der übrigen Zeit dürfen sie auch von zuhause aus arbeiten. 

Mit einer Mischform zwischen Präsenzarbeit und Homeoffice hat die Firma Fischer Weilheim ebenfalls gute Erfahrungen gemacht. „Einen wesentlichen Vorteil sehen wir in der Termineffizienz“, sagt Pressesprecherin Selina Kalbfell. Viele Meetings finden mittlerweile digital statt. „Das wollen wir – zusätzlich zum persönlichen Kontakt – für die Zukunft beibehalten“, sagt die Unternehmenssprecherin.

Homeoffice gab es bei Fischer schon vor Corona. „Zum Pandemiebeginn haben wir dann innerhalb kürzester Zeit die IT-Infrastruktur umgebaut und damit Grundvoraussetzungen für mobile Arbeitsplätze geschaffen“, berichtet Selina Kalbfell. Für die Arbeit zuhause bekamen die Mitarbeiter eine technische Ausstattung gestellt, die vom Komfort her der am Arbeitsplatz entspricht. 

Nicht jeder kann in den eigenen vier Wänden arbeiten

Klar ist aber auch: Nicht für jeden kommt die Arbeit in den eigenen vier Wänden überhaupt in Frage. „Der Großteil unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist im gewerblichen Bereich beschäftigt“, so Kalbfell. Das heißt: „Ihr Arbeitsalltag findet auf der Straße oder auf unseren Baustellen statt.“ Mobile Lösungen gibt es aber auch für sie: Ihre Arbeitszeit können sie über Firmen-Smartphones erfassen, die Übertragung von Auftrags-, Transport- und Maschinendaten erfolgt digital. 

Zeitersparnis, fokussiertes Arbeiten und eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf – all das sind Gründe, warum Fischer auch nach Pandemieende auf mobile Arbeit setzen will. „Das Angebot des Homeoffice bleibt tätigkeitsabhängig weiter bestehen“, so Selina Kalbfell.